Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung sollte nach Ansicht der IMK-Forscher lieber verstärkt investieren statt die wegen der Corona-Krise erhöhte Verschuldung rasch abzubauen.

Investitionen müssten vielmehr "absolute Priorität haben gegenüber einer forcierten Rückzahlung der Kredite", erklärte das Düsseldorfer Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag. "Der in der Schuldenbremse vorgesehene Tilgungszeitplan ist zu eng und sollte zumindest stark gestreckt werden." Dann stünden die Chancen gut, "dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren aus der höheren Verschuldung herauswächst - so wie nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09."

Die Forscher prognostizieren für 2021 ein Wirtschaftswachstum um spürbar über vier Prozent. Er rechne mit einem Plus von 4,5 bis 4,9 Prozent, sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien. Zuletzt hätten sich trotz der Corona-Krise einige Konjunkturdaten relativ positiv entwickelt, etwa die Industrie, aber auch Bereiche bei den Dienstleistern. Deshalb könnte es im Schlussquartal 2020 trotz des Lockdowns sogar einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes gegeben haben. Für das abgelaufene Jahr rechnet das IMK mit einem Einbruch der Wirtschaftskraft von fünf Prozent. Die Bundesregierung müsse von Corona betroffene Betriebe derzeit weiter unterstützen, um Pleiten von Firmen mit eigentlich gesundem Geschäftsmodell zu verhindern, forderte Dullien. Notfalls könnte man bis zu 100 Prozent der Fixkosten ersetzen, falls der Lockdown länger dauern sollte.

Das IMK empfiehlt zudem, vorläufig die Option offenzuhalten, die Notfall-Ausnahmen von der Schuldenbremse auch im nächsten Jahr noch zu nutzen. "Eine frühzeitige Festlegung darauf, ab 2022 die Schuldenbremse wieder einzuhalten, birgt die Gefahr, die Erholung abzuwürgen und würde dadurch auch die Konsolidierung gefährden." Die gewerkschaftsnahen Forscher hatten zusammen mit dem arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Ende 2019 einen zusätzlichen öffentlichen Investitionsbedarf von mehr als 450 Milliarden Euro bis 2030 ermittelt.