BERLIN (dpa-AFX) - Mit seinem Vorstoß für höhere Bahn-Fahrpreise hat Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann (CDU) viel Kritik geerntet. Reisende würden dadurch eher abgeschreckt, vom Auto oder Flugzeug auf die Bahn umzusteigen, argumentierten Verbraucherschützer. Zudem dürften nicht Politiker die Fahrkartenpreise der Deutschen Bahn bestimmen.

Das Bundesverkehrsministerium schloss sich dieser Ansicht an. Eine Sprecherin von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte am Montag in Berlin, die Festlegung von Ticketpreisen sei eine "unternehmerische Entscheidung" und obliege der Deutschen Bahn.

Am Mittwoch dürfte das Thema nochmals eine Rolle spielen: Dann trifft sich Scheuer zum dritten Mal in diesem Monat mit der Spitze des bundeseigenen Konzerns, um über die mangelhafte Pünktlichkeit und andere Qualitätsprobleme der Bahn zu diskutieren.

Ferlemann hatte als Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt: "Die Bahn könnte ihre Preise anheben oder die Sondertarife reduzieren. Die Personalkosten steigen, neue Züge werden gebraucht, das alles kostet Geld." Er wies darauf hin, dass auch die Fahrten mit Fernbussen teurer würden. "Die Zeiten des ruinösen Wettbewerbs sind vorbei", fügte Ferlemann hinzu. "Für 19 Euro quer durch Deutschland, das kann nicht der Normalfall sein."

FDP-Bahnexperte Torsten Herbst sah Ferlemanns Anregung als Beleg für das "völlig verirrte Politikverständnis des Bundesverkehrsministeriums". Es sei nicht die Aufgabe der Bundesregierung, sich in Detailentscheidungen des laufenden Bahngeschäfts einzumischen. Die Bahn habe sowieso ähnlich wie die Fluggesellschaften ein Managementsystem, das bei starker Nachfrage die Ticketpreise erhöhe.

Erst müssten Politik und Bahn mit Zuverlässigkeit und Qualität Bahnfahren attraktiver machen, "bevor das Wort Preiserhöhungen überhaupt in den Mund genommen werden kann", sagte die Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), Marion Jungbluth. "Mit günstigen Tickets können Nicht-Bahnfahrer motiviert werden, mal den Zug auszuprobieren."

Jungbluth erinnerte an das im Koalitionsvertrag vin Union und SPD festlegte Ziel, die Zahl der Fahrgäste bis 2030 zu verdoppeln. "Wer Verkehr verlagern will, kann nicht Preiserhöhungen im Straßenverkehr ausschließen und die Ticketpreise bei der Bahn verteuern wollen."

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hatte sich ähnlich geäußert. Die Bundesregierung müsse "deutlich mehr Geld in die Bahn investieren und gleichzeitig einen radikalen Neustart bei der Bahn voranbringen, damit das Geld sinnvoll genutzt wird und nicht versickert."

Bei der Bahn selbst hielt man sich am Montag bedeckt. Unter der Hand wird angemerkt, dass der Fernverkehr in den vergangenen Jahren einen erheblichen Beitrag zum Gewinn des Konzerns beigetragen habe, und die Fahrgastzahlen in ICE und IC von Rekord zu Rekord eilten. Der Gewinn der Sparte vor Zinsen und Steuern (Ebit) lag 2017 bei 381 Millionen Euro./brd/DP/zb