-- Lohnerhöhung um 3,3 Prozent in zwei Stufen und Corona-Prämie

-- Tarifvertrag hat Laufzeit von 32 Monaten

-- Auch Lösungen zu Tarifeinheit und Betriebsrente gefunden

(NEU: weitere Details, Reaktionen)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die Deutsche Bahn AG und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) haben eine Einigung im Tarifstreit erreicht. Das gaben GDL-Chef Claus Weselsky und Bahn-Personalvorstand Martin Seiler bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin bekannt. "Hier steht ein Gewerkschaftsvorsitzender, ... der am Ende des Tages gemeinsam mit der Arbeitgeberseite einen guten Kompromiss ausgehandelt hat", sagte Weselsky. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zeigte sich erleichtert über die Einigung, die auch vom Fahrgastverband Pro Bahn und dem Deutschen Beamtenbund begrüßt wurde.

Vorgesehen sind den Angaben zufolge Einkommenserhöhungen um 1,5 Prozent zum 1. Dezember 2021 und 1,8 Prozent zum 1. März 2023 sowie Corona-Prämien von 600, 400 oder 300 Euro je nach Lohngruppe im Dezember 2021 und 400 Euro im März 2022. "Die Laufzeit liegt bei 32 Monaten", sagte Weselsky. 3,3 Prozent insgesamt an Einkommenserhöhung erachte die Gewerkschaft als "gut und richtig". Das Tarifergebnis bis zum 31. Oktober 2023 könne man "als geeint betrachten". Seiler bekräftigte, dass die Tarifverhandlungen abgeschlossen seien. "Der Gordische Knoten ist gelöst."

Die Verhandlungen der vergangenen Tage seien unter Vermittlung der beiden Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Schleswig-Holstein, Stephan Weil (SPD) und Daniel Günther (CDU), wieder in Gang gekommen. "Der Tarifkompromiss ist in vertraulichen und intensiven Verhandlungen gelungen, nachdem beide Seiten in den strittigen Fragen aufeinander zugegangen sind", erklärte die Bahn.

In der Einigung enthalten ist auch eine Regelung zur Altersversorgung und Klarheit in der Anwendung des Tarifeinheitsgesetzes und der Frage der Geltung der Tarifverträge. Mit dem Tarifabschluss einigten sich Bahn und GDL laut den Angaben auf Regelungen, wie mit unterschiedlichen Tarifverträgen in den Betrieben des Konzerns umgegangen wird. Das Tarifeinheitsgesetz komme zur Anwendung. Die GDL sei bereit zu einem notariellen Verfahren zur Feststellung der Mehrheiten in den 71 Betrieben.


   Geltungsbereich der Tarifverträge geklärt 

Einen Kompromiss fanden Bahn und GDL demnach ebenfalls bei dem strittigen Thema, in welchen Betrieben mit der GDL Tarifverträge abgeschlossen werden. Die GDL bleibe in ihren bisherigen Betrieben vertreten, eine Ausdehnung darüber hinaus finde mit diesem Tarifabschluss nicht statt. In den bisherigen Betrieben kommen laut Bahn Berufsgruppen hinzu, zum Beispiel Werkstattmitarbeiter, die Tarifverträge der GDL kommen in ihren Mehrheitsbetrieben - heute 16 - zur Anwendung.

Bei der betrieblichen Altersvorsorge wird die Bahn laut den Angaben weiterhin 3,3 Prozent Arbeitgeber-Anteil in den Pensionsfonds einzahlen. Das Alt-System der Zusatz-Betriebsrente werde endgültig geschlossen und ab 2022 nur noch für Bestands-Mitarbeitende weitergeführt. Mit diesem Ergebnis sei eine deutliche bilanzielle Entlastung der Deutsche Bahn AG gelungen, und gleichzeitig könne den Mitarbeitenden "eine branchenführende Altersvorsorge garantiert werden", erklärte das Unternehmen.

Verkehrsminister Scheuer sah in dem Ergebnis "Erleichterung für Millionen Bahnkunden und auch für die deutsche Wirtschaft". Der Weg der Tarifeinheit habe sich bewährt, erklärte er. Tarifautonomie, Tarifpartnerschaft und auch das Streikrecht seien Grundpfeiler von Arbeitsleben und Gesellschaft. Nach den Grundsätzen der Tarifautonomie habe er sich "nicht eingemischt, aber intensiv gekümmert". Jetzt wolle man schnellstmöglich wieder an die steigenden Fahrgastzahlen anknüpfen. "Wir brauchen nach Corona wieder die schnelle Erholung des Unternehmens", betonte der CSU-Politiker.

Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte nun eine konstruktive Zusammenarbeit von allen Verbänden, Gewerkschaften und den Unternehmen. "Jetzt zu Friedenszeiten muss ein Streikfahrplan ausgehandelt werden, der die Unternehmen schädigt - denn das ist ja der Sinn eines Streiks -, die Fahrgäste aber nicht im Regen stehen lässt", sagte Pro-Bahn-Vorsitzender Karl-Peter Naumann. Vorbild könne dabei Italien sein, in dem solche Streikfahrpläne existierten. Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbunds (DBB), Ulrich Silberbach, lobte die Einigung im Redaktionsnetzwerk Deutschland als "Kompromiss im besten Sinne des Wortes, mit Augenmaß und in Verantwortung für unser Land".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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September 16, 2021 06:02 ET (10:02 GMT)