Die US-Notenbank schlug im Laufe der Woche plötzlich mildere Töne an. Allein das deuteten die Anleger als klaren Hinweis auf ein Ende der Zinserhöhungen. Die Aktienmärkte legten daraufhin zu, nachdem sie im August und September recht starke Verluste verzeichnet hatten. Leider stieg die US-Inflation im September wieder leicht an und weckte erneute Zweifel. Ab Montag steht eine Flut von Unternehmensergebnissen an, die etwas von der Geldpolitik ablenken dürfte.
Wochenperformance*
DAX
15186  -0.28%Chart
STOXX EUROPE 600
449.18  +0.96%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4327.78  +0.45%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
32315.99  +4.26%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1932.40$  +4.57%
Chart GOLD
BRENT OIL
90.90$  +4.09%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.05$  -0.59%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

TOPS

Walgreens (+11%): Die US-amerikanische Apothekenkette vermeldete ein unter den Erwartungen liegendes Quartalsergebnis, doch übertraf der Umsatz mit 35,4 Mrd. USD die Prognosen. Auch von den geplanten Rationalisierungsmaßnahmen ist der Markt angetan: Der Konzern will 2024 mindestens 1 Mrd. USD einsparen und zu diesem Zweck unrentable Filialen schließen, Stellen abbauen und KI einsetzen. Anzumerken ist, dass Walgreens gerade einen neuen CEO ernannt hat - einen Branchenveteranen, der die Restrukturierung und Diversifizierung in Richtung Gesundheitsdienstleistungen vorantreiben soll.

Rheinmetall (+15%), Saab (+13%), Northrop Grumman (+13%), Thales (+21%), BAE Systems (+11%), Leonardo (+11%), Dassault (+9%), Lockheed Martin (+8%): Der Gewaltausbruch im Nahen Osten, der zum russisch-ukrainischen Konflikt hinzukommt und noch lange andauern dürfte, hat den Verteidigungs- und Rüstungstiteln auf beiden Seiten des Atlantiks Auftrieb verliehen.

New Fortress Energy (+11%), Matador Resources (+9%), Marathon Oil (+9%), Patterson-Uti Energy (+8%), BP plc (+8%): Da die Risiken für die Energieversorgung durch den israelisch-palästinensischen Konflikt, die Stilllegung einiger Förderanlagen in der Region und Befürchtungen in Bezug auf den Suezkanal zunehmen, dürfte die Lage bei den Öl- und Gaspreisen angespannt bleiben, was die Kurse im Sektor anziehen lässt.

Palantir (+8%): Der auf Datenanalyse spezialisierte US-Konzern hat vom US-Militär einen Auftrag erhalten, in dessen Rahmen das Unternehmen die Kapazitäten der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens testen und skalieren soll. Damit winkt bis 2026 ein Ertrag von bis zu 250 Mio. USD. Zur Erinnerung: Die Aktie hat seit Jahresbeginn dank des KI-Booms fast 180% hinzugewonnen.

Publicis (+7%): Der französische Werbekonzern trotzte der aktuellen Konjunkturflaute und veröffentlichte unerwartet gute Quartalszahlen. Zudem erhöhte das Unternehmen bereits zum zweiten Mal im laufenden Jahr den Gesamtjahresausblick: Man rechnet nun mit einem organischen Wachstum von 5,5-6%, einer operativen Marge von 18% und einem freien Cashflow von 1,7 Mrd. EUR. Dem Markt gefiel auch die Ankündigung des Unternehmens, sowohl intern als auch bei Kunden in großem Umfang KI einsetzen zu wollen. Daraufhin erhöhten mehrere Analysten ihr Kursziel oder stuften die Aktie hoch.

FLOPS

DaVita (-18%), Baxter (-13%), Fresenius SE (-9%) vs. Eli Lilly (+8%), Novo Nordisk (+8%): Die Popularität und der Börsenerfolg von Novo Nordisk und Eli Lilly, den führenden Anbietern von Medikamenten, die speziell für Menschen mit Übergewicht und Adipositas entwickelt wurden, setzen die Konkurrenten des Sektors weiter unter Druck. Der dänische Konzern setzte noch einen drauf, denn er stellte solide vorläufige Ergebnisse für sein Präparat Ozempic zur Behandlung der Niereninsuffizienz bei Diabetikern vor. Damit soll die Lebenserwartung dieser Patienten verlängert und die Dialysepflichtigkeit verringert werden. Auch das US-Unternehmen Eli Lilly hat diese Woche vielversprechende Ergebnisse zur Therapie des Morbus Crohn veröffentlicht.

Sartorius Stedim Biotech (-11%): Der Ausrüster der biopharmazeutischen Industrie leidet unter der nach der Coronapandemie rückläufigen Nachfrage, der Einstellung des Geschäfts in Russland und der geringen Investitionsneigung seiner Kunden. Daher senkte das Unternehmen zum zweiten Mal in diesem Jahr seine Geschäftsjahresziele, nachdem es bereits enttäuschende vorläufige Ergebnisse veröffentlicht hatte. Insbesondere rechnet man mit einem Umsatzrückgang von fast 19%.

St. James's Place plc (-15%): Der größte britische Vermögensverwalter steht unter Druck: Im Interesse der Transparenz und der Anpassung an neue Auflagen fordern die zuständigen Aufsichtsbehörden vom Konzern, seine Gebühren weiter zu senken und die den Kunden bisher berechneten Ausstiegsgebühren abzuschaffen. Der Titel verbuchte seit Jahresbeginn einen Kursverlust von über 38%.

