BERLIN (dpa-AFX) - Nach vereinzelten Anti-Israel-Aktionen in Deutschland hat der Islamexperte Eren Güvercin davor gewarnt, dass derartige Geschehnisse in nächster Zeit zunehmen könnten. Demonstrationen, bei denen der Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel gefeiert werden, seien bislang eher im kleinen Rahmen. "Aber wir müssen davon ausgehen, dass in den nächsten Tagen und Wochen diese Demonstrationen hier in Deutschland zunehmen werden, auch größer werden", sagte der Autor, der auch Mitglied der Deutschen Islam Konferenz ist, der Deutschen Presse-Agentur.

Am Wochenende hatte das pro-palästinensische Netzwerk Samidoun den Angriff der islamistischen Hamas auf Israel gefeiert, indem es Süßigkeiten in Berlin-Neukölln verteilte. Am Montag war es an einer Schule in Neukölln zudem zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung gekommen, nachdem ein Lehrer einem Schüler das Tragen einer Palästina-Flagge und eines Palästinensertuches als politische Symbole verbieten wollte. In Berlin wurden zuletzt geplante pro-palästinensische Demonstrationen verboten, weil sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellten.

Güvercin erklärte weiter, es falle ihm nicht leicht, das zu sagen, aber Antisemitismus und Israel-Hass seien unter Muslimen in Deutschland leider sehr verbreitet. Dieser Herausforderung müssten sich vor allem die Muslime selbst stellen. "Muslime müssen ihre Stimme erheben gegenüber Menschen ihrer Glaubensgemeinschaft, die Juden- und Israel-Hass verbreiten", sagte Güvercin.

Junge Muslime in Deutschland, die auch hierzulande aufgewachsen seien, würden vor allem von Tiktok-Influencern und Social-Media-Kanälen von extremistischen palästinensischen Organisationen beeinflusst. Diese arbeiteten mit Schwarz-Weiß-Bildern und nutzten den Konflikt, um vor allem junge Menschen zu emotionalisieren und die Juden als Unterdrücker der Muslime darzustellen.

Güvercin kritisierte zudem die Islamverbände in Deutschland. Sie hätten in Stellungnahmen nach dem Angriff der Hamas diese nicht als Terrororganisation bezeichnet und den Terrorangriff auch relativiert. Er forderte, Themen wie Antisemitismus und Israel-Hass in der muslimischen Gemeinschaft auf die Tagesordnung in den Gesprächen zwischen Bundes- und Landespolitik mit den muslimischen Verbänden zu nehmen. "Das darf nicht mehr ausgespart werden."/vee/DP/zb