Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2023

April 2024

Zusammengefasster Konzernlagebericht für das

Geschäftsjahr 2023 Kurt-Schumacher-Straße 24 53113 Bonn

T +49 (0)228 33 60 72 39

F +49 (0)228 31 00 71

www.infas-holding.deinfo@infas-holding.de

Sitz der Gesellschaft: 53113 Bonn

Vorstand der Gesellschaft:

Dipl.-Soz. Menno Smid (CEO)

Dr. Isabell Nehmeyer-Srocke (CFO)

Vorsitzender des Aufsichtsrats:

Dr. Oliver Krauß

Amtsgericht Bonn

HRB 17379

USt.-Ident.-Nr. DE 155601174

St.Nr. 205/5725/1339

ISIN: DE0006097108

WKN: 609710

Notiert: Geregelter Markt (General

Standard) in Frankfurt am Main

In den Berechnungen kann es durch mathematische Rundungen zu geringfügigen Abweichungen kommen, weil in den meisten Tabellen die Werte in T€ angegeben werden.

Grundlagen des Konzerns

Geschäftsmodell des Konzerns

Der infas Konzern besteht zum 31.12.2023 aus der Muttergesellschaft infas Holding Aktiengesellschaft (auch: infas Holding AG, Holding) sowie folgenden, in den Konsolidierungskreis einbezogenen Gesellschaften:

Gesellschaft

Beteiligungsquote

infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH, Bonn

100 %

CATI-LAB GmbH, Bonn

100 %

infas 360 GmbH, Bonn

100 %

infas quo GmbH, Nürnberg

100 %

BNS - Business Network Solutions GmbH, Bonn

33,33 %

Die infas Holding AG als Konzernmuttergesellschaft ist eine reine Holding ohne eigenes operatives Geschäft. Sie erzielt keine Umsatzerlöse mit Dritten, sondern realisiert ausschließlich Konzernumlagen. Die Aktien der infas Holding AG sind im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen. Gesteuert wird der Konzern durch den Vorstand der infas Holding AG.

Der Konzern ist mit seinen Tochtergesellschaften in der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung sowie in angrenzenden Bereichen tätig. Die Tochtergesellschaf- ten erzielen von ihren Standorten Bonn, Nürnberg und Luxemburg aus ihren Um- satz i. W. in Deutschland.

Die Tochtergesellschaft infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH (auch: infas Institut, Institut) ist eine unabhängige Forschungs-GmbH,die For- schungs- und Beratungsleistungen für die Wissenschaft, die Politik einschließlich ihrer Verwaltungen, Unternehmen aller Branchen sowie die EU erbringt.

Die CATI-LABGmbH (auch: CATI-LAB) führt telefonische Befragungen zu wirt- schaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Themen durch. Die Abkürzung CATI steht für Computer Assisted Telephone Interview, also für computerge- stützte telefonische Befragungen, die für bevölkerungsrepräsentative Studien als ein verlässlicher Erhebungsweg gelten.

Die infas 360 GmbH (auch: infas 360) betreibt eine innovative, datengetriebene Marketingforschung, die auf eine Regionalisierung und Lokalisierung von Ziel- gruppen und Potenzialen ausgerichtet ist. Vor diesem Hintergrund berät die infas 360 Wirtschaft und Wissenschaft zur Nutzung aller verfügbaren Daten und Ana- lysen, um bessere strategische Entscheidungen treffen sowie operative Planun- gen und Maßnahmen optimieren zu können. Basis der Beratung ist die fortlau- fende Sammlung und Kombination unterschiedlicher Datenquellen, die täglich

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aktualisiert und aufbereitet werden. Dabei hat sich infas 360 darauf spezialisiert, gesellschaftliches wie ökonomisches Handeln in seiner räumlichen und zeitli- chen Dimension zu analysieren und zu visualisieren. Hierbei stellt die Gesell- schaft ihren Kundinnen und Kunden IT-Tools zur Verfügung, mit denen die Infor- mationen grafisch abgebildet und analysiert werden können (z. B. easymap). Im Geschäftsjahr wurde die infas LT GmbH (auch: infas LT) mit der infas 360 ver- schmolzen. Die Verschmelzung wurde am 25.10.2023 ins Handelsregister einge- tragen und zum 01.01.2023 vollzogen.

