BERLIN (Dow Jones)--Fast vier von zehn Unternehmen rechnen einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge für 2023 mit einem Rückgang ihrer Geschäftstätigkeit. Die Unternehmen in Deutschland blicken demnach aufgrund der angespannten geopolitischen Lage, weltweiter Energie- und Rohstoffprobleme und der hohen Inflation erheblich pessimistischer in die Zukunft. Dabei prognostiziert die Bauwirtschaft eine "ernste Rezession" und auch in der Industrie dominieren laut IW die Pessimisten. "Die verschlechterten Produktionserwartungen für 2023 sind in allen Wirtschaftsräumen nahezu gleichermaßen zu beobachten", erklärte das IW zu seiner Umfrage vom November.

Zwar sei die Gefahr einer Gasmangellage im Winterhalbjahr 2022/2023 nicht mehr so bedrohlich wie noch im Sommer 2022 und die Preise für Energie hätten sich seitdem ebenfalls zurückgebildet. "Sie bleiben aber auf hohem Niveau und Produktionsstörungen sind nicht ausgeschlossen", erklärte das IW. "Es wird sich zudem erst im Jahresverlauf 2023 erweisen, wie umfangreich die Gas- und Energieversorgung für den nächsten Winter aufgebaut werden kann und wie stark dann mögliche Beeinträchtigungen im Jahr 2023 auftreten können."

Die Umfrage mit 2.549 teilnehmenden Unternehmen aus Industrie, Baugewerbe und Dienstleistungen ergab, dass sich die Geschäftserwartungen "erheblich verschlechtert" haben. Der Saldo aus positiven und negativen Geschäftserwartungen für das Jahr 2022 schrumpfte demnach von 34 Prozentpunkten auf 15 Prozentpunkte im Frühjahr und auf nur noch 12 Prozentpunkte im Sommer 2022.

In der Umfrage vom November 2022 lag der Saldo laut IW mit fast 14 Prozentpunkten deutlich im Minus. Zwar erwartet gut ein Viertel der Firmen eine höhere Produktion als 2022. Allerdings gehen fast 40 Prozent von einem Rückgang ihrer Geschäfte aus. Die verbleibenden 35 Prozent sehen eine Stagnation.


   Bau und Industrie pessimistisch 

In den einzelnen Branchen äußerte sich besonders die Bauwirtschaft pessimistisch. Fast 54 Prozent erwarten einen Produktionsrückgang und fast ein Drittel rechnet mit einer gleichbleibenden Wirtschaftsleistung. Lediglich 15 Prozent der befragten Bauunternehmen sehen für 2023 einen Zuwachs. In der Industrie ist der Anteil der pessimistisch gestimmten Unternehmen mit 39 Prozent deutlich höher als das Gewicht der Optimisten mit knapp 28 Prozent.

In der Dienstleistungswirtschaft halten sich hingegen die Betriebe mit positiven (29 Prozent) und negativen (32 Prozent) Erwartungen fast die Waage. Zwar sei der Handel überwiegend negativ gestimmt. Im den Bereichen Information- und Kommunikationstechnik sowie Medien blicke man hingegen optimistisch in die Zukunft.

Die Umfrage zeigte zudem, dass zum Jahresende 2022 nur noch 32 Prozent der Betriebe ihre gegenwärtige Geschäftslage besser als vor einem Jahr bewerteten, so das IW. Der Anteil der Firmen mit einer schlechteren Lage ist dagegen deutlich auf ein Drittel angestiegen.

Das IW schließt daraus, dass die Belastungen durch hohe Energiekosten und anhaltende Materialprobleme bereits deutliche Spuren im Wirtschaftsleben hinterlassen und die zunächst für das Jahr 2022 bestehende Zuversicht zerrieben haben.

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January 09, 2023 04:37 ET (09:37 GMT)