Berlin (Reuters) - Der von der Lokführergewerkschaft GDL angekündigte längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn kommt der heimischen Wirtschaft nach Prognose von Ökonomen teuer zu stehen.

"Ein eintägiger bundesweiter Bahnstreik kostet etwa 100 Millionen Euro am Tag an Wirtschaftsleistung", sagte der Konjunkturchef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), Michael Grömling, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Bei der nun angekündigten Streikdauer von sechs Tagen würden die Kosten nicht mehr linear steigen, sondern sich teils multiplizieren. "Wir sind da schnell bei einer Milliarde Euro Schaden", sagte Grömling.

Ähnlich schätzt das Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ein. Durch den Streik dürfte die Wertschöpfung im Transportsektor pro Tag zwar schätzungsweise nur um 30 Millionen Euro sinken, was lediglich 0,3 Prozent des täglichen Bruttoinlandsprodukts entspreche. "Viel größere wirtschaftliche Schäden entständen, wenn Fabriken ihre Produktion wegen Nachschubproblemen runterfahren müssten", warnte Krämer. "Außerdem strapaziert der Bahnstreik die Nerven der Bürger und kratzt am ohnehin angeschlagenen Image des Wirtschaftsstandorts Deutschland."

Erschwerend kommt dem IW zufolge hinzu, dass es auf anderen Verkehrswegen derzeit ebenfalls nicht rund laufe. "Auch im Schiffsverkehr staut sich etwas auf", sagte Ökonom Grömling mit Blick auf die Situation im Roten Meer, wo es nach wiederholten Angriffen der Huthi-Milizen zur Umleitung von Containerschiffen über die deutlich längere Strecke über das Kap der Guten Hoffnung kommt. Die Folge seien erhebliche Zeitverzögerungen und Probleme in den Häfen. Dazu geselle sich auch noch die bis 4. Februar dauernde Sperrung der wichtigen Rheinbrücke in Leverkusen, durch die der Lkw-Verkehr behindert wird.

"Es braut sich etwa zusammen", fasste Grömling die Lage zusammen. "Die Folge werden gestörte Lieferketten und erhöhte Unsicherheit sein." Die deutsche Wirtschaft befinde sich bereits in einer Rezession. "Die droht sich nun zu verschärfen", sagte der IW-Konjunkturchef.

Die Deutsche Bahn steht trotz eines verbesserten Tarif-Angebots vor dem längsten Streik ihrer Geschichte. Die Lokführergewerkschaft GDL kündigte für Mittwochmorgen um 02.00 Uhr (MEZ) die vierte Streikrunde im laufenden Tarifkonflikt an. Der Ausstand soll bis kommenden Montag um 18.00 Uhr dauern. Im Güterverkehr wird bereits ab Dienstagabend (18.00 Uhr) die Arbeit niedergelegt. Der bislang längste Streik bei der Deutschen Bahn ging 2015 über fünf Tage.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)