Von Andreas Kißler

KARLSRUHE/BERLIN (Dow Jones)--Das Bundesverfassungsgericht hat die für das Jahr 2007 erfolgte steuerliche Privilegierung hoher Gewinneinkünfte gegenüber Überschusseinkünften für verfassungswidrig erklärt. Wie das Gericht mitteilte, hat der Zweite Senat des Verfassungsgerichts entschieden, "dass eine auf Gewinneinkünfte beschränkte Begrenzung des Einkommensteuertarifs durch Regelungen im Steueränderungsgesetz 2007 und im Jahressteuergesetz 2007 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar ist". Die Vorschriften bewirkten eine nicht gerechtfertigte Begünstigung von Gewinneinkünften gegenüber den Überschusseinkünften. Der Gesetzgeber ist laut dem Urteil verpflichtet, "spätestens bis zum 31. Dezember 2022 rückwirkend für das Veranlagungsjahr 2007 eine Neuregelung zu treffen".

Im Mittelpunkt des Urteilsspruchs steht die Frage, ob bei der ab 2007 geltenden sogenannten Reichensteuer auf Gewinneinkünfte geringere Steuern erhoben werden durften als auf Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung. Durch das Steueränderungsgesetz 2007 war für Einkünfte über 250.000 Euro bei Einzelveranlagung und 500.000 Euro bei Zusammenveranlagung von Ehegatten der Spitzensteuersatz ab dem Jahr 2007 von 42 Prozent auf 45 Prozent erhöht worden. Von der Erhöhung waren aber Gewinneinkünfte, zum Beispiel Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für das Jahr 2007 ausgenommen, sodass der Spitzensteuersatz von 45 Prozent laut der Karlsruher Urteilsbegründung nur Bezieher von Überschusseinkünften, zum Beispiel Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, traf.

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January 12, 2022 04:33 ET (09:33 GMT)