Einige Geschworene von Ghislaine Maxwell zweifelten zunächst an den Anklägern, sagt ein Geschworener

Während der Beratungen der Geschworenen im Prozess gegen die britische Prominente Ghislaine Maxwell zweifelten einige Geschworene zunächst an den Aussagen von zwei ihrer Anklägerinnen, sagte ein Mitglied der Jury am Dienstagabend.

Dieser Geschworene, der nur mit seinem Vor- und Zunamen genannt werden möchte, sagte, dass einige der Geschworenen Probleme mit der Glaubwürdigkeit der Zeugen Jane und Carolyn hatten, zwei der vier Frauen, die aussagten, dass Maxwell sie als Teenager mit dem verstorbenen Finanzier Jeffrey Epstein verkuppelt hatte.

Nachdem einige der Geschworenen die Richtigkeit der Erinnerungen der beiden Frauen angezweifelt hatten, beschloss er, seine eigenen Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch als Kind zu schildern. Er sagte, er erinnere sich an die meisten wichtigen Elemente dessen, was ihm widerfahren sei, aber nicht an jedes einzelne Detail. Das hat einige Geschworene beeindruckt, sagte er.

"Als ich das erzählte, waren sie in der Lage, den Erinnerungsaspekt des sexuellen Missbrauchs zu akzeptieren", sagte Scotty David, ein 35-jähriger Einwohner Manhattans, in einem Telefoninterview mit Reuters. Zuvor hatte er bereits ein Interview mit The Independent gegeben.

Er fügte hinzu, dass es "nicht einfach war, zu einem einstimmigen Urteil zu kommen, um ehrlich zu sein".

"In einem Raum mit 12 Personen müssen wir alle auf derselben Seite stehen und wir müssen alle verstehen, was vor sich geht", sagte er. "Und dann müssen wir uns einig sein. Das ist auch der Grund, warum es so lange gedauert hat."

Maxwell, 60, wurde am 29. Dezember für schuldig befunden, Mädchen im Teenageralter für sexuelle Begegnungen mit Epstein angeworben und vorbereitet zu haben. Die Verurteilung erfolgte nach fünf vollen Tagen der Beratung.

Während der Auswahl der Geschworenen wurden Hunderten von angehenden Geschworenen Fragebögen ausgehändigt, in denen sie unter anderem gefragt wurden, ob sie oder jemand in ihrer Familie sexuellen Missbrauch erlebt hätten, wie aus den Gerichtsakten hervorgeht.

Bei denjenigen, die dies bejahten, fragte der Richter bei der anschließenden Befragung, ob dies ihre Fähigkeit, als faire und unparteiische Geschworene zu fungieren, beeinträchtigen würde, wie aus den Unterlagen hervorgeht.

Scotty David sagte, er könne sich nicht daran erinnern, dass er während der Nachbefragung, auch Voir dire genannt, nach seinen Erfahrungen gefragt wurde. Er sagte, er sei durch den ersten Fragebogen "geflogen" und erinnerte sich auch nicht daran, dass er auf dem Formular nach persönlichen Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch gefragt wurde, aber dass er ehrlich geantwortet hätte.

Die US-Staatsanwaltschaft in Manhattan hat am Mittwoch einen Brief an die US-Bezirksrichterin Alison Nathan geschrieben und sie gebeten, die Schilderung des Geschworenen, ein Opfer sexuellen Missbrauchs gewesen zu sein, und seine Antworten auf den Fragebogen zu untersuchen, da der Geschworene u.a. gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters ausgesagt hat.

"Obwohl das Gericht die Geschworenen angewiesen hat, dass es ihnen freisteht, ihre Tätigkeit als Geschworene mit jeder Person ihrer Wahl zu besprechen, verdienen einige der Aussagen, die in den Medien veröffentlicht wurden, die Aufmerksamkeit des Gerichts", heißt es in dem Schreiben.

Maxwells Verteidiger reagierten nicht auf Bitten um einen Kommentar zu Scotty Davids Bericht über die Beratungen der Geschworenen oder seine Antworten auf Fragen während der Geschworenenauswahl.

Die Geschworenen wurden während des Prozesses nicht namentlich genannt. Scotty David zeigte Reuters ein Foto eines Anweisungsschreibens des Gerichts, das ihn aufforderte, am 29. November zum letzten Tag der Geschworenenauswahl zurückzukehren. Seine Geschworenennummer, die auf dem Blatt aufgeführt ist, befand sich unter den 18 Geschworenen, die als Geschworene oder Ersatzgeschworene ausgewählt wurden.

Maxwells Verteidiger argumentierten, dass die Erinnerungen der Frauen im Laufe der Jahre verfälscht worden waren und dass sie durch Geld motiviert waren, Maxwell zu belasten.

Scotty David sagte, dass mehrere Geschworene anfangs nicht sicher waren, ob sie Maxwell in dem Anklagepunkt des sexuellen Menschenhandels verurteilen sollten, der durch die Aussage einer Frau namens Carolyn gestützt wird, die sagte, dass sie 14 Jahre alt war, als Epstein sie 2002 zu missbrauchen begann.

Aber er sagte, einige Geschworene hätten ihre Meinung geändert, nachdem sie die persönliche Geschichte einer Geschworenen gehört hatten, die sagte, sie sei in armen Verhältnissen aufgewachsen. Carolyn sagte, sie habe die Schule in der siebten Klasse abgebrochen und bekam jedes Mal 300 Dollar - manchmal von Maxwell - wenn sie Epstein eine erotische Massage gab. Carolyn sagte, sie habe das Geld benutzt, um Drogen zu kaufen.

"Für Carolyn brauchte es einen der Geschworenen, der ihre Geschichte vom Aufwachsen im gleichen sozioökonomischen Umfeld erzählte", sagte er. "Sie wuchs in armen Verhältnissen auf und sagte, wenn es in ihrer Nachbarschaft einen Epstein oder Ghislaine gegeben hätte, wären einige der Mädchen auch ihnen zum Opfer gefallen."

Scotty David sagte, er sei skeptisch gegenüber dem Argument der Verteidigung, dass Maxwell als Sündenbock für Epstein behandelt wurde, der im Alter von 66 Jahren in einer Gefängniszelle in Manhattan durch Selbstmord starb, während er auf seinen Prozess wegen sexuellen Missbrauchs wartete.

"Sie hat mitgemacht, sie war mitschuldig, sie hat nichts getan, um es zu verhindern", sagte er.