Easyjet (-12%): Die Performance der Airline kann sich durchaus sehen lassen: Sie gab solide Quartalszahlen und erwartungsgemäße Gesamtjahresziele bekannt, enttäuschte jedoch bei den Passagierzahlen. Außerdem befürchten die Anleger, dass der Aufschwung nach der Pandemie durch den erneut aufflammenden israelisch-palästinensischen Konflikt gedämpft werden könnte: Die Fluggesellschaft strich alle Flüge nach Tel Aviv bis zum 17. Oktober und sagte zu, alle Stornierungen zu erstatten.

LVMH (-8%), Christian Dior (-7%), Moncler (-6%): Katerstimmung bei Luxuswerten. Die Quartalszahlen des französischen Branchenriesen LVMH waren enttäuschend. So verfehlte der Umsatz die Konsensschätzungen, weil sich die sinkende Nachfrage in China und der Rückgang im Spirituosensegment belastend auswirken. Der Talfahrt schlossen sich der italienische Titel Moncler und die Christian Dior Gruppe an. Letztere erzielte zwar in den ersten 9 Monaten des Jahres ein Umsatzwachstum von 14%, wurde aber auch aufgrund ihres Spirituosengeschäfts abgestraft.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Der Ausbruch des Kriegs zwischen Israel und der Hamas schürte erneut Ängste über die Sicherheit der Ölversorgung, weil die Regierungen einen Flächenbrand im Nahen Osten befürchten. Sollte der Konflikt tatsächlich auf eine der wichtigsten Ölförderregionen überschwappen, könnte der Preis für ein Fass Rohöl (WTI) schnell über 95 USD steigen.

Metalle: Gold profitierte (genauso wie der Schweizer Franken) von seinem Status als sicherer Hafen und überwand seine Unterstützungslinie bei 1.809 USD je Feinunze. Bevor aber an eine Rückkehr zu den historischen Höchstständen im Bereich von 2.080 USD zu denken ist, muss das Edelmetall erst die Marke von 1.960 USD knacken.

Agrarprodukte: Agrarrohstoffe waren kaum betroffen. Getreide (Weizen, Mais) blieb unter Abwärtsdruck und der Kakaopreis, der seit einem Jahr kontinuierlich steigt, legte eine kleine Atempause ein.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Champagnerlaune ade. Bis letzten Donnerstag schien alles mehr oder weniger unter Kontrolle: Die Währungshüter machten gegenüber der Presse erste Andeutungen, dass die Entwicklung der Anleiherenditen einer Zinsanhebung gleichkommen könnte, und ließen wenig Raum für Zweifel an der Position der US-Notenbank Fed auf der nächsten Sitzung ihres geldpolitischen Ausschusses, die für Anfang November angesetzt ist. Das galt jedoch nur so lange, bis die Daten des US-Verbraucherpreisindex veröffentlicht wurden. Im Monatsvergleich übertraf die Teuerung mit 0,4% die Erwartungen. Auf das Jahr hochgerechnet entspricht dies einem Plus von 3,7%. Daraufhin stiegen die Anleiherenditen ebenso wie der US-Dollar, was die Aktienmärkte nicht unberührt ließ. Neuer Auftrieb also für das Szenario "higher for longer" (auf längere Sicht höhere Zinsen), während es erneut Zweifel an einem möglichen weiteren (letzten?) Zinsschritt im Dezember gibt.

Neben der US-Inflation zogen die am Freitagmorgen veröffentlichten Konjunkturindikatoren aus China die Aufmerksamkeit auf sich. Die Wirtschaftszahlen blieben im September schwach und die Inflation ist im Jahresvergleich inzwischen auf 0 gefallen. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt strotzt also nicht gerade vor Kraft.

Kryptowährungen: Der Bitcoin ist seit Montag um 4% gesunken und bewegte sich bei Redaktionsschluss wieder im Bereich von 26.800 USD. Die zweitgrößte Kryptowährung Ether gab stärker nach und verlor im selben Zeitraum mehr als 5%. Seit nunmehr 210 Tagen oder 30 Wochen schauen Kryptoanleger zu, wie der Bitcoin zwischen 25.000 und 30.000 USD pendelt. Derweil sorgt in der Kryptowelt der Betrugsprozess gegen Sam Bankman-Fried in den USA für Aufregung, bei dem die Zeugenaussagen erdrückend sind.

Kurs und Volumen
Der Markt hält den Atem an
In der Berichtssaison für das 3. Quartal wird es langsam ernst, da rund fünfzig Unternehmen aus dem Club der Schwergewichte mit über 50 Mrd. USD Marktkapitalisierung ihre Ergebnisse präsentieren. Hierzu zählen unter anderem Rio Tinto, ASML, Nestlé, L'Oréal und Roche in Europa sowie Johnson & Johnson, Bank of America, Lockheed Martin und Tesla in den USA.

Daneben stehen in den USA und in China auch eine ganz Reihe von Konjunkturdaten auf dem Programm. Mit Spannung wird außerdem die Rede des Fed-Präsidenten am 19. Oktober erwartet. Angesichts der jüngsten Dissonanzen werden die Äußerungen von Jerome Powell wahrscheinlich noch mehr Gewicht haben als sonst.
Zunächst wünschen wir Ihnen allen aber ein schönes Wochenende.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.