Detroit (Reuters) - Der Streik der Automobilarbeiter in den USA schlägt beim größten US-Autobauer General Motors ins Kontor.

Der Konzern aus Detroit gab sein bisheriges Gewinnziel für das Gesamtjahr in einer Spanne von 9,3 bis 10,7 Milliarden Dollar auf. Bei Kosten von mittlerweile 200 Millionen Dollar pro Woche aufgrund des Produktionsausfalls seien Belastungen von 800 Millionen Dollar seit Streikbeginn aufgelaufen, erklärte GM-Finanzvorstand Paul Jacobson am Dienstag. Konzernchefin Mary Barra kündigte an, bei den Elektroautoplänen auf die Bremse zu steigen. Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) rief kurz darauf zur Ausweitung der Streiks bei GM auf ein SUV-Werk in Texas auf. Rund 5000 Beschäftigte schließen sich dem seit sechs Wochen laufenden Arbeitskampf an, um Druck für höhere Löhne zu machen.

Im Tarifkonflikt überzieht die UAW die drei traditionellen US-Autobauer GM, Ford und Stellantis seit Mitte September mit Streiks. Mittlerweile ist mehr als ein Viertel der Beschäftigten im Ausstand. Bei GM betrifft es jetzt drei Werke und fast 20 regionale Verteilzentren für Ersatzteile. Die UAW fordert 40 Prozent mehr Geld über viereinhalb Jahre Laufzeit. Die drei Konzerne boten 23 Prozent an. GM will der UAW anders als die beiden Konkurrenten kein Streikrecht bei drohenden Standortschließungen einräumen.

Die UAW wies das Angebot von GM als unzureichend zurück. "Es ist Zeit, dass GM-Arbeiter und die gesamte Arbeiterklasse ihren fairen Anteil bekommen", sagte Gewerkschaftsboss Shawn Fain. GM-Chefin Barra sagte, die rekordhohe Offerte werde Arbeitern ein Jahreseinkommen von bis zu 84.000 Dollar ermöglichen und das Unternehmen zu Einsparungen zwingen. "Wir werden keinem Vertrag zustimmen, der unverantwortlich ist gegenüber Beschäftigten und Aktionären", betonte die Managerin.

Neben Streikkosten verwies Finanzchef Jacobson auf künftig steigende Arbeitskosten und die unsichere Wirtschaftslage als Gründe für den Verzicht auf eine Ergebnisprognose. Das Management sei besorgt, neben steigenden Zinsen könne auch der eskalierte Nahost-Konflikt die Nachfrage der Verbraucher dämpfen, erklärte Jacobson. Bisher hätten sich die Verbraucher nicht abschrecken lassen, wie der stabil bei 50.750 Dollar liegende Durchschnittspreis verkaufter Fahrzeuge zeige.

Im dritten Quartal kletterte der Umsatz von GM gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,4 Prozent auf 44,1 Milliarden Dollar, der Nettogewinn sank um 7,3 Prozent auf 3,06 Milliarden Dollar. Von LSEG befragte Analysten hatten mit einem viel stärkeren Gewinneinbruch auf 2,5 Milliarden Dollar gerechnet.

ETAPPENZIEL FÜR E-AUTOS ABGESAGT

Um Kosten einzusparen, werden Barra zufolge Elektroautos langsamer als bisher geplant auf den Markt kommen. Das Ziel, bis Mitte nächsten Jahres 400.000 E-Autos zu bauen, sei nicht mehr zu erreichen. Grund hierfür ist auch die lahmende Nachfrage nach Fahrzeugen mit Elektromotor. Selbst bei Tesla ist die Euphorie verflogen. Konzernchef Elon Musk schreckte vergangene Woche mit Warnungen über eine sinkende Autonachfrage wegen steigender Finanzierungskosten und hoher Inflation auf. GM müsse sich an den Markt anpassen, erklärte der Finanzchef. Bis Ende 2025 werde aber weiter angepeilt, die Marke von einer Million produzierter Elektroautos und gleichzeitig die Renditeziele zu erreichen. GM visiert eine niedrige bis mittlere einstellige operative Rendite an. Durch den Einsatz günstiger chinesischer Lithium-Ionen-Zellen im neuen Chevrolet Bolt und den Verzicht auf früher geplante weitere Einstiegsmodelle sollen Milliarden eingespart werden, erklärte Barra.

(Bericht von Joseph White, Ben Klayman; geschrieben von Ilona Wissenbach, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)