Von Manuel Priego Thimmel

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Rally an den Börsen scheint kein Ende nehmen zu wollen. Der DAX hat bei 17.879 Punkten ein neues Allzeithoch erklommen und schickt sich an, schon sehr bald die 18.000er-Marke in Angriff zu nehmen. Neben der gut laufenden Berichtssaison haben zuletzt die Notenbanken für Rückenwind gesorgt, indem sie die Erwartung baldiger Zinssenkungen stärkten. Die Börsen befinden sich in einer Übertreibungsphase, das bedeutet allerdings nicht, dass es mit den Kursen nicht noch weiter nach oben geht.

Aus Marktsicht haben die Notenbanker geliefert. Zwar hat die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihrer Sitzung wie erwartet ihre Geldpolitik nur bestätigt. Die EZB hat allerdings ihre Projektionen für Inflation und Kerninflation für dieses und das kommende Jahr nach unten angepasst. Das wurde an den Märkten als Signal für baldige Zinssenkungen interpretiert. Die meisten Analysten erwarten einen ersten Schritt im Juni, einen Termin, den EZB-Präsidentin Christine Lagarde selbst ins Spielt brachte. Daraufhin fielen die Renditen an den Anleihemärkte, was die Aktienmärkte stützte.


   Neue US-Inflationsdaten auf der Agenda 

Auch die jüngsten Kommentare von der anderen Seite des Atlantiks gefallen. Während seiner Anhörung vor dem Bankenausschuss des US-Senats am Donnerstag wiederholte Fed-Chairman Jerome Powell zwar mehr oder weniger das, was er am Mittwoch vor dem Finanzdienstleistungsausschuss des Repräsentantenhauses gesagt hatte. Positiv wurde aber seine Aussage aufgenommen, wonach die Fed nicht mehr weit von Zinssenkungen entfernt sei. An den Märkten werden nun fast wieder vier Zinssenkungen für 2024 eingepreist, nachdem die Erwartung zuletzt zwischen drei und vier schwankte.

Mit Argusaugen werden die Börsianer die am kommenden Dienstag anstehenden US-Verbraucherpreise untersuchen. Die überraschend hohen Januar-Zahlen zur US-Inflation hatten an den Märkten für Unruhe gesorgt. "Die nächste Woche anstehenden Zahlen für den Februar werden nun zeigen, inwieweit es sich dabei um Einmaleffekte gehandelt hat", so die Commerzbank. Die Analysten glauben, dass die Kernrate im Februar mit 0,3 Prozent gegen Vormonat zwar niedriger ausfallen wird. In der Gesamtrate dürften die Preise aber sogar um 0,4 Prozent und damit stärker als im Januar zugelegt haben.


   Spekulative Anleger treiben Gold 

Sollte die Commerzbank Recht behalten, könnte das zum Anlass für eine Korrektur an den Märkten genommen werden. Eine solche wäre mehr als angebracht und auch gesund. Die Börsen befinden sich in einer Übertreibungsphase. Deutlich wird das an der aktuellen Gold-Hausse - der Preis für das Edelmetall kratzt bereits an der 2.000-Euro-Marke. Am Markt wird die Rally hauptsächlich mit den Zinssenkungserwartungen begründet. Die Commerzbank glaubt aber vielmehr, dass spekulative Finanzanleger ihre Long-Positionen ausgeweitet haben.

Problematisch sind laut der DZ Bank bei Übertreibungsphasen an den Börsen zwei Aspekte: "Ihr Ende lässt sich nur sehr schwer voraussagen. Zudem ist die dann folgende Reaktion des Marktes unsicher. So können Gewinnmitnahmen für eine deutliche Korrektur sorgen." Ebenfalls möglich sei aber, dass Anleger lediglich in das zurückhaltende Lager wechseln und der vorherige Anstieg durch eine Seitwärtsbewegung konsolidiert werde. "Aktuell verdichten sich allerdings Hinweise, die auf ein (zwischenzeitliches) Ende der Aufwärtsbewegung Mitte März deuten", so die Analysten.


   Das Echo der "irrational exuberance" Rede von Alan Greenspann 

In seiner berühmten Rede warnte der damalige Fed-Chairman Alan Greenspan bereits 1996 von einer möglichen "irrational exuberance" an den Börsen. Greenspan fragte sich, ob und wie man Blasen an den Finanzmärkten als solche erkennen könne, und wie die Zentralbanken mit solchen umgehen sollten. Eine Antwort blieb Greenspan schuldig. Es dauerte dann noch bis zur Jahrtausendwende bis zum Großen Crash. Von diesem haben sich die Börsen schon lange mehr als erholt. Von seinem Tiefpunkt haben sich die Nasdaq-Kurse seitdem mehr als verzehnfacht.

Während der Dotcom-Blase waren Internetaktien die Zugpferde an den Börsen. Nun ist es das Thema Künstliche Intelligenz (KI), die die Fantasie der Anleger überschäumen lässt. Die DZ Bank hält es für möglich, dass auf den KI-Boom der Trump-Trade folgen wird. Je wahrscheinlicher seine Kandidatur werde, desto mehr dürften davon Sektoren außerhalb des Techsektors profitieren, glauben die Analysten. Unrealistisch erscheint dieses Szenario nicht - jedenfalls löste die erste Präsidentschaft von Donald Trump wider Erwarten eine mächtige Rally an den Börsen aus.

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March 08, 2024 07:31 ET (12:31 GMT)