Brüssel, 5. Januar 2017

Die Europäische Kommission hat heute einen Bewertungsbericht über die im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) im Zeitraum 2007-2013 getätigten Investitionen sowie Länderberichte für die einzelnen Mitgliedstaaten veröffentlicht.

Was ist der Europäische Sozialfonds?

Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist Europas Hauptinstrument für Investitionen in das Humankapital. Vorrangig stellt er darauf ab, den Menschen dabei zu helfen, einen Arbeitsplatz zu finden oder ihren Arbeitsplatz zu behalten, benachteiligte Menschen in die Gesellschaft einzugliedern und gleiche Chancen für alle zu gewährleisten.

Der mit dem Vertrag von Rom im Jahr 1957 geschaffene ESF war das erste Finanzierungsinstrument der EU.

Wie funktioniert der Fonds?

Für die Arbeitsweise des Europäischen Sozialfonds gilt der Grundsatz der geteilten Verwaltung. Die EU, die nationalen Regierungen und die regionalen Behörden teilen sich die Verantwortung bei der Planung und Durchführung der durch den ESF finanzierten Maßnahmen. Konkret bedeutet dies, dass die EU-Institutionen, die nationalen Behörden, die Sozialpartner, die Zivilgesellschaft und eine breite Palette lokaler Organisationen, welche die vom ESF unterstützten Projekte vor Ort umsetzen, in Partnerschaft zusammenarbeiten, um die Ziele des ESF zu erreichen.

Wie viele Mittel wurden bereitgestellt?

Für den ESF standen im Zeitraum 2007-2013 insgesamt 115,6 Mrd. EUR zur Verfügung, davon stammten 76,8 Mrd. EUR aus dem EU-Haushalt, 35,1 Mrd. EUR aus nationalen öffentlichen Beiträgen und 3,7 Mrd. EUR aus privaten Quellen.

Was sind die Hauptmerkmale der im Zeitraum 2007-2013 durchgeführten Maßnahmen?

Kennzeichnend für die im Zeitraum von Januar 2007 bis Dezember 2015 durchgeführten Maßnahmen, die vom ESF unterstützt wurden, ist Folgendes:

  • Die ESF-Programme fallen unter zwei Ziele, die in Artikel 3 der ESF-Verordnung festgehalten sind:
    • Im Rahmen des Ziels 'Konvergenz' soll die Konvergenz der am wenigsten entwickelten Mitgliedstaaten und Regionen durch die Verbesserung der Wachstums- und Beschäftigungsbedingungen beschleunigt werden.
    • Im Rahmen des Ziels 'Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung', das außerhalb der am wenigsten entwickelten Regionen verfolgt wird, sollen die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Regionen gestärkt und die Beschäftigung gefördert werden.

Mehr als die Hälfte des EU-Anteils der Mittel (58 %) wurde für das Ziel der Konvergenz zwischen den Regionen bereitgestellt.

  • Im Programmplanungszeitraum 2007-2013 wurde der Europäische Sozialfonds in allen 28 Mitgliedstaaten im Rahmen von insgesamt 117 operationellen Programmen (OP) in Anspruch genommen.
  • Die Mittel wurden auf verschiedene Themen aufgeteilt, die in Artikel 2 der ESF-Verordnung genannt sind: Der größte Anteil der Mittel (45,5 %) floss in Investitionen in das Humankapital, gefolgt von Investitionen zugunsten des Zugangs zu Beschäftigungsmaßnahmen (34,3 %). 14,3 % der Mittel wurden für die soziale Inklusion, 2,1 % für die Stärkung der institutionellen Kapazitäten und 0,7 % für die Förderung von Partnerschaften bereitgestellt.
  • Die Verwaltungsbehörden meldeten der Kommission Ausgaben in Höhe von 79,3 % der Gesamtmittelausstattung (Stand Dezember 2014) bzw. 90,7 % (Stand 31. Mai 2016). Allerdings bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten.

Was war im Programmplanungszeitraum 2007-2013 neu?

Gegenüber dem vorhergehenden Programmplanungszeitraum wurden einige wesentliche Änderungen eingeführt. Die Programme knüpften enger an die Beschäftigungsstrategien und -ziele der EU und die entsprechenden im Europäischen Semester formulierten länderspezifischen Empfehlungen an.

Der sozioökonomische Kontext war infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise bei der Durchführung der ESF-Programme ein völlig anderer als zu der Zeit, als sie konzipiert wurden (zwischen 2005 und 2007). Dank seiner Flexibilität war der ESF in der Lage, angemessen auf diese Herausforderung zu reagieren. Außerdem bestand mehr Spielraum bei der Art und Weise, wie die Ziele erreicht werden konnten. So waren breiter gefächerte Maßnahmen für Regionen möglich, die unter das Konvergenzziel fielen.

