FRANKFURT (Dow Jones)--Weitere Kursgewinne an den internationalen Aktienbörsen dürften auch kommende Woche für gute Laune bei den Aktionären sorgen. Die Freude über die gestärkte Macht der US-Demokraten, in US-Medien bei Wahlen und ähnlichem stets farblich blau dargestellt, wirkt weiter als Kurstreiber. Die Hoffnung ist groß, dass von ihnen billionenschwere Hilfspakete gestartet werden, die vor allem in Infrastruktur und erneuerbare Energien gehen dürften.

Entsprechend hoch ist der Zwang für viele Investmentfonds, ihre bisherige Branchenallokation quasi komplett auf den Kopf zu stellen. Die ehemals hoch gewichteten Technologiewerte werden reduziert, Positionen in konjunktursensitiven Aktien von Chemie über Rohstoffe bis Bau erhöht. Vor allem im Energiesektor muss neu gewichtet werden, denn Wind- und Solaranlagen zählten nicht zu den Favoriten von US-Präsident Trump.

Das Volumen solcher Branchenumschichtungen ist riesig. Händler gehen davon aus, dass es mindestens noch ein bis zwei Wochen dauern dürfte, um das in den Fonds gebundene Kapital umzuschichten. Und weil viele Anleger auch noch gleichzeitig in dieselbe Richtung wollen, dürften sich das entsprechend bei den Kursen in den nachgefragten Branchen bemerkbar machen. Aktuell ist das stark bei Windanlagenbauern zu beobachten.


  Hoffnungsrally sollte nicht auf Realitätscheck warten 

Die Leichtigkeit, mit der der DAX erstmals überhaupt über die 14.000er-Marke gesprungen ist, zeigt, dass nach oben auch noch einiges geht. Angst vor der von Technischen Analysten ausgerufenen 15.000er Marke müssen Anleger dabei nicht haben, denn umgerechnet sind das gerade einmal 7 Prozent mehr als heute.

Allerdings sollten sich Aktiensparer auch nicht darauf verlassen, dass hohe Kurse auch weiter hoch bleiben. Denn was derzeit läuft, ist nichts anderes als eine Hoffnungsrally. Schließlich weiß niemand so genau, in welche Wirtschaftsfelder die Programme der Demokraten konkret investieren werden.

Wie viel davon für welche Unternehmen zu welchem Zeitpunkt abfällt ist offen. Ein Realitätscheck für Börsianer dürfte kaum zu vermeiden sein, spätestens sobald konkrete Pläne vorgelegt werden.

Nicht ohne Ironie ist derweil, dass die aktuelle Lage der vor vier Jahren zum Amtsantritt von Donald Trump stark ähnelt. Auch damals wurden wochenlang Infrastrukturprogramme gefeiert - die dann in der erwarteten Form nicht kamen.

Zu beachten ist auch, dass die Freude über die "blaue Welle" in den USA derzeit so ziemlich alles ausblendet, was negativ ist. Vor allem das Thema Corona wird mit Verweis auf die Verfügbarkeiten von immer mehr Impfstoffen vielfach unter den Tisch gekehrt. Ebenso die Möglichkeit, dass Mutationen sich deren Wirksamkeit entziehen könnten. Auch die wirtschaftlichen Folgen werden kaum thematisiert, schließlich verschieben die immer wieder verlängerten Lockdowns den Zeitpunkt der erwarteten BIP-Erholung weiter nach hinten. Mit den extrem hohen Aktienbewertungen passt das eigentlich nicht recht zusammen.


  Auf harte Fakten aus den Unternehmen hören 

Der Rally helfen würden in diesem Umfeld starke Aussagen von Unternehmensseite. Die Berichtssaison lässt zwar noch auf sich warten, erste Zwischenberichte und Vorabzahlen zum vierten Quartal kommen aber schon. Und diese könnten sich schnell zu ganzen Sektor-Stories entwickeln. Wie gerade im Fall von Samsung, Micron und STMicroelectronics, als drei Branchengrößen am selben Tag mit übertroffenen Erwartungen und positiven Ausblicken glänzten.

Anleger sollten insgesamt wieder mehr auf harte Fakten aus den Unternehmen achten und die Mosaiksteinchen selbst zusammensetzen. Zwischenberichte, Umsatzzahlen und ähnliches kommen in der kommenden Woche unter anderem von Just Eat Takeaway, Teamviewer, Cropenergies und Südzucker, Sainsbury, Tesco und im Autosektor von Hella und BMW. In der Finanzbranche starten in den USA JP Morgan, Wells Fargo und Citigroup mit ihren Zahlenausweisen die Berichtssaison.

Auf Konjunkturseite sind die Aufträge für den deutschen Maschinenbau (VDMA) interessant, aus China und den USA werden Verbraucherpreise erwartet, außerdem Industrieproduktionsdaten aus der EU, USA und China und besonders das BIP-Wachstum im vierten Quartal aus China.

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January 08, 2021 07:49 ET (12:49 GMT)