Die beiden Zinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte dies- und jenseits des Atlantiks lösten vergangene Woche keine Begeisterung aus. Die US-Notenbank Fed signalisierte trotz ihrer unveränderten Inflationssorgen eine Pause, sieht allerdings in nächster Zeit keinen Spielraum für Zinssenkungen. Die EZB wird im Juni dagegen voraussichtlich erneut an der Zinsschraube drehen. Angesichts des Debakels bei US-Regionalbanken kamen diese Meldungen bei den Marktteilnehmern nicht gut an. So drehten die wichtigsten Börsenbarometer ins Minus.
Wochenperformance*
DAX
15961  +0.24%Chart
STOXX EUROPE 600
465.31  -0.29%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4136.25  -0.80%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
29157.95  +1.04%
Chart NIKKEI 225
GOLD
2015.94$  +1.46%
Chart GOLD
BRENT OIL
75.27$  -5.44%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.10$  +0.05%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

Immunogen (+138%): Die Aktie des Biotech-Unternehmens aus den USA legte diese Woche kräftig zu, nachdem bekannt wurde, dass das Eierstockkrebsmedikament Elahere die Phase-3-Studie mit positiven Ergebnissen abgeschlossen hatte. Das Medikament zeigte im Vergleich zur Chemotherapie einen deutlichen Vorteil für das Gesamtüberleben der Patienten. Nach dieser Ankündigung stuften mehrere Analysten die Aktie hoch. 

Vilmorin (+45%): Der französische Saatguthersteller Vilmorin & Cie erhielt ein Übernahmeangebot von seinem Hauptaktionär Limagrain, der die übrigen 28,8% des noch nicht in seinem Besitz befindlichen Kapitals erwerben und den Saatguthersteller anschließend von der Börse nehmen will. Das Übernahmeangebot wurde vom Verwaltungsrat positiv aufgenommen. Im Vorfeld des Angebots hatte Vilmorin mit hohen Wachstumsraten bei den Quartalsergebnissen geglänzt. So ist der Umsatz zuletzt um 21% gestiegen. 

Applus Services (+22%): Dem spanischen Spezialisten für industrielle Sicherheit, Inspektion und Zertifizierung liegen nach eigenen Angaben mehrere unverbindliche Übernahmeangebote vor. Wer die Kaufinteressenten sind, wurde jedoch nicht bekannt gegeben. Das Gerücht, dass die Giganten Apollo und Apax wohl zu den potenziellen Käufern gehören, reichte aus, um den Aktienkurs in die Höhe zu treiben. Das Unternehmen hatte bereits 2022 mehrere Interessensbekundungen erhalten, hat aber noch keine Entscheidung getroffen. 

Uber  (+21%): Für den Fahrdienstvermittler stehen alle Ampeln auf Grün. Er veröffentlichte unerwartet gute Ergebnisse und bestätigte damit die Tragfähigkeit seines Geschäftsmodells. Der Umsatz stieg im Quartal um 29%, die Bruttobuchungen um 19% und die Zahl der vermittelten Fahrten in allen Segmenten zusammen um 24%. Auch Gewinn und EBITDA lagen über den Erwartungen und der Schuldenabbau wird fortgesetzt. Die einzige Warnleuchte im Armaturenbrett ist die Frachtsparte, die um 23% rückläufig war. Darüber hinaus kündigte Uber eine Reihe interessanter Partnerschaften an, unter anderem mit The Kroger Co, Amazon und Stripe. 

Colruyt (+18%): Der belgische Einzelhändler gewann trotz des widrigen Konjunkturklimas wieder an Dynamik. Nach Angaben des Unternehmens sind die Marktanteile gestiegen und die Betriebs- und Energiekosten besser unter Kontrolle. Eigentlich hatte der Einzelhändler für das laufende Geschäftsjahr mit einem stark rückläufigen Netto- und Betriebsergebnis gerechnet. Nun konnte er seinen Ausblick leicht nach oben korrigieren, was dem Markt alles andere als missfiel. 

Shopify (+18%): Der kanadische E-Commerce-Spezialist legte robuste Quartalsergebnisse vor: Umsatz (+25% im 1. Quartal), Gewinn, Warenvolumen und Cashflow sind allesamt besser ausgefallen als erwartet. Vor allem aber kündigte die Plattform die Absicht an, 20% der Belegschaft zu entlassen und den Bereich Logistik und Lagerautomatisierung zu verkaufen, was die Anleger beruhigte. Das Unternehmen will sich stärker auf das Kerngeschäft konzentrieren: die Entwicklung von Tools für Online-Händler. 