Die infas quo GmbH (auch: infas quo) ist im Bereich der digitalen Marktforschung aktiv, schwerpunktmäßig für die Finanzbranche. Sie arbeitet mit dem selbst be- triebenen Online-Panel quo PEOPLE, das kontinuierlich ausgebaut wird. Damit kann die Gesellschaft auch weitere Bereiche der Marktforschung mit einem inno- vativen Ansatz abdecken.

Ziele und Strategien

Der infas Konzern sieht sein Geschäftsfeld in der Markt-, Meinungs- und Sozial- forschung sowie angrenzenden Bereichen. Dabei ist es der Anspruch, als Dienst- leistungsunternehmen valide Informationen für den Erkenntnisfortschritt, den gesellschaftlichen Diskurs und als Basis für Entscheidungen in Wissenschaft, Po- litik und Wirtschaft zu liefern. Dazu werden komplexe Primärdaten erhoben so- wie allgemein zugängliche Sekundärdaten beschafft und systematisiert, die dann lösungsorientiert für die Überprüfung relevanter Hypothesen je nach Problem- stellung zusammengeführt werden können. Der Zweck des Konzerns, neuerdings auch "purpose" genannt, ist es, einen Beitrag zu einem evidenzbasierten Diskurs, zur Lösung gesellschaftlicher Probleme sowie von Problemen der Wirtschaft zu leisten. In diesem Sinne ist der infas Konzern eine "evidence-making company".

Der infas Konzern ist durch das infas Institut schon seit Jahren mit Großprojekten zu wesentlichen Ausprägungen der sozialen Entwicklung Deutschlands sehr prä- sent. Besonders in der Bildungs- und Arbeitsmarktforschung, in der Familien- und Seniorenforschung, der Forschung zur Ungleichheit in der Gesellschaft, Forschung zur Gesundheitsvorsorge, Kriminalitätsforschung, Innovationsforschung und Mobilitätsforschung prägen die Ergebnisse der vom infas Institut durchgeführten Projekte den gesellschaftlichen Diskurs, sofern dieser evidenzbasiert stattfindet. Die Ergebnisse gehen teilweise auch in die Gesetzgebung ein. Viele der Projekte ergänzen die amtliche Statistik und liefern eine Datenbasis für die wissenschaft- liche Grundlagenforschung. Der Kern des Geschäftsfelds besteht darin, nach neu- esten methodischen Erfordernissen generierte, aktuelle Forschungsdaten für Wis- senschaft und Politik bereitzustellen, damit evidenzbasierte Entscheidungen ge- troffen werden können und ein faktenbasierter gesellschaftlicher Diskurs über die aktuelle und die zukünftige Entwicklung unserer Gesellschaft geführt werden kann. Dies gilt ebenfalls für die anderen Tochtergesellschaften, wenn auch hier eher fokussiert auf Unternehmen und deren Probleme sowie die Wirtschaft ins- gesamt.

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Die Markt-, Meinungs- und Sozialforschung ist schon seit Längerem einem struk- turellen Änderungsprozess unterworfen. Neue Möglichkeiten der Datenerhebung mittels digitaler Technologien sowie die Unterstützung der Befragungen durch künstliche Intelligenz (KI), aber auch die Verfügbarkeit umfassender prozesspro- duzierter Daten, die u. a. bei der Nutzung sozialer Medien, Smartphones oder so- genannter Wearables anfallen, bergen ein enormes Potenzial. So lassen sich bspw. räumliche Mobilitätsmuster und soziale Kontexte mittels georeferenzierter Daten in bisher nicht gekanntem Ausmaß ohne Befragungen messen. Daher erscheint es nicht übertrieben, von einer digitalen Revolution in der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung zu sprechen. Gleichzeitig führen persönliche Befragungen immer noch zu den verlässlichsten Daten. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Auftraggeberinnen und Auftraggeber großer Sozialforschungsprojekte nach wie vor die persönliche Befragung - face-to-face oder telefonisch - verlangen. Diese wird zunehmend durch KI unterstützt, sodass auch diese Befragungsform von der Digitalisierung profitiert.

