Washington (Reuters) - Am US-Arbeitsmarkt sind im Mai überraschend viele Stellen entstanden.

Die Firmen schufen 390.000 neue Jobs, wie die Regierung am Freitag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit 325.000 gerechnet. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote verharrte im Mai auf dem Vormonatswert von 3,6 Prozent - ein Niveau, das der von der Notenbank Fed angestrebten Vollbeschäftigung entsprechen dürfte. "Der US-Arbeitsmarkt ist in Höchstform", sagte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. "Der US-Arbeitsmarkt hat damit gleichzeitig auch die Folgen der Pandemie innerhalb von zwei Jahren abgeschüttelt." Die US-Notenbank dürfe sich jetzt erst recht in ihrem Kurs rascher Zinserhöhungen bestätigt fühlen.

Der Jobaufbau habe sich im Trend weiter verlangsamt, sei aber immer noch sehr solide, sagte Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. "Die Überhitzungserscheinungen auf dem US-Arbeitsmarkt bestehen somit fort. Denn der Mangel an Arbeitskräften sei unverändert eklatant. "Außergewöhnlich viele Stellen können nicht besetzt werden." Ferner sei die Wechselbereitschaft unter den Arbeitnehmern immer noch äußerst hoch. "Das hält den Lohndruck aufrecht und bestärkt die US-Notenbank darin, kräftiger auf die Bremse zu treten." Mitte Juni dürfte sie den Leitzins um 50 Basispunkte anheben und weitere Zinsschritte folgen lassen.

Die Federal Reserve hat angesichts einer Inflationsrate von zuletzt 8,3 Prozent Anfang Mai den größten Zinsschritt seit 22 Jahren unternommen und den Leitzins um einen halben Punkt auf die neue Spanne von 0,75 bis 1,0 Prozent angehoben. Fed-Präsident Jerome Powell hat für die Sitzungen im Juni und Juli jeweils Erhöhungen im selben Umfang signalisiert. Dirk Chlench von der LBBW geht davon aus, dass der Zins Ende des Jahres bei 2,75 bis 3,00 Prozent liegt.

Am Arbeitsmarkt stieg der durchschnittliche Stundenlohn um 0,3 Prozent zum April. Gegenüber dem Vorjahr nahm das Plus von 5,5 Prozent auf 5,2 Prozent ab. Die Löhne und die Inflation stiegen kräftig, gleichzeitig dürfte das Wachstum im zweiten Quartal recht ordentlich ausfallen, sagte VP-Experte Gitzel. Er sieht deshalb keinen Grund für Zurückhaltung im Zinsanhebungszyklus. "Die Fed weiß das und geht entsprechend aggressiv vor."

(Bericht von: Lucia Mutikani, geschrieben von Klaus Lauer und Rene Wagner. Redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)