Royal Caribbean (+10%): Rosige Aussichten für die zweitgrößte Kreuzfahrtreederei der Welt. Royal Caribbean profitiert trotz der wirtschaftlichen Verlangsamung genau wie andere Unternehmen der Branche von der wiedererwachten Reiselust. Der für das abgelaufene Quartal ausgewiesene Umsatz übertraf die Erwartungen und der Verlust war niedriger als prognostiziert. Das Unternehmen, dessen Aktie seit Jahresbeginn um die Hälfte zugelegt hat, hob seine Prognosen zum Jahresgewinn an. 

Flops

Chegg (-47%): Harte Zeiten für Bildungseinrichtungen. Die US-Plattform für Online-Nachhilfe hat die Märkte davor gewarnt, dass der auf künstlicher Intelligenz basierende Chatbot ChatGPT ihr Wachstum bedroht. Im abgelaufenen Quartal sank die Zahl der Abonnenten um 5%, und der Umsatz ging um 7% zurück. Das sorgte für Enttäuschung. Daraufhin korrigierten mehrere Analysten ihre Prognosen nach unten. Das Unternehmen gab allerdings bekannt, dass es mit Open AI (dem Eigentümer von ChatGPT) an der Integration von KI in seine Geschäftstätigkeit arbeitet. 

Icahn (-40%): Die Leerverkäufer haben wieder zugeschlagen! Der aktivistische Hedgefonds Hindenburg Research veröffentlichte eine negative Einschätzung zu Icahn Enterprises, dem vom Milliardär Carl Icahn gegründeten US-Konglomerat. In dem Dokument wird behauptet, dass die Investmentgesellschaft den Wert ihrer Anlagen künstlich aufbläht und eine Art Schneeballsystem betreibt, indem sie die Einlagen neuer Investoren dazu verwendet, Dividenden an Altanleger auszuschütten. Die Aktie reagierte mit einem abrupten Kurssturz. 

First Horizon (-42%): Doppelschlag für die First Horizon Corporation: Der im US-Bundesstaat Tennessee ansässige Finanzdienstleister ist nach den durch die Pleiten der Silicon Valley Bank sowie der Signature Bank und der First Republic Bank ausgelösten Turbulenzen im US-Bankensektor ohnehin bereits schwer ins Schlingern geraten. Nun schlägt auch noch die angestrebte Fusion mit der TD Bank fehl. Das kanadische Kreditinstitut hatte zuvor verlauten lassen, die angeschlagene US-Bank für 13,4 Mrd. USD übernehmen zu wollen, zog sein Angebot aber letztlich zurück und begründete dies mit Unwägbarkeiten bezüglich der ausstehenden regulatorischen Zustimmung. Doch auch viele andere US-Banken hatten heftige Kurseinbrüche zu verkraften. Zu nennen sind hier unter anderem Western Alliance (-51%), Comerica (-28%), Bankunited (-22%), East West Bancorp (-19,9%), Citizens Financial (-19,7%), Truist (-19,5%) und US Bancorp (-15,5%). 

Estée Lauder (-18%): Der Kosmetikkonzern legte enttäuschende Quartalszahlen vor. Der Umsatz sank um 12%, der Nettogewinn brach im Berichtszeitraum um 72% ein. Zuvor hatte das Unternehmen seine Prognosen innerhalb von sechs Monaten drei Mal nach unten korrigiert. Die schwache Erholung in China (wo das Unternehmen ein Drittel seines Umsatzes erwirtschaftet) und der lahmende europäische Markt bremsen das globale Wachstum des Beauty-Spezialisten. Der Umsatz in den USA stieg jedoch um 6%. 

ams OSRAM (-15 %): Auch die Performance des österreichischen Halbleiter- und Optoelektronik-Giganten enttäuschte die Anleger. Im vergangenen Quartal musste der Konzern einen Rückgang des Umsatzes und der operativen Marge sowie einen Verlust von 134 Mio. EUR hinnehmen. Im Vorjahreszeitraum hatte man dagegen noch einen Gewinn von 15 Mio. EUR erzielt. Die Bekanntgabe des Managements, dass sich der Abwärtstrend im nächsten Quartal fortsetzen werde, sorgte nicht gerade für Beruhigung an den Märkten. Der Konzern ernannte indes einen neuen Vorstandsvorsitzenden mit dem Ziel, den Börsenkurs im Laufe des Jahres wieder zu steigern. 

