FRANKFURT (Dow Jones)--Wenige Tage vor der Wahl des neuen CDU-Parteichefs hat sich der Kandidat Norbert Röttgen gegen eine Koalition der Union mit der FDP nach der kommenden Bundestagswahl ausgesprochen. "Die FDP hat ein historisches Versagen zu verantworten, indem sie sich nach zwei großen Koalitionen einem neuen Anfang und der Regierungsverantwortung verweigert hat", sagte Röttgen der Augsburger Allgemeinen. "Auf eine Partei, die mal Lust hat zu regieren und dann wieder nicht, kann man sich nicht verlassen", betonte er. "Das sind unsichere Kantonisten, auf die ich nicht setzen würde", erklärte der CDU-Außenpolitiker.

"Kann ja sein, dass die FDP jetzt auf einmal wieder auf die Idee gekommen ist, dass der Sinn von Politik auch darin bestehen könnte, zu gestalten, zu entscheiden und zu regieren", sagte Röttgen. Doch auch die Wähler würden das Scheitern der Jamaika-Koalition vor drei Jahren nicht vergessen.

Röttgen betonte zugleich, dass er sich im Falle eines Wahlsiegs auf dem CDU-Parteitag prinzipiell auch die Kanzlerkandidatur der Union zutraue: "Es ist das Selbstverständnis der CDU, dass ihr Vorsitzender das Kanzleramt ausführen will und es auch kann", sagte der CDU-Außenpolitiker der Zeitung. "Wir sollten nicht den Weg der SPD einschlagen und sagen: Wir haben zwar einen Parteichef, aber das Kanzleramt trauen wir dem nicht zu", sagte er.

Es sei trotzdem kein Automatismus, dass der CDU-Vorsitzende auch Kanzlerkandidat der Union werde. "Es geht im Wahlkampf nicht um das eigene Ego, sondern um die bestmögliche Aufstellung", sagte der Kandidat und verwies zugleich auf das Mitspracherecht der CSU und deren Parteichef: "Wenn ich gewählt werde, werde ich mich sehr rasch mit Markus Söder besprechen", sagte Röttgen. "Wir kennen uns ja seit Jahrzehnten, waren beide Landesvorsitzende der Jungen Union, beide Umweltminister während der Atomkatastrophe von Fukushima. Ich werde ihn aufsuchen, denn ich bin ja dann der Neue im Amt."

Allerdings werde es in diesem Falle sicher kein Frühstück geben, wie als die damalige CDU-Chefin Angela Merkel und dem CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber die Kanzlerkandidatur überließ: "Um gleich gar keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, würde ich eine andere Tageszeit bevorzugen", sagte Röttgen. Gleichwohl lobt der CDU-Politiker den bayerischen Ministerpräsidenten: "Ich finde, was Markus Söder in dieser Krise auszeichnet, ist seine klare Kommunikation", sagte Röttgen. "Damit hat er Vertrauen geschaffen. Das ist eine große Leistung."

Der Außenpolitiker erwartet, dass der CDU-Parteitag in seiner durch die Pandemie erzwungenen virtuellen Form besonders spannend werde, weshalb er sich auf seine Rede vorbereite: "Auch vor einem Parteitag mit Publikum würde ich mich vorbereiten", sagte Röttgen. "Aber natürlich werden die Emotionen und die Atmosphäre fehlen. Als Redner spricht man in eine dunkle Kamera hinein. Man spürt nicht, wie die Delegierten reagieren, kann nicht mit ihnen interagieren. So etwas lässt sich nicht üben. Auch deshalb wird der Parteitag so spannend."

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January 12, 2021 22:00 ET (03:00 GMT)