- von Holger Hansen und Christian Krämer

Berlin (Reuters) - Bundesfinanzminister Christian Lindner wertet den Etatentwurf für 2025 und das geplante Wachstumspaket als Einstieg in eine Wirtschaftswende.

Der FDP-Chef verteidigte am Mittwoch, dass seine Planung Löcher im hohen zweistelligen Milliardenbereich lässt. "Das ist Staatspraxis, das ist Erfahrungswissen, das ist seriös", sagte Lindner. Mit der Wachstumsinitiative wolle die Regierung einen Impuls setzen für ein wirtschaftlich starkes und wettbewerbsfähiges Deutschland. International stehe das Land nicht gut da: "Wir werden nach hinten durchgereicht, deshalb kann auch die konjunkturelle Entwicklung nicht zufriedenstellen." Von den Wachstumsimpulsen würden bereits 2025 Mehreinnahmen für den Etat von sechs Milliarden Euro erwartet.

"Dieser Haushaltsentwurf, und dass es ihn gibt, zeigt Stabilität und soll Sicherheit vermitteln", sagte Lindner. Trotz des Kabinettsbeschlusses rechnet er mit weiteren Debatten in der Ampel-Koalition. Um den Bundeshaushalt 2025 war monatelang gerungen worden. Eine Einigung gelang nur bei etwa zwei Dutzend Treffen von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner, die sich auf etwa 80 Stunden summierten.

Das Kabinett hatte am Vormittag den Etatentwurf für 2025, einen Nachtragsetat für 2024, den Finanzplan bis 2028 und Wachstums-Eckpunkte beschlossen. Die Schuldenbremse im Grundgesetz soll eingehalten werden. Dennoch sind 2024 und 2025 neue Schulden von insgesamt 94,1 Milliarden Euro vorgesehen. In der Finanzplanung von 2026 bis 2028 klafft zudem ein Loch von 65 Milliarden Euro. Für 2025 will die Regierung die Lücke von derzeit 17 Milliarden Euro auf neun Milliarden Euro verringern, indem sie etwa die Umwandlung von Zuschüssen an die Autobahngesellschaft und die Deutsche Bahn in Darlehen prüft, die nicht unter die Schuldenbremse fallen.

LINDNER: "ES GIBT NOCH VIEL ZU TUN"

Lindner räumte ein, es gebe im Zeitraum des Finanzplans "noch viel zu tun". Die Lücke für 2028 sei mit 38,9 Milliarden Euro "außerordentlich". Das liege vor allem daran, dass dann der Verteidigungsetat um 28 Milliarden Euro auf 80 Milliarden Euro wachsen müsse, um die Nato-Verpflichtungen zu erfüllen. Über die Finanzierung werde in den nächsten Jahren gesprochen werden müssen. Sein Ministerium sehe bei den Steuern das Ende der Fahnenstange erreicht, sagte Lindner. "Auch bei der Frage der Verschuldung sehen wir Grenzen." Bei seinen Koalitionspartnern SPD und Grünen gibt es Forderungen, höhere Militärausgaben durch zusätzliche Schulden zu finanzieren.

Lindner sicherte der Ukraine weitere Unterstützung zu. Die im Haushalt 2025 geplante Militärhilfe für die Ukraine wird mit vier Milliarden Euro allerdings nahezu halbiert. Lindner erläuterte, der Großteil der für die militärische Durchhaltefähigkeit der Ukraine erforderlichen Mittel werde aus europäischen Quellen kommen sowie aus Kreditmitteln, für die die Zinsen aus eingefrorenen russischen Vermögenswerte herangezogen würden. Dafür stünden 50 Milliarden Dollar zur Verfügung.

MEHR GELD FÜR VERTEIDIGUNG UND KINDER

Mehr Geld fließt im kommenden Jahr in den Wehretat. Für Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sind 53,25 Milliarden Euro veranschlagt und damit rund 1,3 Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr. Zusätzlich sind Ausgaben von 22 Milliarden Euro aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen für eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr vorgesehen.

Auch Familienministerin Lisa Paus (Grüne) erhält rund 570 Millionen Euro mehr. Die für 2025 geplante Einführung der Kindergrundsicherung mit der Zusammenlegung aller Leistungen für Kinder in einer Behörde bleibt aber offen. "Die Erhöhung von Kindergeld, Kindersofortzuschlag und Kinderfreibetrag bereitet die erste Stufe der Kindergrundsicherung vor", sagte Paus.

Bei weitem größter Einzelposten bleibt der Etat von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit knapp 179,4 Milliarden Euro. Das sind rund 100 Millionen Euro weniger als für 2024. Gleichwohl muss der SPD-Politiker die Ausgaben im Bürgergeld um rund 5,5 Milliarden Euro auf rund 45 Milliarden Euro verringern. "Der dynamische Anstieg der Sozialausgaben wird begrenzt", sagte Lindner. Heil äußerte sich gleichwohl zufrieden.

WACHSTUMSPAKET MIT 49 MASSNAHMEN

Geplant sind unter anderem Steuervorteile, um ausländische Fachkräfte nach Deutschland zu holen. Für Ältere soll es attraktiver werden, über das Rentenalter hinaus in Arbeit zu bleiben. Investitionen sollen schneller abgeschrieben werden können. Auch die Forschungszulage wird ausgebaut

Der Etatentwurf für 2025 sieht Ausgaben von 480,6 Milliarden Euro vor. Zur Finanzierung sollen auch 43,8 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen werden. Mit dem Nachtragsetat steigt der Umfang des Haushalts für 2024 auf 488,9 Milliarden Euro. Die Neuverschuldung für 2024 wird um 11,3 Milliarden Euro auf 50,3 Milliarden Euro erhöht. Das Geld wird benötigt, um Mehrkosten bei der Ökostrom-Förderung und im Bürgergeld zu decken. Etat und Nachtragsetat soll der Bundestag im November beschließen.

(Redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)