Zalando (-13%): Unter Berücksichtigung der Inflation und des wirtschaftlich schwierigen Umfelds war das Ergebnis des deutschen Online-Händlers nicht schlecht. Für das abgelaufene Quartal meldete Zalando ein Umsatzplus von 2,3%, einen Anstieg des Warenvolumens um 2,8% und eine Zunahme der aktiven Kunden um 4,8%. Diese Zahlen, die hohen Lagerbestände und die fehlende Vorgabe der Geschäftsleitung für die kommenden Quartale konnten die Anleger von den Jahresprognosen aber nicht überzeugen. 

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Woche für Woche das gleiche Spiel: Die Ölpreise fielen die dritte Woche in Folge und litten weiter unter Rezessionsängsten. Die Grundhaltung hat sich nicht geändert: Obwohl Beobachter für die zweite Jahreshälfte mit einem angespannten Markt rechnen, ist für die Finanzmärkte das Glas weiterhin halb leer, da eine Konjunkturabschwächung der Nachfrage schaden könnte. Hinzu kommt, dass die neuerlichen Erschütterungen im US-Bankensystem die Stimmung der Anleger nicht gerade heben. Die Ölpreise haben daher an den letzten Handelstagen relativ deutlich an Terrain eingebüßt. Die europäische Sorte Brent und die amerikanische Sorte WTI gaben auf Wochenbasis um etwa 5 % auf 74 bzw. 70 USD pro Barrel nach.

Metalle: Das Segment Industriemetalle entwickelte sich diese Woche eher unspektakulär. Die Preise pro Tonne tendierten insgesamt weiter seitwärts und lagen bei rund 8.500 USD für Kupfer, 2.300 USD für Aluminium und 2.600 USD für Zink. Gold sorgte dagegen für viel Gesprächsstoff, denn das in US-Dollar notierte Edelmetall erreichte mit 2.081 USD je Feinunze einen neuen Höchststand. Gold ist derzeit sehr beliebt, denn es profitiert von einem Rückgang der Anleiherenditen, die bei einem möglichen Ende der Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed noch weiter sinken könnten, aber auch von einer infolge der US-Bankenpleiten steigenden Risikoaversion.

Agrarprodukte: Kiew und Moskau müssen sich erneut auf eine Verlängerung des Getreideabkommens einigen, das in zwei Wochen ausläuft. Da dies nicht zum ersten Mal der Fall ist, hat sich der Markt mit dieser Ungewissheit arrangiert. Derweil beschuldigt Russland die Ukraine, den Kreml mit einer Drohne angegriffen zu haben, was weiter zur unsicheren Gemengelage beiträgt. Reicht dieser Zwischenfall aus, um Russland zur Aufkündigung des Abkommens zu bewegen? In Kürze wissen wir mehr, denn die Gespräche haben bereits begonnen. Der Weizenpreis stieg an der Börse in Chicago leicht auf 650 Cent je Scheffel, der Maispreis tendiert unterdessen stabil bei 590 Cent.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Ernüchterung. Die Marktteilnehmer hatten eine Zinserhöhung und eine anschließende Zinspause der US-Notenbank erwartet. Genau das gab die Fed am 3. Mai bekannt. Fed-Chef Powell ließ durchblicken, dass die Notenbank vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt erneut an der Zinsschraube drehen muss, falls die Inflation sich auf ihrem hartnäckig hohen Niveau hält. Die Anleger glauben allerdings nicht mehr daran. Die EZB erhöhte ihren Leitzins leicht, denkt aber nicht an eine Pause. EZB-Chefin Christine Lagarde und die EZB-Ratsmitglieder sorgen sich nach wie vor um die Preissteigerungen. Die Aktienmärkte würden die Geldpolitik der Fed vermutlich begrüßen, wäre da nicht die schwelende US-Bankenkrise. Sobald eine Regionalbank durch einen Bank-Run (massiver Abzug von Kundeneinlagen und Flucht zu größeren Banken) in die Pleite getrieben wurde, gerät eine andere Bank aufgrund von Zweifeln ins Wanken. Das sorgt im Zusammenspiel mit den Rezessionsbefürchtungen für eine eher ängstliche Stimmung.

