Die Immuntherapie ist das am schnellsten wachsende Feld im jährlich 100 Milliarden Dollar schweren Markt für Krebsmedikamente. Bristol-Myers gehörte in diesem Gebiet zu den Pionieren, bekam aber starken Konkurrenzdruck durch den US-Rivalen Merck & Co, der mit seiner Immuntherapie Keytruda eine dominierende Position bei der Behandlung von Lungenkrebs - der weltweit häufigsten Krebsart - einnimmt. Durch den Zusammenschluss von Bristol-Myers und Celgene soll nun ein führendes Unternehmen in den Bereichen Krebs, Immunologie, Entzündungs- sowie Herzkreislauferkrankungen entstehen, wie beide Seiten am Donnerstag mitteilten.

Celgene hatte sich erst selbst im vergangenen Jahr mit dem Kauf des Krebsspezialisten Juno Therapeutics für neun Milliarden Dollar in der Immuntherapie verstärkt. Der Kauf durch Bristol-Myers wäre eine der größten Übernahmen in der Pharmaindustrie der vergangen Jahre. 2018 hatte der japanische Arzneimittelhersteller Takeda den größten Zukauf in der Branche bekanntgegeben; er übernimmt für 59 Milliarden Dollar den irischen Rivalen Shire. Seit Jahren befindet sich die Pharmaindustrie in einem unaufhörlichen Konzentrationsprozess. Da viele Patente auslaufen und die Kosten für Forschung und Entwicklung steigen, bündeln immer mehr Firmen ihre Kräfte.

EXPERTE: BRISTOL-MYERS ZAHLT HOHEN PREIS

Einer mit der Sache vertrauten Person zufolge begannen die Gespräche zwischen Bristol-Myers und Celgene im vergangenen September, Bristol-Myers machte dabei den ersten Schritt. Nach Einschätzung von Analyst Alex Arfaei von BMO Capital Markets zahlt der Pharmakonzern einen hohen Preis. Zudem gingen von dem Deal keine positiven Signale für die eigenständigen Wachstumsaussichten von Bristol-Myers aus. Investoren hatten sich zuletzt besorgt über die Wachstumsaussichten sowohl von Bristol-Myers als auch Celgene geäußert, nachdem beide Unternehmen Rückschläge bei der Medikamentenentwicklung verdauen mussten und wachsendem Konkurrenzdruck im Krebsgeschäft ausgesetzt waren. Der Zusammenschluss mache beide Firmen nun aber deutlich stärker, urteilte Brad Loncar, Geschäftsführer von Loncar Investments.

Die Aktionäre von Celgene solle je eine Aktie von Bristol-Myers erhalten sowie 50 Dollar in bar je gehaltenem Anteilsschein, das Unternehmen wird damit mit 102,43 Dollar je Aktie bewertet. Bristol-Myers-Aktien verbilligten sich am Donnerstag knapp zwölf Prozent, während die Papiere von Celgene um gut 28 Prozent zulegten. Die Anteilseigner der Biotechfirma sollen im Rahmen des Deals auch einen Optionsschein erhalten, der ihnen eine Zahlung von neun Dollar zusichert, wenn drei bestimmte neue Medikamente von Celgene in den nächsten Jahren in den USA zugelassen werden.

NEUE MEDIKAMENTE SOLLEN MILLIARDENUMSÄTZE BRINGEN

Zusammen hoffen die beiden Unternehmen, in der nächsten Zeit sechs neue Medikamente mit einem Umsatzpotenzial von mehr als 15 Milliarden Dollar auf den Markt bringen zu können. Im frühen Stadium der Entwicklung befänden sich alleine 50 Produkte mit hohem Potenzial. Durch den Zukauf erwartet Bristol-Myers zudem jährliche Einsparungen von rund 2,5 Milliarden Dollar bis 2022. Den Abschluss des Deals, der bereits grünes Licht vom Celgene-Aufsichtsrat erhalten hat, erwartet der Konzern im dritten Quartal.