Die Digitalisierung der Datenerhebung in der Branche lässt sich anschaulich an der stetig wachsenden Zahl der Onlinebefragungen erkennen. Etwa 64 % der ca. 21,5 Millionen im Jahr 2022 realisierten quantitativen Interviews der Institute, die im ADM e.V.1 organisiert sind, wurden online erhoben (Vorjahr 57 %).2 Damit ist online mittlerweile die häufigste Erhebungsart, telefonische Interviews sind mit 14 % vertreten und Face-to-Face-Interviews mit 12 %. Auch bei qualitativen Interviews hat die Arbeit mit digitalen Medien eine große Bedeutung, denn 2022 wurden 40 % in Online-Fokusgruppen durchgeführt (Vorjahr 41 %).3

Weiter hält der Trend an, dass Kundinnen und Kunden, insbesondere in der Marktforschung, zunehmend schnellere Einsichten in die Entwicklung ihrer Märkte erhalten wollen, ohne gezwungen zu sein, jeweils recht komplizierte und zeitraubende Ansätze zu beauftragen, deren Ergebnisse möglicherweise gar nicht mehr aktuell sind, wenn sie vorliegen. Hier positioniert sich infas quo mit dem Ansatz einer agilen Marktforschung, die Schnelligkeit und nachvollziehbare Evi- denz miteinander verbindet.

Ein weiteres Thema für die Marktforschung, aber auch für die Sozialforschung der Zukunft ist "Big Data". Dazu verzahnt infas 360 verschiedene Daten- und Analy- sedisziplinen aus Customer-Relationship-Management (CRM) und Geomarketing. infas 360 verfolgt so eine völlig neue Art der Informationsaufbereitung und -ge- winnung von Raum- und Bewegungsdaten (Geo Data), Kunden- und Unterneh- mensdaten (Customer Data) sowie Markt- und Befragungsdaten (Survey Data).

  1. Der Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.V. (ADM) ist der wichtigste Wirtschaftsverband der Branche. Die in diesem Verband organisierten Institute erwirtschaften ca. 90 % des Branchenumsatzes.
  2. "Online" heißt, dass spezialisierte Unternehmen in großer Anzahl Personen, i. d. R. über Plattformen jedweder Art rek- rutieren, die gegen Entgelt bereit sind, Fragebögen digital auszufüllen. Für die sogenannten Befragten lohnt es sich finan- ziell erst, wenn sie an möglichst vielen Befragungen teilnehmen. In der Regel sind die Stichproben daher selektiv und eignen sich nicht zur Beantwortung mancher wichtiger Fragestellungen.
  3. Vgl. https://www.adm-ev.de/die-branche/mafo-zahlen/.

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Mittels Data Science gelingt es infas 360, Datenlücken zu schließen, wodurch die Kundinnen und Kunden einen 360-Grad-Rundumblick auf ihre Märkte für ge- zielte strategische und operative Marketingaktivitäten erhalten. Für die For- schung eröffnet die Verknüpfung von Befragungs- und mikrogeografischen Da- ten und Analysen neue Möglichkeiten.

In den von uns adressierten Märkten der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung wollen wir Spitzenpositionen erreichen und konzentrieren uns auf attraktive und langfristig wachsende Nischenmärkte, in denen wir stärker als der Marktdurch- schnitt zu wachsen gedenken. Das Unternehmen soll für bestimmte wichtige Zu- kunftsfragen von Wirtschaft und Gesellschaft zu einer wirklichen Alternative zu den etablierten Anbieterinnen und Anbietern werden.

Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der infas Gruppe, auf Basis einer exzellen- ten Dienstleistung und höchster Qualitätsmaßstäbe in einer immer unübersicht- licheren Welt der präferierte Partner für die Markt-, Meinungs- und Sozialfor- schung zu sein, die sich um gesicherte, evidenzbasierte Aussagen bemüht. Dieses Ziel verfolgt der infas Konzern mit hoher Kompetenz und Akribie.

Steuerungssystem

Als wichtigste betriebswirtschaftliche Steuerungsgrößen verwendet der Konzern den Umsatz sowie das operative Ergebnis. Das operative Ergebnis ist das Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit vor Zinsen und Steuern (EBIT) sowie hieraus abgeleitet die Umsatzrendite bzw. EBIT-Marge (EBIT im Verhältnis zu den Umsatz- erlösen).

Diese zentralen Kenngrößen werden regelmäßig und vollumfänglich von allen Tochtergesellschaften und der Holding erstellt und mit Planzahlen abgeglichen. Bei allen Gesellschaften erfolgt die Aufstellung monatlich. Durch die Optimierung der internen Steuerungssysteme kann ab einem bestimmten Punkt das Ergebnis eines Projekts gemäß IFRS 15 zuverlässig geschätzt werden. Auf dieser Grundlage werden die Umsatzerlöse der laufenden Projekte, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen, nach der zeitraumbezogenen Methode nach IFRS 15 erfasst.

Darüber hinaus wird in allen Tochtergesellschaften die Performanz der Akquisiti- onen anhand von Kennzahlen wie Angebotsvolumen und Auftragsbestand für das aktuelle Geschäftsjahr regelmäßig in Relation zum geplanten Jahresumsatz verfolgt, dargestellt und bewertet. Dies gilt ebenso für die Entwicklung der Liqui- dität der Gesellschaften.

Forschung und Entwicklung

Der infas Konzern erbringt wissensintensive Dienstleistungen im Bereich der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung sowie in angrenzenden Bereichen und gehört somit nicht zur forschungsintensiven Industrie. Vielmehr haben wir den Vorteil, dass viele Kundinnen und Kunden Aufträge an die Markt-, Meinungs- und Sozialforschung vergeben, weil sie selbst nach Innovationen suchen, für die sie

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eine solide Datenbasis benötigen. Somit fordert fast jedes Projekt der infas Gesell- schaften die Kreativität und Innovationsfähigkeit der meist wissenschaftlich ge- prägten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heraus, was grundsätzlich zu einem hohen Innovationsgrad im Konzern führt.

Darüber hinaus engagiert sich der Konzern in verschiedenen internen Projekten, um methodisch und thematisch ein Vorreiter in der Branche zu sein. Systematisch werden Wettbewerbsanalysen betrieben, technische Tools für die verschiedenen Prozessschritte und für die Messung bei Befragungen gesucht und erprobt sowie Potenziale von Kundengruppen beurteilt, um den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden gerecht zu werden bzw. Angebote optimal auf sie zuschneiden zu können. Zudem hat der infas Konzern, unter Beteiligung aller Tochtergesellschaf- ten, 2023 einen Strategieprozess durchlaufen, durch den weitere Innovations- und Wachstumsfelder identifiziert wurden.

Vor diesem Hintergrund lassen sich die Felder, in denen Innovationen mit mittel- fristiger Laufzeit im Konzern stattfinden werden, wie folgt zusammenfassen: Zu- nächst gilt es, die Digitalisierung der Befragungen weiter auszubauen und digi- tale Möglichkeiten der Datenerhebung in das Set der angebotenen Befragungsfor- men so zu integrieren, dass sie als valide und kostengünstige Varianten auch in wissenschaftlichen Erhebungen genutzt und dort nicht wie bisher nur isoliert und hilfsweise angewendet werden. Zukünftig werden Befragte grundsätzlich in allen Befragungsformen teilnehmen können und nicht nur in dem von den Forschen- den oder dem Diktat der Kostenstruktur bevorzugten Format. Die Befragungsme- thode kann dann von den Befragten selbst je nach aktueller Situation und indivi- dueller Präferenz ausgewählt werden. Dies wirft eine Fülle stichprobentheoreti- scher Fragen auf, die gelöst werden müssen, stellt aber auch neue Anforderungen an die Umsetzung von Projekten und somit an neue, digitalisierte Formen ihrer Steuerung. Hierzu wurden bereits umfassende Erfahrungen gesammelt, die in ein automatisiertes Case Management einfließen werden.