Devisen: Trotz einiger Ausschläge innerhalb eines engen Kanals scheint sich der US-Dollar in dieser Woche zumindest auf den ersten Blick kaum bewegt zu haben. Der Dollar-Index (DXY), der die Stärke des Greenback gegenüber dem Euro, dem Pfund Sterling, dem Yen, dem Schweizer Franken, der schwedischen Krone und dem kanadischen Dollar misst, fiel um 0,2% auf 101,28 Punkte. Die im Vergleich zur US-Notenbank Fed striktere Haltung der EZB in Bezug auf weitere Zinsschritte hat dem Euro in dieser Woche nicht gerade genützt. Der australische Dollar machte hingegen gegenüber anderen Währungen Boden gut, nachdem die Reserve Bank of Australia überraschend beschlossen hatte, den Leitzins um 0,25% anzuheben (1 USD kostete zuletzt 1,486 AUD). Als zweiter Gewinner der Woche erwies sich der Yen, der zum ersten Mal seit einem Monat eine positive Wochenperformance verzeichnete. Dabei profitierte er angesichts der Turbulenzen im US-Bankensektor von seinem Nimbus als sicherer Hafen und wertete auf, so dass für 1 USD bei Redaktionsschluss 134,14 JPY aufzuwenden waren. Der EUR/CHF-Kurs lag bei 0,9833.

Anleihen: Vergangene Woche gab es wahrlich keinen Mangel an geldpolitischen Entscheidungen. Die US-Notenbank Fed eröffnete den Reigen am Mittwoch mit einer Erhöhung des Leitzinses um 25 Basispunkte, gefolgt von der Europäischen Zentralbank am Donnerstag. Damit hatten die Märkte zwar gerechnet, doch sind die von Fed-Chef Jerome Powell aufgezeigten Perspektiven gelinde gesagt nebulös. Wir hatten auf aussagekräftigere Hinweise zum geplanten Ende des geldpolitischen Straffungskurses gehofft, doch das war wohl nichts. Glücklicherweise hellte der am Freitag veröffentlichte Arbeitsmarktbericht, der deutlich besser als erwartet ausfiel, die ansonsten recht trübe Woche auf. Die Rendite 10-jähriger US-Treasuries bewegte sich weiter innerhalb einer engen Bandbreite zwischen 3,63% und 3,31%.

Kryptowährungen: Der Bitcoin tendierte im Wochenverlauf weiter seitwärts und lag auch bei Redaktionsschluss im Bereich von 29.000 USD. Der Ether schnitt hingegen deutlich besser ab als der Marktführer und erholte sich seit Montag um mehr als 3%. Da es aber noch immer an starken positiven Katalysatoren mangelt, bleiben die Digitalwährungen trotz allem insgesamt abhängig von der Entwicklung der Wirtschaft und dürften daher weiterhin sensibel auf die nächsten Konjunkturdaten reagieren. 

Termine: Nächste Woche wird in Frankreich der 8. Mai gefeiert, für die Pariser Börse ist jedoch kein Feiertag. Die Börse in London bleibt dagegen wegen der Krönung von König Charles III. geschlossen. Neben diesem Jahrhundertereignis richten sich die Augen in Großbritannien am Donnerstag auf einen anderen, nicht ganz so seltenen Termin: den Zinsentscheid der Bank von England. In den USA stehen am Mittwoch die Inflationszahlen für April im Mittelpunkt. Am Donnerstag folgt die Veröffentlichung der Erzeugerpreise für April und am Freitag der Verbrauchervertrauensindex der Universität Michigan.
Kurs und Volumen
Die Märkte fahren auf Sicht
Die US-Notenbank Fed hat nach der Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte angedeutet, dass sie in Abhängigkeit von den nächsten Wirtschaftsdaten möglicherweise eine Pause einlegen wird. Gleichzeitig schloss sie eine weitere Anhebung nicht aus, sollte diese erforderlich sein. Die Anzeichen für eine wirtschaftliche Verlangsamung mehren sich, wenngleich der unverändert solide US-Arbeitsmarkt für Verwirrung sorgt. Der Zugang zu Krediten ist für Privatpersonen und Unternehmen schwieriger geworden und die Teuerungsrate ist nach wie vor hoch, sinkt aber langsam. Angesichts der Unsicherheiten sind die Anleger vorsichtig. Der aktuell recht optimistische Konsens kann leicht kippen, während sich am Horizont schwarze Wolken für die Wirtschaft zusammenbrauen. Daher werden wir die weiteren Zahlen aufmerksam verfolgen.
Wir wünschen Ihnen allen eine gute Woche!
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.