BERLIN (AFP)--Die 35 größten Fleisch- und Milchkonzerne in Europa stoßen laut einer Studie immer mehr Treibhausgase aus. Im Jahr 2018 machten sie fast 7 Prozent der gesamten Emissionen der EU aus, wie es in einer Studie des Instituts für Landwirtschafts- und Handelspolitik (IATP) heißt. Es wirft den Konzernen vor, den Beitrag der Branche zum Klimawandel zu "verschleiern" statt Emissionen zu reduzieren.

Für die Studie nahm das IATP die 20 größten Fleisch- und Milchkonzerne genauer unter die Lupe. Aus Deutschland gehören Tönnies, Deutsches Milchkontor DMK, Westfleisch und die Müller Gruppe dazu. Insgesamt verursachten die 20 größten Konzerne in Europa im Jahr 2020 knapp 244 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente - dies entsprach mehr als einem Viertel der Treibhausgasemissionen Deutschlands.

Emissionstreibend wirkt laut Studie vor allem die weltweit steigende Nachfrage nach Fleisch- und Milchprodukten: Die Exporte stiegen laut der Studie zwischen 2005 und 2018 teils deutlich an. Bei Geflügelfleisch betrug der Zuwachs 93 Prozent, bei Schweinefleisch 58 Prozent und bei Milchprodukten 45 Prozent. Die rückläufige Binnennachfrage in der EU wirke sich daher nur begrenzt auf die Senkung der Emissionen aus.

Nur zehn der 20 Unternehmen hätten Klimaziele verkündet, einige wenige hätten Klimaneutralitätspläne vorgelegt - aus Deutschland ist laut der Studie keines darunter. Lediglich vier der untersuchten Konzerne haben demnach die Emissionen entlang der gesamten Lieferkette im Blick. Nur drei - Nestlé, FrieslandCampina und ABP - verpflichten sich demnach zu einer Reduzierung der Emissionen, die durch die Tierhaltung entstehen. Zu einer Reduktion der Viehbestände erklärte sich aber keines der untersuchten Unternehmen bereit - dort entstehen laut IATP jedoch 90 Prozent der Emissionen.

Den Konzernen mit Klimazielen wirft das IATP allerdings "Greenwashing" vor. So legten sie etwa den Schwerpunkt auf eine Emissionssenkung pro Kilogramm Fleisch oder Liter Milch - dies werde durch das "schiere Wachstum" ihrer gesamten Produktion aber "aufgefressen".

Die Konzerne versprächen außerdem Entwicklung und Einsatz von CO2-Kompensationen auf Acker- und Grünland, doch dies müssten hauptsächlich die Landwirte umsetzen und bezahlen, obwohl die Unternehmen die Produktionsbedingungen bestimmten. Die Kompensationen basierten auf vagen Versprechungen, anderswo Emissionen einzusparen, statt sie tatsächlich selbst zu reduzieren.

"Es ist eindeutig: Die großen Fleisch- und Milchkonzerne in der EU, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich entwickeln sich in die falsche Richtung", heißt es in dem Bericht. Die Emissionen des irischen Rindfleischproduzenten ABP etwa seien von 2016 bis 2018 um 45 Prozent gestiegen, die von Tönnies um 30 Prozent. Bei den französischen Milchkonzernen Danone und Lactalis wuchsen die Emissionen demnach von 2015 bis 2017 um 15 beziehungsweise 30 Prozent.

Der deutsche Fleischproduzent Tönnies äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen. Auch Anfragen der AFP an die französischen Unternehmen Danone und Lactalis blieben zunächst unbeantwortet.

"Die Klimabilanzen der großen europäischen Milch- und Fleischproduzenten kommen denen der großen Ölkonzerne sehr nahe, doch sie wirtschaften weiter ohne jede Rechenschaft", kritisierte IATP-Direktorin Shefali Sharma. Sie warf den Konzernen vor, ihre Klimabilanzen schönzurechnen. Dies geschehe, um von den "fundamentalen Veränderungen abzulenken, die nötig sind, um die Emissionen zu reduzieren".

Das IATP forderte die Regierungen in Europa deshalb auf, die großen Fleisch- und Milchkonzerne dazu zu verpflichten, ihre absoluten Emissionen zu senken. Die EU dürfe keine unzuverlässigen CO2-Kompensationsmaßnahmen zertifizieren, "mit denen Klimasünder echte Klimamaßnahmen hinauszögern und Emissionen verbergen wollen".

Seit Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens im Jahr 2015 hätten es die europäischen Regierungen außerdem versäumt, die erzeugten Emissionen systematisch zu erfassen und diese den verantwortlichen Konzernen in Rechnung zu stellen. Die Folge sei "eine Palette verschiedenster konzernindividueller Initiativen", die nicht unabhängig überprüfbar seien.

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December 13, 2021 07:13 ET (12:13 GMT)