--2023 schwarze Null bei realer Produktion erwartet

--ZVEI-Präsident Kegel hofft auf günstigere Entwicklung

--Kegel: Branche zeigte sich im Jahr der Zeitenwende stark

(NEU: Weitere Aussagen von Pressekonferenz)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die Unternehmen der deutschen Elektro- und Digitalindustrie haben 2022 ein Produktionsplus von knapp 4 Prozent verbucht und erwarten für 2023 eine Konsolidierung auf dem erreichten Niveau. "2022 war - trotz aller Widrigkeiten - ein starkes Jahr für die deutsche Elektro- und Digitalindustrie", sagte der Präsident des ZVEI Verband der Elektro- und Digitalindustrie, Gunther Kegel. "Auch im Jahr der Zeitenwende hat sich die Elektro- und Digitalindustrie weiterhin stark gezeigt", hob er bei der Auftakt-Pressekonferenz des Verbands hervor.

"Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation und weiterhin angespannte Lieferketten: Die preisbereinigte Produktion der Branche ist dennoch zwischen Januar und November um 3,7 Prozent gewachsen - fast eine Punktlandung für unsere Prognose von 4 Prozent." Diese robuste Entwicklung unterstreiche die Stärke der Elektro- und Digitalindustrie. "Unsere Branche profitiert erkennbar von den beiden großen Treibern Elektrifizierung und Digitalisierung, die aufs Engste mit uns verbunden sind", sagte Kegel.

Für das laufende Jahr zeigte sich der Verband zuversichtlich: "Stand heute gehen wir bei der realen Produktion von einer schwarzen Null aus, was einer Konsolidierung auf sehr hohem Niveau entspricht", sagte der ZVEI-Präsident. Er habe aber weiterhin die Hoffnung auf eine etwas verbesserte Prognose bereits im Frühjahr. "Im Moment hellt sich das Bild auf", betonte Kegel. Die nominalen Erlöse stiegen im vergangenen Jahr den Angaben zufolge um 12 Prozent auf ein Rekordhoch von 224 Milliarden Euro. Dies habe "natürlich eine inflatorische Preiskomponente", räumte Kegel ein.

Die höchsten Zuwächse gab es demnach bei elektronischen Bauelementen mit einem Plus von 21 Prozent. Es folgen Informations- und Kommunikationstechnik, Batterien, Energietechnik (alle plus 14 Prozent) und Automation (plus 12 Prozent). Die Zahl der Beschäftigten lag laut ZVEI zuletzt bei knapp 895.000 und damit 2,3 Prozent über dem Vorjahr. Auch beim Export sei 2022 abermals ein Rekordjahr gewesen. Die deutschen Elektroausfuhren erreichten demnach einen Wert von 246 Milliarden Euro (inklusive Re-Exporte) - ein Plus von 9 Prozent. Wichtigster Absatzmarkt sei die Europäische Union mit Elektrolieferungen in Höhe von 126 Milliarden Euro gewesen.


Mehr bilaterale Handels- und Rohstoffabkommen nötig 

"Der Binnenmarkt ist das größte Asset der EU. Wir müssen ihn weiterentwickeln - unternehmerisch und regulatorisch", sagte Kegel. Jedoch müsse man den Binnenmarkt vor allzu viel Regulierung schützen. Die Globalisierung scheine an einem Scheitelpunkt zu stehen. Die protektionistische Wirtschaftspolitik Chinas, aber auch der USA seien für die Branche ein hohes Risiko. Die EU müsse entschlossen gegensteuern und mehr bilaterale Handels- und Rohstoffabkommen abschließen, mahnte der ZVEI-Präsident.

Kritik übte Kegel an der Ausgestaltung des Lieferkettengesetzes: Auch wenn man dessen Intention teile, sei es doch "ein weiteres bürokratisches Ungetüm". Es handele sich auch vor allem um eine politische Aufgabe. "Die Politik kann sich nicht einfach hinter den Unternehmen wegducken", betonte Kegel.

Nachdem sich die Politik im zurückliegenden Jahr vor allem den Herausforderungen Energiesicherheit und Bezahlbarkeit zuwenden musste, müsse "in diesem Jahr die Gestaltung der Energiewende wieder mehr in den Fokus rücken", forderte der Vorsitzende der ZVEI-Geschäftsführung, Wolfgang Weber. Aus Sicht des ZVEI seien im Wesentlichen zwei Aufgaben anzugehen: Erstens der zügige Ausbau der Netzinfrastruktur und zugleich ihre Digitalisierung sowie zweitens die Weiterentwicklung des Strommarktdesigns. "Ohne starkes Stromnetz wird es keine Klimaneutralität geben", betonte Weber.

"Das künftige Stromnetz muss zu einem Klimaneutralitätsnetz umgebaut werden." So fordere der ZVEI, dass neben dem physischen Ausbau Intelligenz ins System komme. Unter anderem müsse mehr Tempo in den flächendeckenden Rollout intelligenter Messsysteme kommen. "Der Strompreis muss weiter von Steuern, Umlagen und Abgaben entlastet werden", forderte Weber zudem. Darüber hinaus seien dynamische Stromtarife wichtig. Das künftige Strommarktdesign müsse so gestaltet sein, "dass Verbraucherinnen und Verbraucher unmittelbar von attraktiven Preisen für Strom aus erneuerbaren Energien profitieren".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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January 18, 2023 05:05 ET (10:05 GMT)