Ein weiteres Innovationsfeld des Konzerns besteht in der inhaltlichen und metho- dischen Kompatibilisierung und Zusammenführung von Zufallsstichproben mit grundsätzlich nicht probabilistischen Stichproben, damit Erhebungsfehler redu- ziert werden können. Hierzu hat das infas Institut in den letzten Jahren intensiv geforscht, um die methodischen und statistischen Aspekte zu klären sowie eine effiziente Umsetzung zu erreichen. Seit Anfang 2023 liegt hierzu eine Strategie vor, die durch ein konsequentes Vorantreiben eines internen Projekts bis Ende 2024 umgesetzt werden soll.

Des Weiteren wurden im Rahmen des Strategieprozesses in allen Tochtergesell- schaften konkrete Zukunftsmärkte bzw. -themen identifiziert, deren Entwicklung in der 5-Jahres-Planung der Gesellschaften verankert wurde. Diese Themen nut- zen die eigenen Stärken der bisherigen Geschäftstätigkeiten und bauen systema- tisch darauf auf: zum einen durch die Entwicklung neuer Methoden, Verfahren und Technologien und zum anderen durch neue thematische Forschungsfelder.

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Wirtschaftsbericht

Gesamt- und branchenwirtschaftliche Rahmenbedingungen

Im Jahr 2023 setzten sich die bereits bekannten Krisen fort. Die Tatsache, dass sich Anfang 2023 der Angriffskrieg gegen die Ukraine jährte und somit kein kurzzeiti- ges Ereignis war, ließ von Beginn an erkennen, dass 2023 ein schwieriges Jahr werden würde. Geopolitische Unsicherheiten, Beeinträchtigungen der Lieferket- ten, Inflation und Zinserhöhungen sowie der Fachkräftemangel waren weiterhin prägende Themen mit negativen Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, was sich wiederum auch auf die Branche der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung und somit auch auf den infas Konzern auswirken kann.

Konkret entwickelte sich die Wirtschaft in Deutschland schlechter als erwartet. Das ifo Institut konstatierte für 2023 ein Bruttoinlandsprodukt i. H. v. -0,3 % und lag damit noch unter der ursprünglich schon schlechten Prognose von -0,1 %. Als Ursachen führt das ifo Institut die sinkende Auftragslage in allen Wirtschaftsbe- reichen, einen geringen Auftragsbestand, hohen Krankenstand sowie andau- ernde Streiks an und spricht davon, dass die deutsche Wirtschaft "wie gelähmt" sei. Erst 2025 wird mit einer Erholung gerechnet. So schätzt das ifo Institut für 2024 einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr i. H. v. 0,2 % und für 2025 von 1,5 %. Diese weiterhin schwachen Aussichten werden sich auch auf marktbestimmte Dienstleistungen auswirken, was die Branche der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung betrifft. Die Inflation fiel mit 5,9 % etwas niedriger aus als ursprünglich gedacht. Sie soll sich 2024 und 2025 auf 2,3 % und danach auf 1,6 % abschwächen. Hierzu passt, dass der Trend steigender Zinsen seit Ende 2023 gestoppt zu sein scheint. Die Arbeitslosenquote bleibt weiter unter 6 % und somit niedrig. Das ist einerseits positiv, weil die Staatskassen nicht zu- sätzlich belastet werden, andererseits lässt dies einen anhaltenden Fachkräfte- mangel vermuten.4

