«Wir werden die Dividendenausschüttung neu diskutieren»: Marc Pointet im Interview mit IMMOBILIEN BUSINESS

Zwei Jahre nach dem Börsengang hat Ina Invest die selbstgesteckten Ziele übertroffen. CEO Marc Pointet im «Interview des Monats» im IMMOBILIEN BUSINESS zu steigenden Zinsen, Wachstumsstrategien und zur Gewinnbeteiligung der Aktionäre.

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IMMOBILIEN Business: Herr Pointet, Ina Invest hat trotz gestiegener Baukosten ein sehr gutes Halbjahresergebnis präsentiert. Der Reingewinn hat sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit 17 Millionen Franken beinahe verfünffacht, die eigenen Zielsetzungen wurden übertroffen. Doch ist dieser Erfolg angesichts der steigenden Zinsen und der dräuenden globalen Rezession nicht eigentlich nur Schnee von gestern?

Marc Pointet: Keine Frage, der Zinsanstieg ist für uns ein sehr relevantes Thema. Die Höhe der Zinsen hat grossen Einfluss auf die Kostenstruktur von Immobilienunternehmen und damit auch von Ina Invest. Wir beobachten die Lage an den Finanzierungsmärkten deshalb täglich. Und wir haben unseren langfristigen
Business-Plan bis 2030 aufgrund der Entwicklung angepasst.

In den USA wird ein Anstieg der Leitzinsen noch in diesem Jahr auf mehr als drei Prozent erwartet, in der Eurozone auf 1,5 bis zwei Prozent ...

In der Schweiz wird es unserer Analyse zufolge nicht so heftig kommen. Die SNB kann sich der globalen Grosswetterlage zwar nicht entziehen. Sie wird aber unserer Einschätzung nach deutlich moderater vorgehen. Die Inflation war in der Schweiz mit 3,5 Prozent im August nicht einmal halb so hoch wie in der Eurozone oder den USA - und der starke Franken wird auch künftig verhindern, dass die sehr hohen Teuerungsraten aus dem Ausland hierher importiert werden. Die SNB wird die Leitzinsen daher bei Weitem nicht so massiv anheben, wie es die Fed in den USA gerade tut.

In der Eurozone haben sich die Finanzierungskosten seit Anfang dieses Jahres verdreifacht ...

Für die Schweiz erwarten wir in unserem Business-Plan einen deutlich geringeren Anstieg. Wir gehen für die kommenden acht Jahre von einem durchschnittlichen Zinssatz bei Immobilienfinanzierungen von 1,5 Prozent aus. Die Inflation wird aufgrund der Interventionen der Notenbanken nicht von Dauer sein. Die Finanzierungskosten werden in der Schweiz noch ein wenig steigen, sich dann aber stabilisieren oder sogar ein Stück weit wieder zurückgehen. Die Zinskosten werden damit auf einem Niveau bleiben, das für Immobilienunternehmen tragbar ist.

«Da unser Portfolio zu 50 Prozent aus Wohnliegenschaften besteht und auch künftig bestehen soll, sehen wir uns auch für Krisen gut aufgestellt.»

Marc Pointet, CEO Ina Invest

Die globale Konjunkturabschwächung dürfte den Schweizer Immobilienmarkt jedoch kaum unbeeinflusst lassen ...

Das ist richtig. Kein nationaler Immobilienmarkt kann sich der weltweiten Wirtschaftslage entziehen. Der Blick in die Historie zeigt jedoch, dass Krisen immer im - für Immobilienunternehmen - eher positiven Sinne für Druck auf den Schweizer Markt gesorgt haben. Mehr Menschen drängen in solchen Zeiten in die wirtschaftlich stabile Schweiz. Das treibt die Nachfrage nach Wohnraum. Gleichzeitig suchen ausländische Investoren die Sicherheit des Schweizer Frankens und tätigen dazu hier auch Immobilienkäufe. Da unser Portfolio zu 50 Prozent aus Wohnliegenschaften besteht und auch künftig bestehen soll, sehen wir uns auch für Krisen gut aufgestellt.

Kommerzielle Immobilien in der Schweiz dürften sich einer globalen Rezession indes nicht entziehen können.

Ein negativer Einfluss auf kommerzielle Flächen ist unbestreitbar. Allerdings hat dieser unterschiedliche Auswirkungen auf unterschiedliche Sektoren. Shoppingcenter und High-Street-Retail-Liegenschaften sind einer weltweiten Konjunkturabschwächung stärker ausgesetzt, auch weil der starke Franken manche ausländische Touristen fernhalten wird. Fachmarktzentren mit Geschäften des täglichen Bedarfs werden hingegen kaum getroffen werden. Und der Büromarkt in einigen Standorten der Schweiz wird sogar profitieren.

Das müssen Sie genauer erklären.

