Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich dafür ausgesprochen, künftig jedes Jahr 10 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die in diesem Jahr beginnende Aktienrente zu überweisen. "Meine Vorstellung wäre jetzt, dass wir in den nächsten 15 Jahren in jedem Jahr 10 Milliarden Euro machen und dann noch Zuführungen zum Beispiel von nicht benötigtem Staatsbesitz dorthin überführen", sagte Lindner bei der Kick-Off-Veranstaltung für dieses geplante "Generationenkapital".

Mit dem Generationenkapital will der Staat eine neue, zusätzliche Komponente zur langfristigen ergänzenden Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung aufbauen. Aus öffentlichen Mitteln soll ein Kapitalstock aufgebaut werden, dessen Erträge ab Mitte der 2030er-Jahre zur Stabilisierung der Rentenbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen sollen. Dafür werden im diesjährigen Bundeshaushalt 10 Milliarden Euro eingeplant, die über neue Schulden finanziert werden und in eine neue öffentlich-rechtliche "Stiftung Generationenkapital" fließen sollen. Die Regelungen dazu sollen laut Kreisen des Finanzministeriums "zeitnah" in der Regierung abgestimmt werden.

"Wir starten jetzt mit 10 Milliarden Euro, die wir über eine finanzielle Transaktion ... überführen wollen in die Stiftung Generationenkapital", sagte Lindner. "Aber das kann nur der Beginn sein, wenn es nach uns geht, wird jetzt in jedem Jahr eine Entscheidung darüber getroffen." Lindner betonte, in die Stiftung sollten auch Unternehmensbeteiligungen des Staates einfließen. "Das kann sich nur beziehen auf Staatsbeteiligungen, an denen ein öffentliches Interesse nicht besteht", stellte er aber klar. "Das wäre, wenn Sie so wollen, eine Soft-Privatisierung", sagte der Finanzminister. "Aus Gründen" nenne er keine Beispiele hierfür. Es gehe aber nicht um Beteiligungen, bei denen ein "öffentliches Interesse" daran bestehe, dass der Staat beteiligt sei - wie etwa an der Telekom wegen der Netze.


   Kein Ersatz für private Altersvorsorge 

Ausdrücklich betonte Lindner, dieses neue Generationenkapital solle die private Altersvorsorge nicht überflüssig machen. "Das ist nichts, was wir uns einfallen lassen, damit ... wir alle nicht auch noch privat vorsorgen sollten. Das sollte man tun, auch weiter", sagte er. Es gehe nur darum, mit der gesetzlichen Rente die erste Säule der Altersversorgung zu stabilisieren, neben der noch die betriebliche und die private Altersvorsorge bestehe.

Lindner kündigte dabei auch Reformen der privaten Vorsorge an. Diese dritte Säule wolle man durch neue Produkte "geländegängiger" machen. Eine Fokusgruppe erarbeite in der Regierung dazu gegenwärtig Vorschläge. In einer "Endausbaustufe" des Generationenkapitals solle zwar nach seinen Vorstellungen auch die Möglichkeit für eine "individuelle Anwartschaft" aus diesem Fonds geschaffen werden. "Das ist jetzt nicht so", stellte der FDP-Vorsitzende aber klar. Derzeit sei es als gesellschaftliches Kapital konzipiert. "Es stabilisiert das System insgesamt." Lindner sah darin eine Kombination aus der Position der SPD und der FDP.

In dem geplanten Gesetz solle eine Zweckbindung der Erträge des Kapitalstocks zugunsten der gesetzlichen Rentenversicherung verankert werden, hieß es aus den Ministeriumskreisen zudem. Die Rentenversicherung werde nicht mit Risiken aus der Kapitalanlage belastet. Für die zeitnahe Investition des Stiftungsvermögens will der Bund demnach zunächst auf die Expertise des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo) in der Verwaltung großer Vermögenswerte zurückgreifen. In einem weiteren Schritt könne dann später die Verwaltung der Stiftungsvermögen "übergreifend konsolidiert" werden.

Das Generationenkapital soll laut den Angaben im Auftrag des Bundes global diversifiziert und langfristig angelegt werden - beispielsweise in Aktien, laut Lindner aber auch in Anleihen. Angestrebt werde eine Mischung aus aktiver und passiver Anlagestrategie, um Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen, auf unerwartete Marktentwicklungen agil reagieren zu können und bestimmte Assetklassen nicht von vornherein ausschließen zu müssen.

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January 13, 2023 06:27 ET (11:27 GMT)