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung spiegelte sich in der Stimmung der Branche der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung. Gemäß der letzten halbjährli- chen Mitgliederbefragung des Arbeitskreises Deutscher Markt- und Sozialfor- schungsinstitute e.V. (ADM) im Dezember 2023 rechnen nur 24 % der ADM-Institute mit einer besseren Auftragslage im nächsten halben Jahr. Das ist seit 2008 der schlechteste Wert und übertrifft damit sogar die Negativeinschätzung wäh- rend der Corona-Pandemie. 11 % der ADM-Institute gehen sogar von einer schlechteren Auftragslage im nächsten halben Jahr aus. Dieser Wert hat sich ge- genüber Juni 2023 (2 %) deutlich erhöht, was einmal mehr unterstreicht, dass sich die Branche nach wie vor in einer schwierigen Lage befindet.

4 Vgl. ifo Konjunkturprognose Frühjahr 2024 vom 06.03.2024, https://www.ifo.de/fakten/2024-03-06/ifo-konjunktur-prognose-fruehjahr-2024-deutsche-wirtschaft-wie-gelaehmt.

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Der infas Konzern zeigt sich in diesen Zeiten weiterhin robust. Es gelingt hervor- ragend, in dem hart umkämpften Markt die eigenen Geschäftsanteile zu verteidi- gen und sogar zu wachsen. Allerdings haben Fachkräftemangel und Kostenstei- gerungen negative Folgen, wodurch 2024 einige Anpassungen erforderlich wer- den.

Geschäftsverlauf

Die zuvor beschriebenen Entwicklungen wirkten sich 2023 vielfältig aus. Insge- samt konnte der Umsatz um 20,1 % auf 50.630 T€ gesteigert werden. Das EBIT be- trug 185 T€ nach 3.913 T€ im Vorjahr, was eine Umsatzrentabilität von 0,4 % (Vor- jahr +9,3 %) bedeutet.

Dieses Ergebnis wurde konzernweit im Jahresdurchschnitt 2023 mit 456 Beschäf- tigten5 erreicht (Vorjahr 320 Beschäftigte).

Der Beitrag der einzelnen Segmente zum Konzernergebnis stellt sich wie folgt dar:

Geschäftsentwicklung infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft

Das infas Institut erwirtschaftete einen Gesamtumsatz i. H. v. 45.308 T€, was ei- nem Wachstum gegenüber dem Vorjahr von 24,0 % entspricht. Das EBIT lag bei 1.940 T€ (Vorjahr 4.848 T€), sodass eine Umsatzrendite i. H. v. 4,3 % erzielt wurde. Das Wachstum ist in dem aktuellen Marktumfeld, das stark durch die geopoliti- schen Unsicherheiten und die Rezession in Deutschland gekennzeichnet ist, her- vorragend. Das vergleichsweise geringe EBIT hat verschiedene Ursachen: Das starke Wachstum der letzten Jahre sowie der Fachkräftemangel, der sich aktuell vor allem in der Rekrutierung der Interviewerinnen und Interviewer zeigt, führ- ten zu Kapazitätsengpässen. Zusammen mit einigen Kostensteigerungen vor al- lem bei dem Materialaufwand, den Personalkosten und den Abschreibungen wird so das EBIT belastet. Da das offene Auftragsvolumen mit rd. 98 Mio. € nach wie vor erfreulich hoch ist, bleibt diese Herausforderung auch 2024 bestehen.

Im infas Institut ist der Bereich Sozialforschung der größte Umsatzträger. Dies gilt auch mit Blick auf das Ergebnis des Instituts. Ungefähr 86 % des Institutsum- satzes sind mit Projekten der Sozialforschung realisiert worden. 2023 wurden, wie im Jahr zuvor, vor allem Großprojekte aus der Bildungs- und Arbeitsmarktfor- schung, der Familien- und Seniorenforschung sowie der Innovationsforschung bearbeitet. Insgesamt ist das Institut in folgenden Fachbereichen der Sozialfor- schung tätig:

  • Bildung und interkulturelle Kompetenzen,
  • Wirtschaft, Arbeit und Innovation,
  • Ungleichheit und Partizipation,

5 Die Anzahl der Beschäftigten ist an dieser Stelle mit der Anzahl der im Unternehmen tätigen Personen gleichzusetzen, unabhängig vom Umfang ihrer Tätigkeit. Die Umrechnung auf Vollzeitäquivalente (FTE) wird in der Segmentberichter- stattung im Anhang ausgewiesen.

