Mit der Vorlage des Leitlinienentwurfs ersucht die Kommission um Stellungnahmen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Agrarsektor. Nach der letzten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union gelten neue, spezifische Vorschriften für den Verkauf von Olivenöl, lebenden Rindern und Kulturpflanzen. Diese sollen es den Erzeugern ermöglichen, die vorgenannten Erzeugnisse gemeinsam zu vermarkten. Dafür müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, u. a. müssen durch die Zusammenarbeit erhebliche Effizienzgewinne erzielt werden. Die Leitlinien der Kommission sollen dazu beitragen, dass im Zuge der Umsetzung der GAP-Reform die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette verbessert wird, wirksamer Wettbewerb bestehen bleibt und die Märkte für Agrarprodukte innovativer werden. Im Rahmen der öffentlichen Konsultation können bis zum 5. Mai 2015 Stellungnahmen abgegeben werden. Danach wird die Kommission unter Berücksichtigung der Stellungnahmen ihren Vorschlag überarbeiten. Ziel ist es, die neuen Leitlinien Ende 2015 zu verabschieden.

Am 1. Januar 2014 trat die neue GAP der EU in Kraft (siehe auch das entsprechende Memo), mit der unter anderem neue Wettbewerbsvorschriften für bestimmte Agrarerzeugnisse eingeführt worden sind. So ist nun auch eine über Erzeugerorganisationen oder Vereinigungen von Erzeugerorganisationen erfolgende gemeinsame Vermarktung von Olivenöl, lebenden Rindern und Kulturpflanzen möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

     i.     Die vorgenannten Organisationen sollten die Landwirte dabei unterstützen, erheblich effizienter zu wirtschaften, indem sie diese zum Beispiel mit Lager-, Vertriebs- und Transportdiensten unterstützen, und

    ii.     die von der Organisation vermarkteten Mengen dürfen eine bestimmte Obergrenze nicht überschreiten.

In den neuen Leitlinien der Kommission wird erläutert, wie die neuen Vorschriften am besten im Interesse von mehr Investitionen und Wachstum genutzt werden können und zugleich für gleiche Ausgangsbedingungen für alle Anbieter auf dem Binnenmarkt gesorgt wird. Der Leitlinienentwurf enthält

  • Beispiele dafür, welche Unterstützungsdienste Erzeugerorganisationen anbieten könnten, um Landwirten maßgebliche Effizienzgewinne zu ermöglichen,
  • Hinweise dazu, wie sichergestellt werden kann, dass die Mengen, die Erzeugerorganisationen vermarkten dürfen, nicht überschritten werden, und
  • Erläuterungen dazu, in welchen Fällen die Wettbewerbsbehörden eine Schutzklausel anwenden oder gemeinsame Vermarktungsverträge einer Erzeugerorganisation auflösen oder wieder in Kraft setzen können.

Die nationalen Wettbewerbsbehörden und Landwirtschaftsministerien wurden bereits zu diesem Entwurf konsultiert. Jetzt bittet die Kommission die Interessenträger um Stellungnahmen zu den neuen Leitlinien. Stellungnahmen können bis zum 5. Mai 2015 übermittelt werden. Die Kommission wird ihre Vorschläge auf einer Konferenz am 4. März 2015 vorstellen, zu der Interessenträger sowie die nationalen Wettbewerbsbehörden und Landwirtschaftsministerien eingeladen sind. Der vollständige Text der vorgeschlagenen Leitlinien kann über den nachstehenden Link eingesehen werden:

http://ec.europa.eu/competition/consultations/2015_cmo_regulation/index_en.html

Hintergrund

Aus der von der Kommission in Verbindung mit der GAP-Reform vorgenommenen Folgenabschätzung ging hervor, dass Verbesserungsbedarf bezüglich der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette bestand und Voraussetzungen geschaffen müssen, die es dem Agrarsektor ermöglichen, wettbewerbsfähiger und innovativer zu werden. Hierfür müsste insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den Landwirten verbessert und für mehr Wettbewerb im Agrarsektor gesorgt werden.

Im Zuge der GAP-Reform 2013 wurden die Kartellvorschriften für den Agrarsektor geändert, insbesondere für Olivenöl, Rindfleisch und Kulturpflanzen. Enthalten sind die neuen Vorschriften in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse ("GMO-Verordnung"). Im Juni 2014 kündigte die Kommission neue Leitlinien an, in denen auf Wettbewerbsfragen, die sich aus der Durchführung der neuen GMO ergeben könnten, eingegangen werden soll. Zudem hat das Parlament verlangt, dass in allen EU-Mitgliedstaaten eine kohärente Anwendung der GAP-Reform von 2013 sichergestellt wird. Nach Artikel 206 der GMO-Verordnung ist die Kommission gehalten, gegebenenfalls Leitlinien auszuarbeiten und zu erlassen.

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