Der ohnehin starke Trend zur Digitalisierung wird nun nochmals verstärkt. Unternehmen müssen im Wirtschaftsabschwung ihre Kosten senken. Dazu benötigen sie modernste IT-Technologien. Um die Nachfrage zu befriedigen, erweitern ausländische Hightech-Unternehmen wie Amazon, Google, Microsoft oder Oracle jetzt in der Schweiz massiv ihre Niederlassungen. Sie finden hier hoch qualifizierte Young Professionals aufgrund des extrem hohen Bildungsniveaus der Schweizer Universitäten, die zudem mit eigenen Forschungsund Entwicklungsprojekten wesentliche Grundlagen für die Digitalisierung der Wirtschaft schaffen. Auch fällt es den IT-Unternehmen leicht, ausländische Mitarbeitende für einen Umzug in die Schweiz zu gewinnen, da es hier eine hohe Wohn- und Lebensqualität gibt und ein hervorragendes Bildungsangebot
für deren Kinder.

Sie sagten, der Büromarkt in einigen Standorten der Schweiz werde von der Flächennachfrage internationaler Unternehmen profitieren. Welche Städte sind dies?

Ganz klar Zürich, wo bereits jetzt viele IT-Unternehmen Niederlassungen haben und diese erweitern. Dazu Lausanne, wo internationale Grössen wie Philip Morris und Logitech, namhafte Schweizer Unternehmen wie Nestlé und Tetra Pak und natürlich die Weltsportverbände als konjunkturunabhängige Nachfrager dominieren. Basel zählt
ebenfalls dazu. Neben der starken Chemie-und Pharmaindustrie sorgen dort auch Maschinenbau, Metallveredelung, Nahrungs- und Genussmittelproduktion für eine stabile Flächennachfrage. Und schliesslich Zug. Die tiefen Steuersätze dort haben bereits viele internationale Unternehmen angezogen, darunter Glencore, Unilever und Wintershall DEA.

Das sind Kantone, in denen Ina Invest bereits jetzt aktiv ist. Werden Sie dort in den kommenden Jahren auch investieren?

Wir werden vom Bodensee bis zum Genfersee an allen Topstandorten gut aufgestellt sein, an Orten, die sich in den nächsten 20 Jahren komplett auf eine nachhaltige Zukunft hin transformieren oder weiterentwickeln werden. Wir wollen diesen Prozess begleiten und dabei das nachhaltigste Immobilienportfolio der Schweiz aufbauen. Mit dem «Rocket » in Winterthur bei Zürich halten wir bereits das höchste in Planung befindliche Wohngebäude aus Holz im Portfolio. In Zug werden wir ein extrem nachhaltiges Bürogebäude schaffen, dessen Flächen bei ausländischen Unternehmen begehrt sein werden, die damit ihren eigenen Nachhaltigkeitsanspruch untermauern können.

Konkret gefragt: Wie sehen Ihre Wachstumspläne aus?

Das heutige Entwicklungsportfolio hat einen Marktwert nach Vollendung von 2,5 Milliarden Franken. Bis 2030 wollen wir ein Portfolio im Wert von total drei Milliarden Franken schaffen. Zwei Drittel davon, zwei Milliarden Franken, wird davon das fertiggestellte Bestandsportfolio ausmachen, das wir langfristig halten werden. Ein Drittel, eine Milliarde Franken, wird aus Entwicklungsprojekten bestehen. Das Prinzip zwei Drittel zu einem Drittel wollen wir dann beibehalten.

Ohne Kapitalerhöhungen dürfte das kaum zu stemmen sein ...

Den Fremdkapitalanteil werden wir von aktuell 40 auf bis zu 50 Prozent, aber nicht darüber, anheben. Bei dem von uns erwarteten Anstieg der Zinskosten auf 1,5 Prozent ist das von der Tragfähigkeit her kein Problem. Und ja, es wird Kapitalerhöhungen geben. Die erste in den nächsten ein bis zwei Jahren, weitere in den darauffolgenden Jahren.

Die Aktionäre müssen sich somit auf eine Verwässerung ihrer Anteile einstellen?

Das wäre dann der Fall, wenn sie bei den Kapitalerhöhungen nicht mitziehen. Doch ich gehe davon aus, dass die grosse Mehrheit von ihnen dabei sein wird. Wir bieten schliesslich eine grosse Wachstumsstory am Schweizer Immobilienmarkt in nachhaltigen Assets.

Auch Implenia, die Ina Invest durch den Spin-off ihres Entwicklungsportfolios vor zwei Jahren an die Börse gebracht hat und die 42,5 Prozent der Anteile hält?

Ich kann nicht für Implenia sprechen, bin jedoch guten Mutes, dass sie bei den Kapitalerhöhungen mitgehen wird.

Bislang hat Ina Invest keine Dividenden gezahlt. Nach dem guten Halbjahresergebnis stellt sich für die Aktionäre vielleicht die Frage, ab wann sie am Erfolg beteiligt werden?

Wir hatten beim Börsengang gesagt, dass Ina Invest bis 2023 keine Dividende zahlen wird, um schnell ein solides, nachhaltiges Portfolio aufzubauen. Wir haben die eigenen Zielsetzungen übertroffen und werden nun Ende Jahr mit dem Verwaltungsrat das Thema Dividendenausschüttung neu diskutieren.

Interview: Richard Haimann, Immobilien Business 10/2022

  • 25.10.2022Immobilien Business 10/2022: «Wir werden die Dividendenausschüttung neu diskutieren», Interview des Monats mit Marc Pointet, CEO Ina Invest
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Ina Invest Holding AG published this content on 25 October 2022 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 25 October 2022 14:13:09 UTC.