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  • Familien, Haushalte und Ressourcen,
  • Gesundheit und Versorgung,
  • Sozio-oekonomischesPanel (SOEP).

Im Bereich Regional- und Verkehrsforschung ist das Institut hingegen vornehm- lich mit hoch spezialisierten Fragestellungen der Mobilitäts- und regionalen Ent- wicklung befasst. Das viel diskutierte Mobilitätsverhalten der Bevölkerung sowie die Konsequenzen aus den epochalen Umbrüchen der Automobilindustrie stehen im Zentrum der Arbeiten in diesem Bereich. Dazu zählen natürlich auch Projekte zur sogenannten Verkehrswende. Darüber hinaus beginnt dieser Forschungsbe- reich auch, das Themenfeld Umwelt und Verbraucher zu erschließen und kon- zentriert sich hier zunächst auf Forschungsfragen rund um die sogenannte Ener- giewende. Dieser Bereich erwirtschaftete einen Anteil von ungefähr 14 % am Um- satz des Instituts.

Geschäftsentwicklung CATI-LAB

Die CATI-LAB GmbH bietet den wichtigen Bereich der telefonischen Befragung als Dienstleistung an. Im Jahr 2023 erwirtschaftete die CATI-LAB einen ausschließlich internen Umsatz i. H. v. 4.658 T€ (Vorjahr 1.902 T€) mit einem leicht positiven E- BIT von 77 T€ (Vorjahr 52 T€).

Geschäftsentwicklung infas 360

Die infas 360 GmbH erwirtschaftete einen Gesamtumsatz i. H. v. 2.754 T€, und da- mit 2,3 % mehr als im Vorjahr. Der Außenumsatz ist mit 2.469 T€ sogar um 11,1 % gewachsen. Das EBIT lag bei -378 T€ (Vorjahr 1 T€). Diese Verschlechterung ist i. W. auf die schwierige Marktlage in der Wirtschaft und die angespannte Perso- nalsituation am Arbeitsmarkt zurückzuführen.

Geschäftsentwicklung infas LT

infas LT erwirtschaftete einen Gesamtumsatz i. H. v. 2.257 T€, was ziemlich genau dem Vorjahreswert entspricht. Das EBIT lag bei 305 T€ (Vorjahr 135 T€), sodass eine Umsatzrendite i. H. v. 13,5 % erzielt wurde. Die erfreuliche Umsatzrendite verweist auf den Erfolg in der Produkt- und Preisstrategie, wodurch der Kunden- wert gesteigert werden konnte. Die Seitwärtsentwicklung im Umsatz zeigt, dass es der Gesellschaft noch nicht gelungen ist, Synergien mit infas 360 zu heben. Zum 01.01.2023 wurde die infas LT auf die infas 360 verschmolzen. In der konso- lidierten Sicht der beiden Gesellschaften erwirtschaften sie 2023 einen Gesam- tumsatz i. H. v. 5.013 T€ sowie ein EBIT von -74 T€.

Geschäftsentwicklung infas quo

infas quo erwirtschaftete einen Umsatz i. H. v. 1.510 T€ und damit 11,8 % weniger als im Vorjahr. Das EBIT lag bei -46 T€ (Vorjahr 48 T€), was einer negativen Um- satzrendite i. H. v. 3,0 % entspricht. Hieran wird deutlich, wie umkämpft der Sek- tor der Marktforschung ist. infas quo hat deshalb den Strategieprozess der infas

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infas Holding AG published this content on 26 April 2024 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 26 April 2024 14:25:10 UTC.