Wasser von Mikroplastik reinigt. Über eine App gegen das Hungern.[1] Über Kühlschränke und Klimaanlagen, die deutlich weniger Energie verbrauchen als bisher.[2] Über ein Pflegeheim, in dem 56 Bewohner und Mitarbeiter an Corona erkrankten, aber niemand einen schweren Verlauf erlitt und alle mittlerweile wieder genesen sind.[3] Über Ziegelsteine, die aus Plastikmüll hergestellt werden und aus denen wiederum Schulen für afrikanische Kinder gebaut werden.[4] Über ein Ozonloch, das so klein ist wie seit 30 Jahren nicht mehr.[5]

Schaut man sich die Nachrichten an oder liest Zeitung, scheint es jedoch oft, als gäbe es nur Katastrophen, Skandale, Konflikte. Alles scheint immer schlimmer zu werden. In einem Krisenjahr wie dem vergangenen potenziert sich dieser Eindruck und verstärkt das Gefühl, die Welt gerate aus den Fugen. Doch das täuscht: Die Welt wird nicht immer schlechter. Im Gegenteil, sie wird immer besser. Und uns das vor Augen zu halten, ist wichtig - insbesondere in Krisenzeiten.

Angst steigert die Auflagen

Sollten Sie sich schwertun, zu glauben, dass die Welt stetig besser wird, dann ist das nur verständlich. Unsere Medien - egal ob TV, Zeitungen oder digitale Produkte - leben von möglichst aufmerksamkeitsstarken Neuigkeiten. Das gelingt mit negativen Meldungen besser als mit positiven. Sorgen und Ängste steigern die Auflagen und Einschaltquoten. Im Grunde geht es immer darum, mit einer Meldung möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren. Da geraten Nachrichten, die positiv sind und deshalb eben auch etwas langweiliger, schnell ins Hintertreffen. Stattdessen wird - bitte entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise - alle paar Tage eine neue mediale Sau durchs Dorf getrieben.

Zudem können Medien natürlich auch nicht über das berichten, was (glücklicherweise) nicht passiert ist. Ein Zug, der nicht entgleist, ist erwünschte Normalität - und damit keine Berichterstattung wert.

Nicht mehr Krisen als früher - nur mehr Medien

Parallel hat jeder Einzelne von uns heute Zugang zu ungleich viel mehr Informationen, als es beispielsweise vor 30 Jahren noch der Fall war, von der längeren Vergangenheit ganz zu schweigen. Regelrechte Informationsfluten strömen in Echtzeit auf uns ein, wenn wir uns nicht aktiv dagegen wehren oder gezielt selektieren. Dieses Mehr an Informationen suggeriert gleichzeitig, es würde auch mehr Negatives passieren.

Es geht uns so gut wie noch nie zuvor

Doch dieser Eindruck trügt. Es geht uns so gut wie nie zuvor, uns allen. Ich möchte das gerne mit ein paar Zahlen und Fakten belegen, in Anlehnung an einen Artikel von Hans Rosling ('Die Welt wird immer besser', erschienen in der FAZ am 9. April 2018). Ich teile nicht alle seine Einschätzungen und oft fehlen mir auch Bezüge und Relationen. In der Grundtendenz zeigt Rosling aber zutreffend, worum es mir geht: Auch wenn es noch viele Themen gibt, die wir angehen und lösen müssen, ging es uns noch nie so gut wie heute.

1) So ist beispielsweise die Alphabetisierung aller Menschen in den letzten beiden Jahrhunderten weltweit enorm vorangeschritten. Heute können 86 Prozent aller Erwachsenen lesen und schreiben.

2) Einen großen Fortschritt gab es auch beim Zugang zu Wasser aus geschützten Quellen. Heute haben 88 Prozent aller Menschen diesen Zugang - das sind 30 Prozent mehr, als es 1980 waren.

3) Ähnlich verhält es sich bei der Nutzung des Internets - ein wichtiger Aspekt der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und an der Bildung.

4) Die Kindersterblichkeit ist in den letzten 200 Jahren extrem gesunken - von weltweit 44 Prozent auf 4 Prozent. Das hat sicher auch damit zu tun, dass der Anteil der geimpften einjährigen Kinder bei 88 Prozent liegt. 1980 waren es gerade einmal 22 Prozent.

5) Der Anteil der Erdoberfläche, der als Naturschutzgebiet oder als Nationalpark besonderen Schutz erfährt, ist stetig gestiegen.

Und so lassen sich viele weitere Beispiele positiver Entwicklungen finden (siehe auch Roslings Artikel). Die Lebenserwartung ist so hoch wie nie, es darf nicht mehr überall geraucht werden, die Menschen achten immer mehr auf eine nachhaltige Lebensweise - sogar bei der Geldanlage.

