Börsen-Zeitung: Das Konjunkturprogramm, Kommentar zum Arbeitsmarkt von

Reinhard Kuls

Frankfurt (ots) - In Deutschland ist ein riesiges

Konjunkturprogramm am Laufen. Es heißt: Strukturwandel.

Strukturwandel im gesamtwirtschaftlichen Umfang - bei voller

Auslastung der Kapazitäten.

Dieser Umbau der größten Volkswirtschaft in der Eurozone zeigt

sich in unterschiedlichen Kategorien. Da ist zum einen der bis vor

kurzem von vielen noch kaum für möglich gehaltene Wandel des

Privatkonsums: von einem zwar gewichtigen, aber ganz unspektakulär

expandierenden Teil der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage hin zum

nachhaltigen Wachstumsmotor schlechthin. Einem Motor, der den

bisherigen Antrieb der deutschen Wirtschaft, den Export, zwar nicht

völlig ersetzen, aber seine Ausfälle doch ausgleichen kann.

Seine Dynamik gewinnt der private Konsum aus dem seit der großen

Rezession von 2008/2009 anhaltenden Boom am deutschen Arbeitsmarkt.

Und hier manifestiert sich der Strukturwandel der deutschen

Volkswirtschaft in einem anderen Raster: Die Beschäftigung steigt in

Deutschland seit Jahren kontinuierlich, und sie steigt vor allem im

Dienstleistungssektor, kaum in der Industrie oder der Landwirtschaft.

Die Zahlen, welche die Bundesagentur für Arbeit gerade veröffentlicht

hat, zeigen es klar. Der ganz überwiegende Teil der neuen

sozialversicherungspflichtigen Jobs ist 2015 (in dieser Reihenfolge)

in den Bereichen Unternehmensdienstleistungen, Pflege und Soziales,

Handel und Instandhaltung von Kfz, sonstige wirtschaftliche

Dienstleistungen, Gastgewerbe, Verkehr und Lagerei, Gesundheitswesen

entstanden. Dann erst zeigt sich langsam das verarbeitende Gewerbe,

wenn auch nur indirekt als einer der Nutzer von Leiharbeit, aber

direkt gefolgt von der Metall-, Elektro- und Stahlindustrie - also

tief im Mittelfeld. In zwei Wirtschaftszweigen wurden 2015 in

Deutschland per saldo Stellen abgebaut: im Sektor

Bergbau/Energie/Wasser/Entsorgung und im öffentlichen Dienst.

Die immer größere Rolle der Dienstleistungsunternehmen ist auch

deshalb von Vorteil, weil sie weniger von externen Faktoren abhängig

ist als zum Beispiel die stark auf den Export fokussierte deutsche

Industrie. Diese leidet noch immer unter der Flaute im Welthandel und

der Schwäche an ihren wichtigen Absatzmärkten in den

Schwellenländern.

Wenn es der deutschen Volkswirtschaft gelingt, diesen Umbau hin zu

mehr Binnenaktivität voranzutreiben, ohne dabei jedoch ihr

industrielles Fundament aufzugeben, das global ihr Wettbewerbsvorteil

ist, schafft sie ein weiteres kleines Wunder. Der Aufschwung nährt

sich dann selbst.

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