Berlin (Reuters) - Mehrere Bauernverbände haben sich enttäuscht über ausbleibende Zusagen der Ampel-Koalition für die Landwirtschaft geäußert und deshalb weitere Proteste angekündigt.

"Unsere Bauern sind enttäuscht, dass sie kein Gehör gefunden haben", sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, am Freitag in Berlin. "Es wird ab nächster Woche wieder Aktionen geben, eher nadelstichartig", fügte er hinzu. Man hoffe, die Bundestags-Abgeordneten in den verbleibenden Wochen bis zur Verabschiedung des Haushalts 2024 noch davon überzeugen zu können, auf die Kürzung der Subventionen beim Agrardiesel zu verzichten.

Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) äußerte sich kritisch. Das Vorgehen der Ampel-Fraktionen, zunächst nur einen Fragenkatalog für Reformen bis Sommer zu beschließen, sei "nicht nur ein Wortbruch, ... sondern auch vollkommen ungeeignet, um die aktuellen Proteste zu befrieden und den agrarpolitischen Stillstand zu beenden", kritisierte der AbL-Bundesvorsitzende Martin Schulz. Die Organisation mit rund 2500 Mitgliedern will am Samstag am Rande der Grünen Woche in Berlin demonstrieren und auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) treffen, sagte ein Sprecher zu Reuters. Die AbL kritisierte aber auch den Bauernverband, der sich viel zu sehr auf den Agrar-Diesel konzentriere "und ansonsten nichts ändern will". "Ich gehe nicht davon aus, dass die Proteste weniger werden", sagte der Sprecher. Am Freitag protestierten in Berlin Mitarbeiter des Speditionsgewerbes und Landwirte mit mehreren hundert Lastwagen und Traktoren. Dies führte zu Verkehrsbehinderungen.

Landwirtschaftsminister Özdemir betonte auf der Grünen Woche, dass die Bauern mehr Planungssicherheit bräuchten und "weniger Zick-Zack" in der Politik. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte am Donnerstag in seiner Bereinigungssitzung die schrittweise Kürzung der Agrar-Diesel-Subventionen für den Etat 2024 bestätigt. Die drei Ampel-Fraktionen SPD, Grünen und FDP hatten zudem einen Entschließungsantrag beschlossen, nach dem bis zur Sommerpause ein Paket an Maßnahmen entschieden werden soll, um die Landwirte zu entlasten.

Rukwied schloss sich der Kritik von CDU-Chef Friedrich Merz an, der der Ampel vorgeworfen hatte, sie wolle mit der Warnung vor einer rechtsextremen Unterwanderung die Bauernproteste diskreditieren. Ein "Stück weit" könne er sich dieses Eindrucks nicht erwehren, sagte Rukwied. Sicherheitsbehörden hatten darauf verwiesen, dass Rechtsextreme etwa bei einer Blockade gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck beteiligt waren. Die Regierung hatte danach aber gelobt, dass sich die Bauernverbände deutlich von rechten Gruppierungen distanziert hatten.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)