Welche Ergebnisse erzielte der ESF in den Bereichen Beschäftigung und soziale Inklusion?

Ende 2014 waren rund 98,7 Millionen Teilnehmerinnen und Teilnehmer[1] an ESF-Maßnahmen registriert. Der ESF half ihnen dabei, sich in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihre Kompetenzen zu verbessern. Mit den ESF-Maßnahmen wurden die wichtigsten Zielgruppen - Nichterwerbstätige (36 %), Arbeitslose (30 %), Geringqualifizierte (40 %), junge Menschen (30 %) und benachteiligte Personen (mindestens 21 %) - tatsächlich erreicht.

Mindestens 9,4 Millionen Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden einen Arbeitsplatz und 8,7 Millionen erwarben eine Qualifikation oder ein Zertifikat. 13,7 Millionen Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten über sonstige positive Ergebnisse, etwa die Verbesserung ihrer Kompetenzen und Qualifikationen.

Der ESF 2007-2013 war ein wichtiges Instrument zur Umsetzung der Prioritäten der Mitgliedstaaten und der EU im Rahmen der Lissabon-Strategie und der Strategie Europa 2020 und der entsprechenden länderspezifischen Empfehlungen.

Den Mitgliedstaaten wurden erhebliche zusätzliche Finanzmittel aus dem ESF zur Verfügung gestellt, um Problemen in den Bereichen Beschäftigung und Soziales zu begegnen, die Menschen zu erreichen und Maßnahmen in die Wege zu leiten, die ansonsten kaum finanziell unterstützt worden wären. Der ESF hat zudem neue Wege der Zusammenarbeit zwischen den Interessenträgern gefördert sowie lokale und regionale Innovationen unterstützt, die anschließend auf nationaler Ebene übernommen wurden.

Der ESF hat eine zentrale Rolle bei der Erleichterung einer reibungslosen Funktionsweise des Arbeitsmarkts gespielt, indem er die Modernisierung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen und anderen für aktive Arbeitsmarktmaßnahmen zuständigen Einrichtungen unterstützt hat.

In weniger entwickelten Regionen hat der ESF Reformen in den Bereichen Bildung, Justiz und öffentliche Verwaltung unterstützt. Auf diese Weise hat er dem unternehmerischen Umfeld und der Schaffung stärker integrativer Gesellschaften positive Impulse verliehen.

So visierte der ESF beispielsweise in Bulgarien ein breites Spektrum der EU-2020-Ziele und der länderspezifischen Empfehlungen an, u. a. die Senkung der Quote frühzeitiger Schulabgänger, die Verbesserung des Zugangs zur Hochschulbildung, die gezielte Unterstützung für Roma und andere benachteiligte Gruppen.

In Lettland etwa trug der ESF vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise dazu bei, den sozialen Zusammenhalt zu wahren. Er unterstützte Zeitarbeitssysteme und stellte den Großteil der Mittel für die Schulung von Arbeitslosen, etwa Lernenden in der Berufsausbildung und Doktoranden, bereit.

Als weiteres Beispiel sei Polen genannt, wo der ESF einen Beitrag zur Integration in den Arbeitsmarkt leistete. Darüber hinaus unterstützte er Maßnahmen zur Stärkung der Justizbehörden, Verbreitung der elektronischen Behördendienste, Verbesserung der strategischen Planung und Förderung der Rahmenbedingungen für Unternehmen.

Hat der ESF noch weitere positive Ergebnisse erzielt?

Laut Schätzungen[2] auf der Grundlage makroökonomischer Simulationen wirkte der ESF sich ferner positiv auf das BIP (+ 0,25 %) und die Produktivität aus. Diese Auswirkungen sind in der EU-12 besonders spürbar (+ 1,5 %), fallen jedoch auch für die EU-15 positiv aus (+ 0,2 %).

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse der Bewertung?

Der ESF sollte weiterhin eng auf die politischen Prioritäten der EU und der Mitgliedstaaten sowie auf die Prioritäten des Europäischen Semesters abgestimmt werden. Er sollte auch in Zukunft flexibel bleiben, um eine Anpassung an neue Bedürfnisse zu ermöglichen, und dabei eine gute Erfassung benachteiligter Gruppen, mit Schwerpunkt auf jungen und älteren Menschen, gewährleisten. Stärker auf die Bedürfnisse der Interessenträger zugeschnittene Schulungsmaßnahmen wären von Vorteil. Der ESF sollte noch ergebnisorientierter sein, indem z. B. robuste Ziele und Vorgaben festgelegt und die Begleit- und Bewertungssysteme gestärkt werden. Um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, sollten weitere Vereinfachungen eingeführt und genutzt sowie die Verwaltungskapazitäten der Mitgliedstaaten noch verbessert werden.

