Das nach der Invasion der Ukraine mit harten westlichen Sanktionen belegte Land musste am Mittwoch eigentlich 117 Millionen Dollar für zwei Fremdwährungsanleihen an seine Gläubiger überweisen. Bislang habe es aber noch keine Bestätigung für eine Zahlung aus Russland gegeben, sagte einer der Gläubiger - der anonym bleiben wollte - der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei noch nicht klar, ob sie noch geleistet werde. Die beiden Dollar-Anleihen wurden 2013 begeben.

Die russische Regierung wiederum sieht den Westen am Zug, nachdem sie zuvor mit einer Zahlung in der stark abgewerteten Landeswährung Rubel gedroht hatte. "Wir haben das Geld, wir haben die Zahlung geleistet", wurde Finanzminister Anton Siluanow in einem Interview mit RT Arabic auf dem Telegram-Kanal des Ministeriums zitiert. "Jetzt liegt der Ball vor allem bei den amerikanischen Behörden."

Experten rätseln, ob Russland direkt in eine Staatspleite schlittert, sollte die Zahlung nicht doch noch im Tagesverlauf folgen - oder ob es eine 30-tägigen Verzugsfrist gibt. "Die Sache mit den Ausfällen ist, dass sie nie eindeutig sind, und dies ist keine Ausnahme", sagte der Portfoliomanager für Schwellenmärkte beim Finanzhaus Pictet, Guido Chamorro. Womöglich gebe es noch einen Aufschub bis zum 15. April. "In der Gnadenfrist kann alles passieren", sagte der Experte. "Ich denke, der Markt erwartet jetzt, dass Russland die Zahlungen nicht leistet", sagte Analyst Jeff Grills vom Vermögensverwalter Aegon Asset Management.

Da Russland wegen des Einmarschs in die Ukraine vom Westen mit harten Sanktionen belegt wurde, ist unklar, ob die Regierung in Moskau die Anleihen bedienen kann oder will. "Die Fähigkeit oder Unfähigkeit, unsere Verpflichtungen in Fremdwährungsäquivalent zu erfüllen, hängt nicht von uns ab", sagte Siluanow dazu nur. Es wäre der erste Zahlungsausfall seit der Russischen Revolution 1917, als die Bolschewiken Schulden aus der Zarenzeit nicht anerkannten. Derzeit sind russische Fremdwährungsanleihen im Gesamtvolumen von etwa 40 Milliarden Dollar im Umlauf. Rund die Hälfte davon wird von ausländischen Investoren gehalten.

Sollte Russland die beiden fälligen Dollar-Anleihen in der stark abgewerteten heimischen Währung Rubel bedienen, würde die Ratingagentur Fitch dies nach eigenen Angaben nach dem Ablauf einer 30-tägigen Gnadenfrist als Staatspleite werten. Mehrere Ratingagenturen hatten ihre Bewertung für die Kreditwürdigkeit Russlands zuletzt tief in den Ramsch-Bereich gedrückt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält gravierende Folgen für das weltweite Finanzsystem im Fall einer Staatspleite Russlands jedoch für wenig wahrscheinlich.

Die russischen Staatsanleihen wechseln derzeit meist nur zu zehn bis 20 Prozent ihres Nennwerts den Besitzer. Die beiden Zahlungen am Mittwoch sind die ersten von mehreren, die demnächst folgen. Noch im März werden weiteren 615 Millionen Dollar fällig. Am 4. April muss dann eine Anleihe im Wert von zwei Milliarden Dollar an die Gläubiger zurückgezahlt werden.