Börsen-Zeitung: Generationenwechsel / Kommentar von Stefan Paravicini
zur neuen Spitze von Goldman Sachs
Frankfurt (ots) - Die Könige der Wall Street gehen in den
Ruhestand. Im Finanzzentrum der Welt findet zehn Jahre nach der
jüngsten Wirtschaftskrise ein Generationenwechsel statt. Nicht nur
bei Banken wie J.P. Morgan oder Morgan Stanley laufen sich derzeit
bereits die designierten Nachfolger für die Topjobs warm. Auch die
in die Jahre gekommenen Gründer von Beteiligungsgesellschaften wie
KKR, Blackstone oder Carlyle haben in den vergangenen Monaten die
Stabübergabe mindestens eingeleitet.
Mit der Berufung von David Solomon zum nächsten Chef von Goldman
Sachs, ist der Übergang auf die nächste Generation an der Wall
Street quasi auch offiziell gestartet. Bereits im Oktober und damit
früher als erwartet löst der 56-Jährige den sieben Jahre älteren
Lloyd Blankfein als CEO ab. Zum Jahresende rückt Solomon auch in
die Position des Chairman nach. Er galt seit dem Frühjahr als
designierter Nachfolger und hat jetzt freie Hand, über den Sommer
erste Weichen für die Zeit nach Blankfein zu stellen.
Nach dem Rückzug eines der dienstältesten Bankmanager an der Wall
Street ist Jamie Dimon an der Spitze von Branchenprimus J.P. Morgan
Chase bald der einzige Chef einer großen US-Bank, der das von ihm
geführte Institut bereits vor der Finanzkrise leitete. Fast
zeitgleich mit Blankfein schaffte er den Aufstieg an die Spitze vor
ziemlich genau zwölf Jahren. Erst im Januar hat Dimon mit Gordon
Smith und Daniel Pinto zwei Co-Präsidenten installiert, die dereinst
seine Aufgaben übernehmen könnten.
Macht der 62-Jährige wie im Januar angekündigt weitere fünf Jahre
an der Spitze voll, hätten beide Kandidaten ihrerseits die 60 Jahre
überschritten. Wie schwierig es ist, den richtigen Zeitpunkt für den
Stabwechsel zu erwischen, hat Blankfein vorgemacht. "Wenn es schlecht
läuft, kann man nicht gehen, und wenn es gut läuft, will man nicht
gehen", erklärte er einmal zu den Nachfolgeplänen und verpasste 2016
prompt eine gute Gelegenheit für den Rückzug.
Im vergangenen Jahr drohte ein Einbruch im Handel mit
festverzinslichen Wertpapieren, wo Blankfein seinen Aufstieg
startete, den Nimbus des Chefs anzukratzen. Gestern legte Goldman
Sachs gute Zahlen vor, wobei das Handelsgeschäft weiter an
Bedeutung verliert. Solomon muss den nach der Finanzkrise mit
Verspätung begonnenen Umbau fortführen und wird dabei auf die
Retailsparte Marcus sowie das Investment Banking setzen, dessen
Bedeutung für Goldman unter seiner Regie zuletzt rasant gestiegen
ist.
(Börsen-Zeitung, 18.07.2018)
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