STUTTGART (dpa-AFX) - Bei einem Besuch von Russlands Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew in Stuttgart haben deutsche Unternehmer eine Lockerung der westlichen Sanktionen gegen das Riesenreich gefordert. Zwar achte die Wirtschaft das Primat der Politik, sagte der Honorarkonsul der Russischen Föderation, Klaus Mangold, am Dienstag in der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Stuttgart. Gleichwohl seien die Unternehmen inzwischen "überproportional zum Leiden gezwungen". IHK-Vizepräsident Albrecht Kruse sprach sich für eine Lockerung der gegen Russland im Ukraine-Konflikt verhängten Sanktionen aus.

Minister Uljukajew sagte, sein Land komme langsam aus der schweren Krise. Der Rubel werde stärker. Neues Wachstum erwartet er in der zweiten Jahreshälfte. Nach einem Besuch beim Autobauer Daimler rief er die deutschen Unternehmen auf, trotz politisch schwieriger Zeiten weiter in Russland zu investieren. "Wenn wir nicht in nächster Zeit das Vertrauen wieder aufbauen, dann riskieren wir, viel zu verlieren", sagte Uljukajew. "Wir brauchen Investitionen."

Das Land wolle durch Bürokratieabbau - etwa bei den Zollverfahren - durch bessere Infrastruktur und die Privatisierung von Staatsbetrieben attraktiver werden für Investoren. "Auch deutsche Investoren haben alle Möglichkeiten, sich an dem Prozess der Privatisierung zu beteiligen", sagt Uljukajew der Deutschen Presse-Agentur. Er lobte, dass die deutsche Wirtschaft dem russischen Markt in Krisenzeiten die Treue gehalten habe.

Die Rohstoffmacht Russland steckt auch wegen des niedrigen Ölpreises in der Krise. Vor allem machen die Sanktionen des Westens dem Land zu schaffen. Die EU und die USA hatten die Strafmaßnahmen verhängt, weil Russland im März 2014 der Ukraine die Schwarzmeerhalbinsel Krim entrissen hatte. Im Gegenzug erließ Russland ein Embargo gegen westliche Lebensmittel.

Begleitet wurde Uljukajew, der bereits 2014 in Stuttgart war, von den Gouverneuren der Gebiete Smolensk, Kaluga und Kaliningrad (um das frühere Königsberg). Beide Seiten betonten, dass die Sanktionen der Wirtschaft schadeten. Vor allem baden-württembergische Maschinenbauer und die Automobilindustrie interessieren sich weiter für den russischen Markt.

Nach Darstellung von Uljukajew brach der Handel zwischen Deutschland und Russland 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 34,7 Prozent ein. Er lag demnach noch bei 45,8 Milliarden US-Dollar (rund 41 Mrd Euro). Nach Angaben der IHK Region Stuttgart schrumpft das Volumen weiter.

Im Ranking der baden-württembergischen Exportmärkte sackte Russland von Platz 10 im Rekordjahr 2012 auf Rang 18 im Vorjahr ab. Im Januar und Februar dieses Jahres ging der Handel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 12,7 Prozent zurück. In absoluten Zahlen waren das 381,8 Millionen Euro - nach 437,5 Millionen Euro./mau/DP/he