Berlin (Reuters) - Auch bei einer Verlängerung des Lockdowns bis Ostern könnte die deutsche Wirtschaft laut Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer 2021 ein solides Wachstum erreichen.

Er hält an seiner Prognose fest, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dieses Jahr um 4,5 Prozent zulegen wird. "Auch wenn ein harter Lockdown der Wirtschaft richtig wehtut - natürlich vor allem den Dienstleistern, aber auch dem Einzelhandel", ergänzte Krämer am Dienstag.

Sollte das gesamte erste Quartal durch einen harten Lockdown geprägt sein und nicht nur zu zwei Dritteln wie in der eigenen Prognose unterstellt, würde das BIP laut Krämer zwar um knapp zwei Prozent einbrechen und damit weit stärker als prognostiziert. Doch zeichne sich auch ab, dass die Konjunktur im vierten Quartal 2020 deutlich besser gelaufen sei als zunächst befürchtet - auch wegen des gut laufenden Exportgeschäfts des Verarbeitenden Gewerbes mit China. "Das ist ein Gegengewicht zu dem Effekt eines womöglich verlängerten Lockdowns", erläuterte der Commerzbank-Chefökonom.

Hintergrund von Spekulationen um einen längeren Lockdown sind Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel: Sie sieht die Gefahr einer Ausbreitung der Coronavirus-Mutationen in Deutschland. Die Bundesrepublik stehe vor acht bis zehn sehr harten Wochen, sagte sie nach Auskunft mehrerer Teilnehmer in der AG Sicherheit der Unions-Bundestagsfraktion. Die Entwicklung in Irland habe gezeigt, wie schnell sich das Virus ausbreiten könne.[L8N2JN2LZ] Und Kanzleramtschef Helge Braun hatte bereits zuvor gewarnt: Wenn sich auf hohem Infektionsniveau die Mutationen ausbreiteten, werde es sehr schwer, die Lage noch in den Griff zu bekommen. Dann käme man in der nächsten Bund-Länder-Runde am 25. Januar möglicherweise auch an "maximalen Beschränkungen" nicht mehr vorbei.

Die jüngste Entscheidung, den Einzelhandel bis zum 31. Januar zu schließen, dämpft laut dem Münchner Ifo-Institut bereits das Wirtschaftswachstum. "Sie verlängert die Umsatzausfälle im Januar um 18 Tage und erhöht den Wertschöpfungsverlust im ersten Quartal unter ansonsten unveränderten Annahmen von 0,6 Milliarden Euro auf 2,0 Milliarden Euro", führte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser aus. Zusammengenommen dürfte sich damit durch das Schließen von Teilen des Einzelhandels das BIP-Wachstum im ersten Quartal 2021 um 0,1 Prozentpunkt reduzieren.