Kritiker werden sagen, dass es trotzdem noch zu viele Menschen gibt, die Hunger leiden, zu viele Regenwälder, die abgeholzt werden, zu viele Rechtspopulisten und Diktatoren, die im politischen Geschehen aktiv mitmischen, zu viele Menschen, die nur die Schattenseiten einer globalisierten Welt zu spüren bekommen,nicht aber deren Vorzüge. Ja, das ist völlig korrekt. Und von all diesen Themen dürfen wir uns auch nicht abwenden. Aber wir sollten unseren Blick nicht nur darauf richten, was es noch zu tun gibt, sondern auch darauf, was wir schon erreicht haben. Die bisher erzielten Erfolge bestärken uns, auch die noch offenen Baustellen anzugehen. Es gibt noch viel zu tun - aber wir haben auch schon viel erreicht. Es ist kein Widerspruch, die bereits erzielten Erfolge zu feiern und zugleich um weitere Verbesserungen zu kämpfen.

Erfolge geben Kraft

Das gilt auch für die aktuelle Krise. Auch hier wird meist mehr gemeckert als gelobt. Ja, es ist fraglich, ob Schulschließungen und neue, drastische Kontaktbeschränkungen, die vor allem jüngere Kinder treffen, die besten Mittel der Wahl sind, um die Pandemie zu bekämpfen. Und ja, die Impfungen könnten vielleicht etwas schneller gehen. Aber ernsthaft - zu Beginn der Pandemie galt eine so zeitnahe Entwicklung eines Impfstoffes noch als ziemlich unwahrscheinlich, da war von ganz anderen Zeiträumen die Rede. Und jetzt haben wir sie - nach etwa neun Monaten starten die ersten Impfungen. Und es sind bereits knapp 400.000 Menschen in Deutschland geimpft, das ist im internationalen Vergleich gar nicht schlecht. Also freuen wir uns, statt immer zu meckern, dass alles besser und schneller gehen müsse.

Richten wir unseren Blick darauf, was wir bereits erreicht haben und wie wir mit dieser fundamentalen Krise umgehen. Wir wehren uns systematisch, wir stehen füreinander ein, nehmen Rücksicht aufeinander und helfen uns gegenseitig. Wenn wir wollen, dass es weiter aufwärtsgeht - und auch in Zukunft immer weiter aufwärtsgeht -, brauchen wir alle miteinander Zuversicht und Optimismus. Die bereits erzielten Erfolge geben uns Kraft und Motivation. Das Verbreiten von Panik und Angst hingegen ist genauso schädlich wie ein Virus - und eigentlich noch viel schlimmer, denn dagegen gibt es keine Impfung.

Wir brauchen mehr gute Nachrichten

Von den Medien wünsche ich mir eine insgesamt ausgewogenere Berichterstattung mit mehr Lebensrealität und eine entdramatisierte Welt, die die noch bestehenden Herausforderungen anpackt und die erzielten Erfolge würdigt. Es gibt zunehmend Initiativen und Projekte einzelner Medien, die es sich zum Ziel gemacht haben, bewusst auch über positive Entwicklungen zu berichten. Jedoch sind diese eher noch in der Unterzahl. Es ist und bleibt also an uns, unsere Wahrnehmung zu schärfen, gute Neuigkeiten zu suchen und bewusst wahrzunehmen, negative Nachrichten in Relation zu setzen, Bezüge herzustellen und parallel gezielt das Positive nach vorn zu stellen.

Achtsamkeit ist nicht ohne Grund ein immer stärker werdender Trend, denn die zugrundeliegende Idee ist eine gute. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die vielen positiven Ereignisse - in Ihrem Alltag, in Ihrem näheren Umfeld, aber auch in der großen weiten Welt. Wir sollten den guten Nachrichten genauso viel Aufmerksamkeit schenken wie den Themen, die wir noch angehen und vorantreiben müssen. Dann sehen wir auch, dass die Welt immer besser statt schlechter wird.

Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion

[1]https://www.welt.de/sponsored/rolex/perpetual-planet/article219299020/Angewandte-Technik-Er-entwickelt-eine-App-gegen-den-Hunger.html
[2] https://goodnews.eu/good-news-jahresrueckblick-das-waren-eure-liebsten-good-news-2020-teil-1/
[3] https://www.nzz.ch/zuerich/coronavirus-bei-ausbruch-in-pflegeheim-kam-niemand-zu-schaden-ld.1579376
[4] https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/elfenbeinkueste-innovation-plastikmuell-baustein-fuer-zukunft/172554
[5] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Ozonloch-2019-so-klein-wie-seit-30-Jahren-nicht-mehr-4582499.html#:~:text=Das%20geht%20aus%20Messungen%20hervor,der%20Ausdehnung%20der%20vergangenen%20Jahre

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