Den Anfang macht die mit Hochspannung erwartete geldpolitische Sitzung der US-Notenbank Fed. Die Fed hat das Ruder in Sachen Narrativ fest in der Hand und vermittelt eine Botschaft, die den Erwartungen gerecht wird. Obgleich das vorherrschende Szenario von einer einzigen Zinssenkung ausgeht, hält der sehnsüchtig erwartete "Dot Plot" – eine Visualisierung der Zinserwartungen der Fed-Mitglieder – die Tür für zwei Zinssenkungen bis zum Jahresende offen, vor allem, wenn die Inflation weiterhin angenehm überrascht und stärker als erwartet sinkt. Zur Erinnerung: Der Kern-CPI lag mit einem Anstieg von 0,2% auf Monatsbasis um 0,1 Prozentpunkte unter den Prognosen.

Im Anschluss an diese Bekanntgabe erlebten die Indizes einen deutlichen Aufschwung, angetrieben von fallenden Zinsen, einem schwächeren Dollar und einem Anstieg des Goldpreises. Doch am Tag nach der Entscheidung gingen die europäischen Indizes auf Tauchstation. War der französische Präsident schuld? 

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Grafik: Bloomberg Opinion

Die obige Grafik zeigt die Bewegungen der vier wichtigsten Finanzanlagen am 12. Juni. Obwohl der CPI eindeutig positiv aufgenommen wurde, konnten die Märkte ihre anfänglichen Gewinne nicht halten. Der Dollar und die Anleiherenditen machten einen Teil ihrer Verluste wieder wett, was die Aktienindizes in der europäischen Sitzung am nächsten Tag sinken ließ.

In Europa hat sich die Situation nach den Europawahlen etwas angespannt. Frankreich gilt dabei als Sorgenkind, mit einer stark rechtsgerichteten Wahl und einer überraschenden Auflösung der Nationalversammlung, obwohl die Performance des Pariser Marktes im Vergleich zu seinen Pendants bereits seit Monaten nachlässt, wie die folgende Grafik zeigt:

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Whatever it takes

Die Zukunft Frankreichs bereit den Anlegern Sorgen, die nun höhere Zinsen für französische Schuldtitel verlangen. Anleger haben eine Abneigung gegen (schlechte) Überraschungen, ähnlich wie die Natur ein Vakuum meidet. Diese Entwicklung kommt zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt, nachdem die Ratingagentur Standard & Poors die Bonität Frankreichs herabgestuft hat.

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Quelle: Bloomberg

Die oben stehende Grafik zeigt die Entwicklung des Spreads auf Wochenbasis über die letzten 15 Jahre. Wie ersichtlich, war die Situation schon viel schlimmer, insbesondere während der Euro-Krise in den Jahren 2011 und 2012. Damals bedurfte es der Entschlossenheit von Super Mario Draghi und seinem berühmten "whatever it takes", um die Spekulanten in Schach zu halten.

Die aktuelle Situation ist zwar deutlich lokaler, aber sie spiegelt das Misstrauen der Anleger gegenüber Frankreich wider und belastet gleichzeitig die öffentlichen Finanzen. Nachdem der Widerstand bei 63/65 durchbrochen wurde, der nun als erste Unterstützung fungiert, hat sich der Spread weiter ausgeweitet und testet derzeit den Widerstand bei 74/76, mit dem Risiko, dass er vor den nächsten Wahlen bis auf 86 ansteigt. Je nach Wahlergebnis könnte die Marke von 110/112 das nächste Ziel sein. Es scheint, als müssten die Franzosen weiterhin tiefer in die Tasche greifen…