--SPD liegt in ersten Hochrechnungen knapp vorn

--CDU/CSU mit historisch schlechtesten Ergebnis

--SPD als auch Union wollen nächste Regierung führen

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Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Union und SPD liefern sich bei der Bundestagswahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Sowohl Unionskanzlerkandidat Armin Laschet als auch SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz wollen die nächste Bundesregierung anführen. Die ersten Hochrechnungen sehen die SPD leicht vorne, während CDU/CSU mit ihrem historisch schlechtesten Ergebnis auf Rang zwei liegt.

Damit deuten sich nach der ersten Bundestagswahl ohne Bundeskanzlerin Angela Merkel schwierige Koalitionsverhandlungen an.

In den ARD-Hochrechnungen liegt die SPD bei 25,2 Prozent und CDU/CSU bei 24,6 Prozent. Die Grünen liegen bei 14,3 Prozent, die FDP bei 11,6 Prozent, die AfD bei 10,8 Prozent und die Linke bei 5,0 Prozent.

Das ZDF sieht die SPD bei 25,7 Prozent und CDU/CSU bei 24,6 Prozent. Die Grünen liegen bei 14,4 Prozent, die FDP bei 11,7 Prozent, die AfD bei 10,7 Prozent und die Linke bei 5,0 Prozent.


Scholz und Laschet sehen Regierungsauftrag 

Scholz sieht in den Hochrechnungen ein Votum vieler Bürger für einen Wechsel in der Regierung mit ihm an der Spitze. "Natürlich freue ich mich über das Wahlergebnis, das die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gewählt haben", sagte Scholz in der SPD-Parteizentrale in Berlin. "Sie haben entschieden, dass die Sozialdemokratische Partei bei allen Balken nach oben geht, und das ist ein großer Erfolg."

Unionskanzlerkandidat Armin Laschet kündigte ebenfalls an, dass CDU/CSU trotz des unbefriedigenden Wahlergebnisses eine Regierung "unter Führung der Union" bilden wolle.

Das Wahlergebnis stelle Deutschland, die Union und alle demokratischen Parteien vor große Herausforderungen. Nun gelte es Gegensätze zu überwinden und Deutschland zusammenzuhalten. "Es wird erstmals aller Voraussicht nach eine Bundesregierung mit drei Bündnispartnern geben können. Wir als Union haben von unseren Wählerinnen und Wählern einen klaren Auftrag erhalten: Eine Stimme für die Union ist eine Stimme gegen eine linksgeführte Bundesregierung", so Laschet.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock betonte, dass Deutschland nun eine Klimaregierung brauche. Grünen-Chef Robert Habeck zeigte sich in der ARD offen für Koalitionsgespräche mit SPD und FDP, aber auch mit Union und FDP. "Die Substanz muss es am Ende sein", sagte Habeck. "Es muss eine Regierung sein, die sich versteht, die ein Projekt entwickelt, eine Idee hat, um die nächsten vier Jahre zu meistern."

Rot-Grün hätte "reibungslos" geklappt, so Habeck. "Eine Ampel ist aber nicht Rot-Grün mit ein bisschen gelbem Kitt, sondern es ist kompliziert ... das kann gelingen, (ich) schließe aber Jamaika-Gespräche auch nicht aus."

FDP-Chef Christian Lindner hat nach dem knappen Wahlergebnis bei der Bundestagswahl für eine nächste Bundesregierung aus der Mitte plädiert. "Von diesem Tag geht ein klares politisches Signal aus. Die politische Mitte wurde gestärkt", erklärte Lindner. "Die politischen Ränder wurden geschwächt. Der Auftrag an alle Parteien mit staatspolitischer Verantwortung ist: Die Bürgerinnen und Bürger wollen eine Regierungsbildung aus der Mitte heraus."


Ampel- und Jamaika-Koalition möglich 

Mit den ersten Hochrechnungen zeichnen sich unklare Regierungsmehrheiten und lange Koalitionsverhandlungen ab. Möglich wäre eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, eine Jamaika-Regierung unter Beteiligung von CDU/CSU, den Grünen und der FDP. Möglich wäre zudem eine Fortsetzung der großen Koalition. Ein Bündnis von SPD, Grünen und Linkspartei scheint wegen des schwachen Abschneidens der Linken nicht möglich.

In den vergangenen Wochen hatte die SPD in Umfragen leicht vor den Unionsparteien gelegen. Der Vorsprung hatte sich zuletzt aber verringert.

Scholz hat bei einem Wahlsieg mehr soziale Gerechtigkeit versprochen. Er will die Steuern für Besserverdienende erhöhen, den Mindestlohn auf 12 Euro anheben und mehr bezahlbaren Wohnungsraum schaffen. Auch hat er stabile Renten versprochen.

Laschet hat mit Bürokratieabbau, dem Ausbau der Digitalisierung und der Modernisierung der Industrie geworben. In Klimafragen lehnt er zu starke Staatseingriffe ab und besteht auf Wirtschaftsverträglichkeit.

Die Grünen fordern hingegen einen Umbau der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität mithilfe von hohen staatlichen Investitionen. Die FDP hat im Vorfeld den Verzicht auf Steuererhöhungen und das Bekenntnis zur Schuldenbremse als Bedingung für eine Koalitionsbeteiligung genannt.

(Mitarbeit: Andreas Kißler)

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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September 26, 2021 14:06 ET (18:06 GMT)