(neu: Aussagen aus Analysten- und Pressecall, Aktienkurs aktualisiert.)

NEUBIBERG (dpa-AFX) - Der Chiphersteller Infineon hat trotz rund laufender Geschäfte mit dem Gegenwind vom stärkeren Euro zu kämpfen. Weil die Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar zuletzt deutlich zugelegt hat, kommt in der Umrechnung der weltweit vor allem in Dollar gehandelten Halbleiter weniger beim Dax -Unternehmen in Neubiberg an. Konzern-Chef Reinhard Ploss musste daher am Mittwoch die Erwartungen an die Entwicklung im Geschäftsjahr 2017/18 (Ende September) kappen.

Eigentlich lief es im traditionell eher schwächeren ersten Geschäftsquartal noch ganz gut: Der Umsatz gab wie vom Unternehmen erwartet im Vergleich mit dem Vorquartal um rund 2 Prozent nach, das operative Ergebnis fiel mit 283 Millionen Euro sogar deutlich besser aus als vom Management und Analysten erwartet. Doch der zuletzt bis auf rund 1,25 Dollar gestiegene Euro bläst den Bayern von vorn ins Gesicht.

Weil sich die Abwertung der US-Währung auf mehr als die Hälfte des Umsatzes bei Infineon auswirke, könne das Unternehmen das nicht mehr kompensieren, sagte Ploss. Eine längerfristige Absicherung von Dollar-Wechselkursrisiken betreibt das Unternehmen nach Angaben von Finanzchef Dominik Asam nicht, weil man damit in der Vergangenheit schlecht gefahren sei.

Im Geschäftsjahr rechnet das Unternehmen nun nur noch mit einem Umsatzplus zwischen 3 und 7 Prozent nach zuvor 7 bis 11 Prozent. Auch bei der Rendite geht Asam nun von etwas weniger aus. Die Aktie fiel am Mittag um rund 3 Prozent.

Commerzbank-Analyst Thomas Becker sah im gesenkten Ausblick keine Nachfrageschwäche. Das Autogeschäft habe im ersten Quartal besser abgeschnitten als gedacht und damit die etwas schwächeren Sparten für Industrie- und Sicherheitschips ausgeglichen. Händler verwiesen aber darauf, dass die Markterwartungen an das operative Ergebnis im Gesamtjahr nun deutlich zurückgehen dürften.

Infineon profitiert bei Chips für die Autoindustrie davon, dass in modernen Autos immer mehr Elektronik und Sensoren verbaut sind. Der Spartenerlös legte im Quartalsvergleich - gegen den sonst zum Jahresende üblichen Trend - sogar um 5 Prozent zu. "Der Markt für Elektromobilität bleibt ein Wachstumstreiber", sagte Ploss. Das Geschäft soll auch weiter stärker zulegen als der Gesamtkonzern.

Auch die gute gesamtwirtschaftliche Lage halte Infineon im Tagesgeschäft auf Kurs. "Das führt zu einer sehr hohen Nachfrage bei Leistungsbauelementen für unterschiedliche Anwendungen, etwa Solaranlagen, besonders in China, und beispielsweise Rechenzentren", so der Infineon-Chef. Im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum konnte Infineon in fast allen Sparten zulegen, eine Ausnahme bildeten die Kreditkarten- und Sicherheitschips.

Unter dem Strich verdiente der Halbleiterkonzern wegen geringerer Steuern im ersten Quartal mit 205 Millionen Euro 16 Prozent mehr als im Jahresviertel zuvor. Die US-Steuerreform, die bei vielen Unternehmen für deutliche Sondererträge oder -belastungen gesorgt hatte, hatte bei Infineon mit 5 Millionen Euro nur einen geringen positiven Effekt auf den Gewinn.

Finanzchef Asam erwartet aus der Reform, mit der US-Präsident Donald Trump über niedrigere Unternehmenssteuersätze Jobs ins Land zurückholen will, zwar leicht positive Auswirkungen. Für die US-Rivalen sei der Effekt aber viel größer, insofern freue man sich nicht darüber. Im Gegenteil: Das neue Gesetz bevorzuge US-Unternehmen und verzerre so den Wettbewerb.

Dank der Dollar-Abwertung könnten in der Chipindustrie mögliche Zukäufe, über die immer wieder spekuliert wurde, in den USA nun günstiger werden. Asam verwies aber darauf, dass einem niedrigeren Kaufpreis dann auch entsprechend niedrigere Erträge und Zahlungsflüsse in Euro gegenüberstehen würden.

Für das laufende zweite Quartal schätzt das Management um Chef Reinhard Ploss den Umsatzzuwachs auf 2 bis 6 Prozent, in der Mitte der Prognosespanne soll die operative Marge rund 16 Prozent erreichen und damit auf dem Niveau aus dem Vorquartal liegen./men/mne/tos