Viele der im Rahmen dieser Bewertung gewonnenen Erkenntnisse sind bereits beim nächsten Regelungsrahmen für den Programmplanungszeitraum 2014-2020 berücksichtigt worden. Die Koordinierung mit anderen Fonds wurde verstärkt und die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen integriert. Mindestens 20 % der Gesamtmittel des ESF sind fortan für die soziale Inklusion bereitzustellen.

Weitere Erkenntnisse sollten bei den Vorbereitungsarbeiten für den nächsten ESF-Programmplanungszeitraum (nach 2020) Berücksichtigung finden. Beispielsweise müssen die Mitgliedstaaten ihre Bewertungskapazitäten verbessern, und die Kommission muss ihre Anstrengungen zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands fortsetzen. Die Ergebnisse dieser Bewertung sollten ferner in die Diskussionen über den ESF nach 2020 und etwaige Folgenabschätzungen für künftige Programmplanungszeiträume einfließen.

Wie wurde diese Bewertung durchgeführt?

Zur Gewährleistung der Unabhängigkeit wurde die Bewertung von externen Fachleuten im Zeitraum 2013-2016 durchgeführt. Sie umfasste eine vorbereitende Studie, fünf thematische Studien, die die gesamte Bandbreite der ESF-Interventionen abdeckten, und einen zusammenfassenden Bericht. Auch die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation flossen in die Bewertung ein. Die hier vorgestellten Ergebnisse beruhen auf den bis Ende 2014 erzielten Ergebnissen, wobei ein Durchführungsjahr verbleibt.

Gibt es gute Beispiele für konkrete Ergebnisse der Zuweisung von ESF-Mitteln?

Im Bereich der sozialen Inklusion

'Towards Employment - development of intermediation services for employing individuals with impaired hearing' (In Richtung Beschäftigung - Entwicklung von Vermittlungsdiensten für die Beschäftigung von Hörgeschädigten) (LT)

Dank dieses in Litauen durchgeführten Projekts fanden rund 450 gehörlose Arbeitsuchende bis Ende 2012 einen Arbeitsplatz. Der Prozentsatz der Hörgeschädigten, die eine Beschäftigung fanden, lag bei 70 % und somit über dem angepeilten Ziel von 50 %, dies trotz der allgemein ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Ausschlaggebend für dieses gute Ergebnis war die Kombination der Erfahrungen und Bemühungen der öffentlichen Arbeitsverwaltung und der litauischen Gehörlosen-Vereinigung.

Im Bereich Humanressourcen

'The Higher Education and Research Apprenticeship (HEAP) in Piedmont' (Ausbildung im Hochschul- und Forschungsbereich im Piemont) (IT)

Das HEAP-Projekt in Italien ist ein innovatives Instrument, das gemeinsam von den Universitäten und Unternehmen genutzt wird und somit eine Brücke zwischen Hochschuleinrichtungen und Wirtschaft baut. Angeboten wurde eine Palette flexibler Kurse, die akademisches Wissen mit Erfahrungen im Berufsleben kombinierten. Forschungsprojekte oder Bildungswege wurden auf die besonderen Bedürfnisse der Arbeitgeber zugeschnitten. Mit 95 % der Auszubildenden, denen ein langfristiges Beschäftigungsverhältnis angeboten wurde, war die Maßnahme in puncto Arbeitsvermittlung sehr erfolgreich.

Im Bereich Zugang zur Beschäftigung

'Improvement plan of Employment Service of Catalonia and integration of new platforms' (Verbesserungsplan des Arbeitsamts Kataloniens und Integration neuer Plattformen) (ES)

In Spanien wurde den Arbeitsvermittlungsstellen Kataloniens im Rahmen dieses Programms ein neues Modell für die berufliche Orientierung und Bildung zur Verfügung gestellt, was eine Erhöhung der regionalen Quote der Beschäftigungsfähigkeit ermöglichte. Dieses Modell wurde mit der Hilfe der Arbeitslosen selbst entwickelt und war somit an ihre Bedürfnisse angepasst. Im Mittelpunkt stand die Bewertung der Kompetenzen der Arbeitslosen, um ihre Orientierung auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Das neue Modell wurde bei über 1,6 Millionen Nutzern angewandt.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung

Thematische Bewertungsberichte, zusammenfassender Bericht und Länderberichte

[1] Ein und dieselbe Person konnte an mehreren ESF-Maßnahmen teilnehmen. Daher gibt die Zahl nicht Aufschluss über die Anzahl der einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sondern über die Anzahl von Teilnahmen an ESF-Maßnahmen.

[2] Auf der Grundlage der makroökonomischen Simulation Quest III der GD REGIO und der GD ECFIN.

http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docgener/evaluation/pdf/expost2013/wp14a_final_report_en.pdf

Europäischen Union veröffentlichte diesen Inhalt am 05 January 2017 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 05 January 2017 12:19:05 UTC.

Originaldokumenthttp://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/16/3985&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en

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