HANNOVER (dpa-AFX) - Von so vielen freien Tagen können Arbeitnehmer nur träumen: Insgesamt 75 Tage Schulferien haben Kinder in Deutschland pro Jahr, das regelt ein Abkommen aus dem Jahr 1964. Lediglich die Sommerferien werden zentral von der Kultusministerkonferenz festgelegt, bei den anderen Ferien haben die Länder freie Hand. Und da gibt es nur in einem Punkt riesige Unterschiede: bei den Zeugnis-, Winter- oder Skiferien.

Am Samstag können die ersten Familien mit schulpflichtigen Kindern in Berlin und Brandenburg in den einwöchigen Winterurlaub starten. In Niedersachsen und Bremen ermöglichen die zweitägigen Zeugnisferien zumindest ein verlängertes Wochenende, das vielfach zu einem Trip in den Harz oder zunehmend auch zu einem Kurzurlaub in den Alpen genutzt wird. Andere schauen in die Röhre. In Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein sind Winterferien Fehlanzeige.

Die Initiative "NRW in den Schnee" setzt sich für ihre Einführung im bevölkerungsreichsten Bundesland ein. Ostern und Weihnachten seien für Wintersport aus meteorologisch-geografischen, familiären und religiösen Gründen nicht gut geeignet, heißt es in einer Petition an das Schulministerium. Außerdem könnten die Skiferien zeitlich an die "Brauchtumstage des Karneval" gekoppelt werden. Allerdings fand die gleichlautende Online-Petition auf change.org nur 428 Unterstützer. Mittlerweile gehen nach Angaben des Ministeriums in Düsseldorf nur noch vereinzelt Anregungen zur Ferienordnung ein.

Besonders die bayerische Tourismusbranche würde sich über eine Ausweitung der Skiferien freuen. Bereits im Winterhalbjahr 2015/2016 sei die Rekordzahl von 14 Millionen Ankünften und 35,4 Millionen Übernachtungen erreicht worden, sagt der Geschäftsführer der Bayern Tourismus Marketing GmbH, Jens Huwald. Er gehe davon aus, dass auch viele bayerische Familien die mehrtägigen Winterferien für eine kleine Auszeit im eigenen Bundesland nutzen. Bayern hat seit 2003 eine Woche Ferien im Februar.

Im Osten Deutschlands sind die Winterferien schon seit DDR-Zeiten Tradition. Nach den Zeugnissen soll es eine deutliche Zäsur geben. "Wir sind der Auffassung, dass nach dem Halbjahr eine Phase der Erholung einsetzt", sagt der Sprecher des Kultusministeriums in Sachsen-Anhalt, Stefan Thurmann. Die Winterferien seien zwischen ein und zwei Wochen lang. "Von den Eltern gibt es keine Beschwerden."

Nach Daten der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen fahren etwa neun Prozent der Familien mit Schulkindern im Urlaub sehr häufig oder häufig Ski alpin oder Snowboard. Dem Deutschen Skiverband (DSV) zufolge gibt es momentan bundesweit sechs bis sieben Millionen Skifahrer, die mindestens eine Woche pro Jahr dem Wintersport widmen. Die Nachwuchsförderung in Schulfreizeiten und Familienurlauben sei immens wichtig, sagt Andreas König vom DSV.

Ausgerechnet Hamburg hat bereits 1964 als erstes westdeutsches Bundesland zum Skifahren geeignete Frühjahrsferien eingeführt. Die schulfreie Zeit Anfang März nennen die Hanseaten Skiferien. Immer wieder wird Kritik daran laut, dass von diesen Ferien nur die Besserverdienenden profitieren, während die daheimgebliebenen Kinder in der kühlen, nassen Jahreszeit noch nicht einmal vernünftig draußen spielen können. Ulf Sonntag von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen sagt: "Tatsächlich macht die große Mehrheit der Familien mit Schulkindern nur eine Urlaubsreise pro Jahr - und zwar im Sommer."/cst/DP/he