Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat eine "ehrliche Bestandsaufnahme" für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung angekündigt. Dies werde sie "als erstes" angehen, sagte Faeser bei der Jahrestagung des DBB Beamtenbund und Tarifunion. "Da werden weitere Anstrengungen notwendig sein, auch bei den Ressourcen, die wir einsetzen", sagte Faeser bei der online abgehaltenen Tagung, zu der später auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erwartet wurde. Ein "digitaler Aufbruch" stehe ganz oben auf dem Arbeitsprogramm für die kommenden vier Jahre.

"Wir wollen unser Land moderner und digitaler machen, und das geht nur mit einem starken öffentlichen Dienst", sagte die SPD-Politikerin. Faeser räumte ein, für alle Bereiche des Staates sei die Coronavirus-Pandemie eine große Herausforderung. Der öffentliche Dienst habe aber "herausragende Arbeit geleistet". Es dürfe nun nicht nur beim Applaus und Lob bleiben, sondern man müsse besonders die Belastungssituation angehen.

Ganz oben auf der Tagesordnung stehe auch eine vom Bundesverfassungsgericht angemahnte verfassungsfeste Bezahlung, zu der in der abgelaufenen Wahlperiode kein Konsens mehr erreicht worden sei. "Wenn die Umsetzung der Entscheidung des Verfassungsgerichts zusätzliches Geld kostet, dann muss es uns das wert sein", erklärte die Innenministerin. Sie zeigte zudem "sehr großes Verständnis" für Unzufriedenheit mit der im öffentlichen Dienst herrschenden 41-Stunden-Woche.

Der DBB-Vorsitzende Ulrich Silberbach hatte zuvor eine grundsätzliche Reform der öffentlichen Verwaltung in Deutschland im Sinne einer "Staatsmodernisierung" gefordert. "Gut aufgestellt sieht anders aus, wir müssen besser werden, viel besser", sagte er. Ohne einen personell gut aufgestellten öffentlichen Dienst würden die Zukunftsaufgaben wie Digitalisierung, ökologische Modernisierung, Klimaschutz oder Zuwanderung nicht bewältigt.

Der öffentliche Dienst befinde sich derzeit "im Dauerstresstest". Es herrsche der Eindruck, dass in Deutschland "jeder Kindergeburtstag besser organisiert" sei als die staatliche Krisenbewältigung. "Es gab Zeiten, da galt Deutschlands öffentliche Verwaltung als Vorbild - heute sind wir das Land der Funklöcher und Sicherheitslücken." Lindner müsse bei der Finanzierung "Farbe bekennen", forderte der Gewerkschaftsvorsitzende.

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January 10, 2022 05:48 ET (10:48 GMT)