Nassau/New York (Reuters) - Staatsanwaltschaft und Behörden in den USA haben am Dienstag Klagen gegen den Gründer und ehemaligen Chef der inzwischen bankrotten Kryptobörse FTX, Sam Bankman-Fried, vorgelegt.

Dieser habe unter anderem die Einlagen der FTX-Kunden veruntreut, um Ausgaben und Schulden zu bezahlen sowie Investitionen im Namen seines Krypto-Hedgefonds Alameda Research zu tätigen, erklärte die Bundesstaatsanwaltschaft. Zudem habe er die Vorschriften zu Wahlkampfspenden verletzt. Auch die Börsenaufsicht SEC und die für die Regulierung der Optionsmärkte zuständige CFTC warfen dem 30-Jährigen in eigenen Klageschriften Betrug vor.

Bankman-Fried selbst deutete während eines Gerichtstermins auf den Bahamas an, er könne ein Auslieferungsgesuch der USA anfechten. Dort hatte FTX am 11. November Gläubigerschutz beantragt, nachdem Kunden als Reaktion auf die heimliche Verschiebung von Einlagen im Volumen von zehn Milliarden Dollar massenhaft Gelder abgezogen hatten. Bankman-Fried trat am selben Tag als Chef zurück. Am Montag wurde er nun auf den Bahamas auf Bitten der US-Regierung festgenommen. Bankman-Fried hat sich bei Kunden entschuldigt, Betrugsvorwürfe aber zurückgewiesen. Er hatte 2020 gut fünf Millionen Dollar an den Präsidialwahlkampf von Joe Biden gespendet. Der Zusammenbruch von FTX hat die Krypto-Welt erschüttert. Politiker und Behören weltweit - darunter auch die EZB - befassen sich verstärkt mit Forderungen nach einer stärkeren Regulierung des Sektors.

Der neue FTX-Chef John Ray zeichnete am Dienstag bei einer Kongressanhörung ein vernichtendes Bild von den Zuständen in der Firma unter Bankman-Fried. "Der Zusammenbruch der FTX-Gruppe kann offenbar auf die absolute Konzentration der Macht in den Händen einer kleinen Gruppe von äußerst unerfahrenen und unbedarften Personen zurückgeführt werden", sagte er vor einem Ausschuss. Es habe "absolut keine internen Kontrollen" gegeben. Ray stufte die Finanzunterlagen von FTX als unzuverlässig ein. "Wir haben acht Milliarden Dollar an Kundengeldern verloren", sagte er den Abgeordneten. "Also vertraue ich per Definition keinem einzigen Blatt Papier in dieser Organisation."

Bankman-Fried hatte nach dem Studium zunächst bei einem Broker an der Wall Street angeheuert und sich 2017 mit Alameda selbstständig gemacht. Mit dem Geld aus Spekulationen mit Kryptowährungen gründete er zwei Jahre später FTX, deren Geschäft explosionsartig wuchs. 2021 machte das Handelsvolumen zehn Prozent des Weltmarktes aus. Im selben Jahr landete er mit einem geschätzten Vermögen von 26,5 Milliarden Dollar auf der Liste der reichsten Amerikaner des Magazins "Forbes".

(Bericht von Jared Higgs, Luc Cohen, Chris Prentice, Hannah Lang und Doina Chiacu; geschrieben von Scot W. Stevenson, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)