Kiew/London/Berlin (Reuters) - Der Krieg in der Ukraine lässt den Gasfluss in Richtung Europa und Deutschland stocken.

Man liefere zwar weiterhin Gas über die Ukraine in Richtung Westen, allerdings weniger als zuletzt, teilte der russische Gazprom-Konzern am Mittwoch mit. Der ukrainische Netzbetreiber GTSOU hatte zuvor angekündigt, er könne eine Verdichterstation wegen des Konflikts in der Region Luhansk nicht mehr betreiben. Daher werde der Gasfluss über diese Route eingestellt. Laut Bundesnetzagentur kommt so gut ein Viertel weniger Gas als am Dienstag in Süddeutschland an. Norwegen und die Niederlande glichen dies aber mit höheren Lieferungen aus. