FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 24. Februar 2016. Topthema an den Devisenmärkten ist einmal nicht die Geldpolitik, sondern das anstehende Referendum der Briten über den EU-Austritt.

Kommt es zum Brexit oder nicht? Das ist die Frage, die am Devisenmarkt derzeit am meisten bewegt. Angesichts der Diskussionen über einen Austritt Großbritanniens aus der EU ist das britische Pfund in dieser Woche stark unter Druck geraten. Premierminister David Cameron hatte am vergangenen Freitag mit den europäischen Staats- und Regierungschefs Bedingungen für einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union ausgehandelt, im Heimatland stößt er damit aber auf viel Widerstand. So hat sich nun auch Londons beliebter Bürgermeister Boris Johnson für ein Ausscheiden Großbritanniens ausgesprochen.

Gegenüber dem US-Dollar notiert das Pfund mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit März 2009, am Mittwochmittag entspricht ein Pfund nur noch 1,3917 US-Dollar. Gegenüber dem Euro notiert die britische Währung mit aktuell 0,7888 Pfund auf dem tiefsten Stand seit Dezember 2014.

Klar ist Analysten zufolge, dass die Volatilität bis zum Referendum am 23. Juni anhalten wird. Die DekaBank sieht wegen der Erwartung langsam steigender Leitzinsen noch Aufwertungspotenzial für das Pfund. "Das dürfte sich allerdings erst wieder nach dem EU-Referendum realisieren, wenn Großbritannien für den Verbleib in der EU abstimmt, wovon wir ausgehen", erklärt Marina Lütje. Für den Fall eines Austritts erwarten Analysten fast unisono eine weitere Schwächung des Pfunds: Goldman Sachs hat zum Beispiel einen Kursrückgang bis in den Bereich von 1,15/1,20 US-Dollar zum Pfund prognostiziert.

Rückschläge der US-Währung

Dagegen gibt es beim Wechselkurspaar Euro/US-Dollar im Monatsvergleich kaum Veränderung: Am Mittwochmittag geht der Euro zu 1,0982 US-Dollar über den Tisch, Ende Januar waren es 1,0871 US-Dollar. "Die US-Dollar-Hausse ist ins Stocken geraten, zuletzt sogar gegenüber Schwellenländerwährungen", bemerkt Christian Apelt von der Helaba. Schwächere Konjunkturdaten sowie zurückgehende Zinserhöhungserwartungen belasteten die US-Währung. Nach Ansicht der Bank bleibt der US-Dollar - zumindest zeitweise - anfällig für Rückschläge. Im Jahresverlauf werde die US-Notenbank jedoch ihren Erhöhungskurs wieder aufnehmen. "Von der geldpolitischen Divergenz wird der US-Dollar vermutlich profitieren, selbst wenn das Kurspotenzial begrenzt ist." Ende des Jahres sehen die Analysten den Euro wieder bei 1,05 US-Dollar.

"Der US-Dollar dürfte in der ersten Jahreshälfte 2016 schwächeln, da die Finanzmärkte Zinserhöhungen der Fed auspreisen", meint auch die Commerzbank. Sobald sich weitere Zinserhöhungen zum Ende des Jahres abzeichneten, werde der US-Dollar wieder stärker aufwerten. Den Euro würden die anhaltenden Sorgen um die niedrige Euroraum-Inflation belasten. "Hinzu kommt die Gefahr, dass die EZB ihre Geldpolitik weiter lockert." Die Bank rechnet per Ende dieses Jahres mit einem Wechselkurs von 1,06 US-Dollar und im ersten Quartal 2017 sogar nur noch mit 1,04 US-Dollar.

US-Dollar langfristig stärker

"Für den Euro erwarten wir mit Blick auf die fundamentalen Faktoren gegenüber dem US-Dollar bis Ende 2017 eine schwache Entwicklung", erklärt auch Christian Melzer von der DekaBank. Als Gründe nennt er den zunehmenden Zinsvorsprung von US-Treasuries gegenüber Bundesanleihen sowie die besseren Wachstumsaussichten für die US-Wirtschaft. "Grundsätzlich stützend für den Euro ist aber die von uns prognostizierte Verfestigung des moderaten Aufschwungs in Euroland, die auch die südeuropäischen Sorgenkinder mit einschließt." Die Bank rechnet auf Sicht von zwölf Monaten dennoch mit einer Parität von Euro und US-Dollar.

Bei Devisen-ETNs bleibt das Währungspaar Euro/US-Dollar im Fokus. Rege gehandelt werden zum Beispiel der ETFS Short US-Dollar Long Euro (WKN A1EK0W), der ETFS 5x Short US-Dollar Long Euro (WKN A12Z32) und der ETFS 5x Long US-Dollar Short Euro-ETN (WKN A12Z31), wie die Umsatzliste der Börse Frankfurt für die vergangenen vier Wochen zeigt. Höhe Umsätze gab es aber auch weiterhin in ETNs, die sich auf Euro/Yen (WKN A1DFSE) und US-Dollar/Renminbi (WKN A1EK0L) beziehen.

Schlechte Aussichten für Chinas Währung

Die chinesische Währung, die im Dezember und Januar deutlich verloren hatte, konnte sich zuletzt etwas erholen. Aktuell müssen 7,17 Renminbi für einen Euro gezahlt werden nach zwischenzeitlich über 7,40 Renminbi, gegenüber dem US-Dollar sind es aktuell 6,53 nach 6,59 Renminbi im Januar. "Chinas Zentralbank verliert mit hoher Geschwindigkeit Devisenreserven", erläutert Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. Um die gefährliche Diskussion über die Endlichkeit der Reserven einzudämmen, lasse die Regierung den Yuan moderat abwerten und dränge die Unternehmen, weniger Kapital ins Ausland zu schaffen. Funktioniere dieser Maßnahmenmix jedoch nicht, stehe die Regierung bald vor einer unangenehmen Entscheidung. Sie müsse entweder den Renminbi scharf abwerten lassen oder den Kapitalverkehr explizit beschränken. "Chinas Wechselkurspolitik wird die Märkte in Atem halten."

Die Bank geht von einer Fortsetzung der Renminbi-Abwertung aus, aber von keinem Absturz. "Wir halten es für wahrscheinlich, dass US-Dollar/Renminbi in weiteren Abwertungsschritten bis Ende des Jahres auf Niveaus knapp unter 7,00 steigt." Extremprognosen weit über diesen Werten seien aber übertrieben.

Von Anna-Maria Borse

© 24. Februar 2016 - Deutsche Börse AG

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