Der weltgrößte Autokonzern aus Wolfsburg und die Nummer zwei in den USA präsentierten am Freitag in New York ihre Pläne für eine globale Zusammenarbeit bei E-Autos und selbstfahrenden Fahrzeugen. Sie wollen sich die Kosten für Neuentwicklungen teilen und Synergien nutzen. Die Wolfsburger liefern ihrem Partner aus Dearborn in großem Stil Elektroauto-Komponenten aus ihrem Baukastensystem und beteiligen sich zudem an dessen Tochter Argo AI für selbstfahrende Autos. Allein die vereinbarte Lieferung von Bauteilen für E-Autos hat im ersten Schritt ein Volumen von bis zu 20 Milliarden Dollar.

"Zusammen werden wir die Argo AI Plattform zu einem globalen Standard machen", sagte Volkswagen-Chef Herbert Diess im Beisein von Ford-Boss Jim Hackett. "Das ist die strategische Logik dahinter, dass wir unsere Kräfte bündeln." Geplant sei, die Technologie zur Serienreife voranzutreiben. Zusammen haben die beiden Autokonzerne im vergangenen Jahr rund 16,7 Millionen Fahrzeuge verkauft, wobei 10,8 Millionen auf Volkswagen entfielen. "Das verschafft uns einen großen Hebel und signifikante Skalenvorteile", sagte Diess. Größe mache den Unterschied – sowohl bei der Elektromobilität als auch beim autonomen Fahren. "Gemeinsam können wir globale Märkte nahtlos bedienen und unsere Automobilwerke besser nutzen, um die Lieferkette zu optimieren."

Während die Geschäftsaussichten bei Roboterautos noch Zukunftsmusik sind, weil noch viele Fragen geklärt werden müssen, sind die Pläne bei E-Autos greifbarer. Diess richtet den weltgrößten Autobauer nach der vom Konzern verschuldeten Dieselkrise gerade komplett auf die Elektromobilität aus. Bis 2023 will er dafür mehr als 30 Milliarden Euro investieren. Weltweit werden acht Werke auf die E-Autoproduktion umgestellt - eins in den USA, zwei in China und fünf in Europa. Volkswagen will in den nächsten zehn Jahren 15 Millionen Fahrzeuge aus dem "Modularen Elektrobaukasten" (MEB) produzieren. In einer ersten Welle sollen 27 verschiedene E-Modelle auf die Straße kommen, bis 2028 sollen es fast 70 Modelle sein. Den Anfang macht der kompakte ID.3, der im Herbst auf der Automesse IAA in Frankfurt präsentiert werden und nächsten Jahr auf den Markt kommen soll. Danach sollen Schlag auf Schlag weitere Modelle folgen.

Ford will den MEB von VW nutzen, um ab 2023 mindestens ein emissionsfreies Fahrzeug in Europa in Großserie zu bauen. "Wir haben uns auf die Lieferung von 600.000 MEB-Plattformen einschließlich Batteriepacks und weiteren Komponenten geeinigt." Den binnen sechs Jahren erwarteten zusätzlichen Umsatz dadurch bezifferte Volkswagen auf zehn bis zwanzig Milliarden Dollar. Darüber hinaus liefen derzeit Gespräche über einen neuen Liefervertrag für ein zweites Fahrzeug. Dann könnte sich die Lieferung an MEB-Plattformen an Ford fast verdoppeln.

VW WIRD AMERIKANISCHER

Den Aufstieg zu einem ernstzunehmenden Spieler bei autonomen Autos lässt sich Volkswagen einiges kosten. Die Niedersachsen stecken mehr als drei Milliarden Dollar in die Ford-Tochter Argo AI. Im Gegenzug haben sie den Vorteil, dass sie die Entwicklungskosten für weitgehend computergesteuerte Autos mit Ford teilen können. Damit wird auch das Risiko auf mehrere Schultern verteilt, denn noch ist nicht absehbar, wann sich Robotaxis zu einem wirklich ertragreichen Geschäft enwickeln werden. Im Zuge der Transaktion, die in der ersten Hälfte des kommenden Jahres abgeschlossen werden soll, fließt eine Milliarde Anschubfinanzierung an Argo. Mit weiteren 1,6 Milliarden Dollar werden die eigenen Aktivitäten der VW-Tochter Audi bei selbstfahrenden Autos bewertet, die der Wolfsburger Konzern einbringt. Damit sind VW und Ford künftig zu gleichen Teilen an Argo beteiligt. Darüber hatte Reuters zuvor schon aus Branchenkreisen berichtet. Darüberhinaus zahlt Volkswagen über drei Jahre 500 Millionen Dollar für Anteile an Argo. "Argo gehört bereits zu den leistungsfähigsten Entwicklern von autonomen Fahrzeugplattformen der Welt", sagte Ford-Chef Hackett. Mit der Beteiligung von VW habe die Ford-Tochter einen geschätzten Wert von mehr als sieben Milliarden Dollar.

Für Volkswagen hat die Allianz mit Ford auch eine grundlegend strategische Bedeutung, um konjunkturelle und politische Unsicherheiten auszugleichen. "Wir stärken dadurch unsere Präsenz in den USA", sagte Diess. Vor Führungskräften des Konzern hatte Diess vor einigen Wochen gesagt: "Ohne ein starkes Engagement in den USA - unserer noch schwächsten Weltregion - drohen wir in den weltweiten Handelskonflikten in eine ausweglose Situation zu geraten." Volkswagen sei derzeit noch sehr stark ein chinesisch geprägtes Unternehmen und brauche ein Gegengewicht in den USA.