Frankfurt (Reuters) - Die von steigenden Zinsen, hohen Baukosten und explodierenden Materialpreisen gebeutelte deutsche Immobilienwirtschaft will beim kommenden Treffen des "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" auf milliardenschwere Erleichterungen dringen.

"Die Bundesländer sollten die Grunderwerbsteuer für zwei Jahre aussetzen", sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner der Nachrichtenagentur Reuters. Es werde auch noch Forderungen nach Entlastungen für die Wirtschaft an anderer Stelle bei dem Treffen geben, das für den 25. September im Kanzleramt einberufen wurde, sagten mehrere Insider. Das von Bundesbauministerin Klara Geywitz initiierte Bündnis umfasst Vertreter von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die Zahl der in Deutschland neu gebauten Wohnungen ist eingebrochen.

Die Grunderwerbsteuer kommt allein den Ländern zugute und zählt zu deren wichtigsten Einnahmen: Im vergangenen Jahr spülte sie 17,1 Milliarden Euro in ihre Kassen. Die Steuersätze sind in den Bundesländern unterschiedlich hoch und betragen zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises für eine Immobilie.

Der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, pocht ebenfalls auf einen Wegfall der Grunderwerbssteuer. Zudem solle es einen günstigen Verkauf von öffentlichen Grundstücken geben - fokussiert auf den Mietwohnungsbau. Bundeskanzler Olaf Scholz stehe dabei in der Verantwortung. "Er hat im Wahlkampf auch als ,Wohnungsbaukanzler' kandidiert", sagte Müller. "Er muss jetzt sehr dringend handeln."

"Ich bin besorgt, weil wir in einer tiefen Immobilienkrise sind", sagte ZIA-Präsident Mattner. "Und die Immobilienkrise bedarf klarer, strukturierter und durchaus radikaler Schritte, um sie zu beheben."

Diese könnten nun bei dem Treffen im September erörtert werden - denn zahlreiche Branchenvertreter beklagen, dass sich die Krise verschärft. Das Ziel der Bundesregierung von jährlich 400.000 neuen Wohnungen ist in weite Ferne gerückt. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach, die im "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" mit am Tisch sitzt, forderte einen "Bauplan für Deutschland". Dieser müsse bauen und sanieren ermöglichen. Die Bundesregierung habe dagegen einen "erheblichen Anteil mit ihrem Hickhack in der Bau- und Gebäudepolitik an der aktuellen Situation", kritisierte die CDU-Politikerin. Rolf Bösinger, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, sagte dagegen, das Bundesbauministerium habe in den vergangenen 18 Monaten einen breiten Maßnahmenmix initiiert, um das Bauen zu beschleunigen. Weitere Initiativen würden im "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" besprochen und vorangebracht.

(Bericht von Tom Sims, John O'Donnell, Emma-Victoria Farr und Matthias Inverardi, Mitarbeit Holger Hansen, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)