Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Wirtschaft dürfte nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wohl besser durch den Winter kommen als zuvor angenommen. Anlässlich der vorläufigen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt für 2022, die ein Wachstum von 1,9 Prozent ausweisen, erklärte Habeck, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland angesichts der Energiekrise und der Lieferkettenprobleme als erfreulich widerstandsfähig erwiesen habe.

"Die wirtschaftliche Abschwächung über das Winterhalbjahr wird nach den Daten, die wir aktuell haben, milder und kürzer sein als erwartet", erklärte Habeck. "Dennoch dürften die zunehmend bei den Verbrauchern ankommenden hohen Preissteigerungen die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zu Jahresbeginn 2023 noch belasten. Außerdem sorgen Unsicherheiten über die wirtschaftlichen Perspektiven aktuell noch für Investitionszurückhaltung."

Habeck betonte, man habe im vergangenen Jahr durch entschlossenes Handeln die Krise beherrschbar gemacht. Die Regierung habe in kurzer Zeit Gesetzespakete geschnürt, große Geldmengen mobilisiert, um die Wirtschaft zu stützen und die Verbraucher zu entlasten. "Die Inflation ist zwar immer noch hoch, hat sich zuletzt aber merklich abgeschwächt", sagte Habeck.


   Schwacher Start ins Jahr 2023 

Insgesamt habe es einen günstigen Jahresausgang 2022, aber dennoch einen schwachen Start ins Jahr 2023 gegeben. Wegen der hohen Preissteigerungen und den damit verbundenen Kaufkraftverlusten seien die Aussichten für den privaten Konsum gedämpft. Ähnlich vorsichtig äußerte sich das Ministerium mit Blick auf die Industrie.

"Auch wenn die Industrie im Durchschnitt bislang vergleichsweise gut mit den gestiegenen Energiepreisen klarkommt, sind die Auswirkungen der Energiepreiskrise insbesondere in den energieintensiven Bereichen sichtbar", erklärte das Ministerium. So habe die Produktion in der besonders betroffenen chemischen Industrie im November rund 20 Prozent unter dem durchschnittlichen Niveau des Jahres 2021 gelegen. Zusätzlich sorgten die unsicheren wirtschaftlichen Perspektiven und steigende Zinsen dafür, dass viele Investitionsprojekte zunächst zurückgestellt wurden. Insbesondere am Bau sei die Entwicklung im letzten Vierteljahr schwach verlaufen, weil die Finanzierung deutlich teurer geworden ist.

Allerdings habe sich die Lage in der Industrie zuletzt aber günstiger dargestellt. So stabilisierte sich die Industrieproduktion nach einem schwachen Start ins vierte Quartal im November wieder, wie das Ministerium erklärte.

Die Bundesregierung wird ihre neue Wachstumsprognose für Deutschland am 25. Januar vorstellen. Sie hatte im Oktober für das Jahr 2023 eine Schrumpfung des BIP um 0,4 Prozent vorhergesagt.


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January 13, 2023 05:41 ET (10:41 GMT)