BERLIN (dpa-AFX) - International agierende Unternehmen in Deutschland sollen ihre Steuerlast nicht mehr durch Tricks mit Lizenzen senken können. Künftig soll verhindert werden, dass Großkonzerne Erträge, die sie mit Lizenzen oder Patenten machen, in Niedrigsteuerländer verlagern und so ihren zu besteuernden Gewinn kleinrechnen.

Mit der am Mittwoch im Kabinett beschlossenen "Lizenzschranke" soll die steuerliche Abzugsmöglichkeit für Patente, Lizenzen, Konzessionen oder Markenrechte eingeschränkt werden, wenn die Einnahmen ins Ausland fließen und dort nicht oder nur wenig besteuert werden. Die Wirtschaft kritisiert den Plan und warnt vor Alleingängen.

Bisher können Unternehmen etwa Patente in Deutschland entwickeln, die Einnahmen daraus aber in andere Länder verschieben, indem sie quasi Nutzungsgebühren an Töchter zahlen. Zahlreiche EU-Länder locken multinationale Konzerne über diese sogenannten "Lizenz- oder Patentboxen" mit niedrigen Steuern für diese Einnahmen. Das führt zum Steuerwettbewerb zwischen Staaten.

Erlöse aus Patenten und Lizenzen werden mitunter minimal besteuert, ohne dass in dem Land tatsächlich Forschung und Entwicklung erfolgt. Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) haben deshalb vereinbart, dass ein Staat Unternehmen nur dann eine Lizenzboxregelung gewähren dürfe, wenn es in dem Land tatsächlich forsche und entwickle und dafür effektiv Ausgaben getätigt habe.

"Wir dulden nicht mehr, dass internationale Konzerne ihre Lizenzeinnahmen in Niedrigsteuerländer verschieben, ohne dass es dort einen Forschungsbezug gibt", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Mit dem Gesetzentwurf werde die Umsetzung der Vereinbarungen der G20-Länder gegen Gewinnverlagerungen (BEPS) fortgesetzt.

"Gewinnverlagerung über Patentboxen zur reinen Steuergestaltung schieben wir einen Riegel vor", sagte er. Staaten, die derartige Gewinnverlagerungen fördern, könnten nicht erwarten, dass ihre für Deutschland schädliche Praxis unterstützt werde.

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben erklärte, man sei sehr verwundert über den Entwurf zum jetzigen Zeitpunkt. Angesichts der unsicheren Lage der Weltwirtschaftsbeziehungen sollten die Staaten alle Steuervorhaben der G20 und der Industrieländerorganisation OECD gemeinsam angehen: "Alleingänge Deutschlands verunsichern hingegen die hiesige Wirtschaft zusätzlich."

Ähnlich äußerte sich Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Markus Kerber. Deutschland sei der Gewinner der bestehenden Lizenzbesteuerung, sagte er. Folgten andere Länder dem deutschen Negativbeispiel, wirke das wie ein Bumerang. Das Ergebnis seien weniger Steuereinnahmen in Deutschland./sl/DP/tos