FRANKFURT (awp international) - Die Europäische Zentralbank (EZB) ist mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik aus Sicht ihres Chefvolkswirts noch nicht am Ziel. Die Notenbank sei immer noch weit davon entfernt, alle ihre Ziele erreicht zu haben, sagte der Belgier Peter Praet am Montag in Brüssel. Praet nannte drei Ziele: Die Inflation im Euroraum müsse sich dem EZB-Ziel von knapp zwei Prozent annähern, die Notenbank müsse grosse Zuversicht in ihre Prognosen haben und die Inflationsentwicklung müsse eine weniger lockere Geldpolitik verkraften können.

Die Geldpolitik der EZB wird sich laut Praet nach Massgabe neuer Wirtschaftsdaten entwickeln. Sollte der EZB-Rat zu dem Ergebnis gelangen, dass alle drei Kriterien erfüllt seien, würden die Wertpapierkäufe auslaufen. Der Übergang zu einer Normalisierung der Geldpolitik werde beginnen, sobald sich die Inflation dem EZB-Ziel nachhaltig angepasst habe, sagte Praet. "Trotz der starken konjunkturellen Dynamik bleibt der inländische Preisdruck verhalten, ebenso wie die zugrundeliegende Inflation."

Die EZB befindet sich zurzeit auf dem Weg hin zu einer weniger lockeren Geldpolitik. Aktuell sichert sie zu, ihr Wertpapierkaufprogramm im Umfang von mittlerweile 2,3 Billionen Euro bis mindestens September laufen zu lassen. Wie es danach weitergeht, ist offen. Zinsanhebungen werden von der EZB erst im kommenden Jahr erwartet.

Der Chefvolkswirt der EZB hat ein besonderes Gewicht im geldpolitischen Rat, weil er in den Zinssitzungen Vorschläge zum weiteren Vorgehen unterbreitet. Über diese wird dann abgestimmt. Praet gilt als vorsichtiger, analytisch argumentierender Geldpolitiker, der selten mit vorpreschenden Äusserungen auffällt./bgf/jkr/men