LUXEMBURG (awp international) - Die Wirtschaft der Eurozone ist im Herbst kaum noch gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) habe im vierten Quartal um 0,1 Prozent zum Vorquartal zugelegt, teilte das europäische Statistikamt Eurostat am Freitag in Luxemburg laut einer ersten Schätzung mit. Volkswirte hatten im Schnitt 0,2 Prozent Wachstum erwartet. Im dritten Quartal hatte die Wirtschaftsleistung noch um 0,3 Prozent zugelegt.

Zum Vorjahreszeitraum stieg das BIP im vierten Quartal um 1,0 Prozent. Hier war ein Anstieg von 1,1 Prozent erwartet worden.

"Das Wirtschaftswachstum im Euroraum ist zum Jahresende weitgehend zum Erliegen gekommen", kommentierte Christoph Weil, Volkswirt bei der Commerzbank. Gebremst werde die Wirtschaft durch den erneuten Produktionsrückgang in der Industrie. Stimmungsindikatoren würden zwar darauf hindeuten, dass ein Tiefpunkt im Sektor durchschritten sei. "Der Aufschwung dürfte gleichwohl blutleer bleiben", so Weil.

Die Industrie litt zuletzt vor allem unter den Handelskonflikten und dem Strukturwandel in der Automobilbranche. Mit dem Coronavirus kommt laut Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank, noch ein weiterer temporärer Belastungsfaktor hinzu. "EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird das heute veröffentlichte Zahlenwerk nicht gefallen", so der Ökonom. Schliesslich sei im Januar auch die Kerninflationsrate (ohne Energie und Lebensmittelpreise) auf nur noch 1,1 Prozent gesunken. Es ist daher laut Gitzel möglich, dass die EZB den Einlagesatz erneut um 0,1 Prozentpunkte auf minus 0,6 Prozent senkt. Zum Einlagesatz können Banken überschüssiges Geld bei der EZB parken.

Belastet wurde das Wachstum vor allem durch die schwache Entwicklung in Frankreich und Italien. So ist die französische Wirtschaft erstmals seit drei Jahren geschrumpft. Das BIP ging um 0,1 Prozent zum Vorquartal zurück. Noch düsterer sieht es in Italien aus, wo die Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent zurückging. Dies ist der stärkste Rückgang seit dem Jahr 2013. Die spanische Wirtschaft ist hingegen etwas stärker gewachsen als erwartet. Das BIP legte um 0,5 Prozent zum Vorquartal zu.

Für Deutschland, die grösste Volkswirtschaft der Eurozone, wurden noch keine Daten veröffentlicht. Commerzbank-Experte Weil geht nach den heutigen Zahlen von einem Wachstum von nur 0,1 Prozent zum Vorquartal aus.

Auch im Gesamtjahr 2019 schwächte sich das Wirtschaftswachstum in der Eurozone ab. Die Wirtschaftsleistung wuchs nur noch um 1,2 Prozent zum Vorjahr. Im Jahr 2018 hatte das Wachstum noch bei 1,9 Prozent gelegen. /jsl/bgf/fba