Börsen-Zeitung: Basta!, Kommentar zur EZB von Mark Schrörs
   Frankfurt (ots) - EZB-Präsident Mario Draghi hat im Grunde genau 
das geliefert, was zu erwarten war: Zwar hat er die bessere Lage in 
Euroland mit Blick auf Wachstum und Inflation gewürdigt. Zugleich 
trat er aber beim Wachstum auf die Euphoriebremse und spielte den 
jüngsten, rasanten Inflationsanstieg herunter - auch mit dem Ziel, 
jegliche Debatte über ein vorzeitiges Ende der ultralockeren 
Geldpolitik im Keim zu ersticken. Alt-Kanzler Gerhard Schröder hätte 
an dieser Stelle wohl noch sein legendäres "Basta!" hinzugefügt.

   Draghis Argumentation ist einerseits verständlich: Nach Jahren, in
denen das Wachstum enttäuscht hat und die Inflation immer wieder 
hinter den EZB-Prognosen und vor allem weit hinter dem EZB-Ziel von 
knapp 2 Prozent zurückgeblieben ist, will die Europäische 
Zentralbank(EZB) keine überbordenden Erwartungen wecken und nicht zu 
früh den Sieg verkünden. Sie fürchtet zudem einen voreiligen Exit 
etwa aus dem Wertpapierkaufprogramm (Quantitative Easing, QE) - zumal
kaum noch Handlungsspielraum bestünde, sollte es große Rückschläge 
geben.

   Andererseits aber ist diese Argumentation fragwürdig, wenn nun 
etwa die stabil niedrige Kerninflation (ohne Energie und 
Lebensmittel) nahe 1 Prozent herausgestellt wird, um die kräftig 
anziehende Gesamtrate zu relativieren - schließlich war die stabile 
Kernrate von 1 Prozent auch kein Argument gegen QE & Co., als die 
Gesamtrate um und unter null lag. Die Argumentation ist grenzwertig, 
wenn sie allein die politischen Risiken adressiert - schließlich 
läuft das schnell auf eine politisch motivierte Geldpolitik hinaus. 
Sie ist kontraproduktiv, wenn sie selbst Pessimismus bei den 
Wirtschaftsakteuren schürt - schließlich befördert das etwa den 
Attentismus bei den Investitionen. Und sie ist gefährlich, wenn 
dadurch der richtige Zeitpunkt für den Exit verpasst wird - 
schließlich birgt das mindestens so große Gefahren wie ein zu früher 
Ausstieg.

   Die EZB darf sich die Argumente nicht stets gerade so 
zurechtlegen, wie es ihr in den (ultralockeren) Kram passt. Auch wenn
die teilweise aufgekommene Inflationshysterie in Deutschland ebenso 
übertrieben ist wie die Deflationsängste der EZB anno 2016 - der 
Inflations- und Wachstumsausblick spricht dafür, den Ausstieg jetzt 
einzuläuten oder zumindest vorzubereiten. Das gilt umso mehr, als es 
beim Ausstieg aus QE noch mehr als bei einer Leitzinswende darauf 
ankommt, plötzliche Kurswechsel zu vermeiden. Die Art, wie Draghi 
aber schon jede Frage nach einer weiteren QE-Reduzierung noch 2017 
als "Luxusproblem" abkanzelt und jede Diskussion über den Ausstieg 
abbügelt, ist da - gelinde gesagt - höchst irritierend.

OTS:              Börsen-Zeitung
newsroom:         http://www.presseportal.de/nr/30377
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de