Für Aktien und Anleihen dürfte es nach Einschätzung der Deutschen Bank ein unter dem Strich gutes Jahr 2024 werden - vorausgesetzt, die geopolitischen Krisen eskalieren nicht und die Wirtschaft wächst, wenn auch schwach. "Der Gleichlauf der beiden Anlageklassen könnte noch eine Zeit lang weitergehen: Bis Ende 2024 erwarten wir hohe einstellige Renditen bei Aktien und Anleihen", erklärt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.

Die Inflation werde zwar wahrscheinlich zurückgehen, erweise sich aber als hartnäckig - und könne zwischenzeitlich sogar noch einmal ansteigen, zum Beispiel wegen höherer CO2-Bepreisungen. Kurzum: Das Wirtschaftswachstum bleibt schwach, die Zinsen hoch. Erst ab Mitte 2024 rechnen die Experten mit Zinssenkungen in Europa und den USA.

Zwar ist die Teuerungsrate zuletzt deutlich zurück gegangen und dürfte tendenziell weiter fallen. "Es gibt allerdings viele Gründe, warum sie in den nächsten Jahren nicht dauerhaft unter 2 Prozent sinken dürfte", sagt Stefan Schneider, Chefvolkswirt für Deutschland bei Deutsche Bank Research. Dazu zählen die langfristigen Folgen der expansiven Finanzpolitik, zu geringe Investitionen, der sich verschärfende Arbeitskräftemangel sowie die kostenintensive grüne Transformation der Wirtschaft.

"Kurzfristig profitieren wir noch von Basiseffekten, weil die Energiepreise gegenüber dem Vorjahr sinken", so Schneider. Die Deutsche Bank sieht daher die Inflationsrate Ende 2024 bei 1,8 Prozent in den USA und jeweils 2,0 Prozent in der Eurozone und Deutschland. Dass die Teuerungsrate auf das niedrige Niveau der vergangenen Dekade zurückgehe, erwartet Schneider allerdings nicht.


   Leitzins soll in den USA um 175 und in der Eurozone um 100 Bp fallen 

In den USA dürfte der Leitzins 2024 um 175 Basispunkte von aktuell 5,25 bis 5,50 Prozent auf dann 3,50 bis 3,75 Prozent sinken, in der Eurozone werden Zinssenkungen um 100 Basispunkte erwartet. Der Einlagensatz läge dann im Dezember 2024 bei 3,00 Prozent.

Das Wachstum sollte bescheiden ausfallen. "Für die Eurozone erwarten wir ein kleines Plus, für die USA halten wir als Basisszenario an einer leichten Rezession im ersten Halbjahr 2024 fest", sagt Schneider. China sei zuletzt zwar etwas stärker als erwartet gewachsen, allerdings dürfte dies nicht von Dauer sein. "Die strukturellen Probleme dämpfen zusehends die Konjunktur, was die chinesische Regierung zu einem umfangreichen Konjunkturpakt veranlasst hat."

In einem makroökonomischen Umfeld mit allgemein niedrigem Wirtschaftswachstum, einer sinkenden Inflation und niedrigeren Leitzinsen gehören Aktien zu den Anlageklassen, die 2024 gut laufen sollten. US-Aktien dürften in der Gunst der Anleger bleiben, da sie in einer Welt mit geringem Wachstum weiterhin steigende Gewinne versprechen. Das gelte insbesondere für US-Big-Tech (die Magnificent Seven), Kommunikationsdienstleistungen sowie Industrie und Energie.

Die Deutsche Bank prognostiziert für den S&P-500 zum Jahresende 2024 einen Stand von 4.700 Punkten. Für den STOXX Europe 600 sieht die Bank ein Kursziel von 465 Punkten. Der DAX dürfte bei 16.600 Zählern stehen. Auch der japanische Aktienmarkt sollte 2024 interessant sein.


   Gold hat seinem Ruf als Krisenwährung alle Ehre gemacht 

Trotz der erwarteten Senkungen bleiben die Zinsen hoch und sorgen für nachhaltigen Rückenwind bei europäischen Banken, Finanzwerten und Versicherungen. Deren Aktien haben sich zuletzt bereits gut entwickelt. Sie dürften aber weiter profitieren, denn mit dem Erreichen des Zinsgipfels sollte sich auch das Investmentbanking-Geschäft erholen.

Der Ausblick für den Automobilsektor fällt dagegen durchwachsen aus. Der globale Absatz dürfte zwar steigen, wovon aber nicht alle Anbieter in gleichem Maße profitierten. Luxushersteller seien attraktiver als Massenanbieter. "Die Konkurrenz aus China wird vor allem bei der E-Mobilität immer stärker", so Stephan. Meiden würde er Aktien aus dem hoch bewerteten, defensiven Sektor Food & Beverages sowie große Versorger.

2024 dürfte auch ein gutes Jahr für festverzinsliche Wertpapiere werden. Stabile oder leicht sinkende Zinsen böten attraktive Gesamtrendite-Aussichten. "Wir erwarten eine mittlere bis hohe einstellige Rendite am Rentenmarkt. Unser Fokus liegt auf Qualität", so Stephan. Bevorzugt werden weiterhin europäische und amerikanische Unternehmensanleihen mit guter bis sehr guter Bonität (Investment Grade) gegenüber Hochzinsanleihen (High Yield).

Gold hat seinem Ruf als Krisenwährung in unsicheren Zeiten zuletzt alle Ehre gemacht. Vor dem Hintergrund des Israel-Gaza-Kriegs stieg die Notierung für das Edelmetall um gut zehn Prozent. Geopolitische Risiken und wirtschaftliche Unsicherheiten könnten den Goldpreis weiter steigen lassen auf rund 2.250 Dollar pro Feinunze zum Jahresende 2024. Darüber hinaus dürften auch Zentralbanken der Schwellenländer verstärkt Gold kaufen und den Preis stützen. Sie sind die größten Käufer von Gold.

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November 28, 2023 08:36 ET (13:36 GMT)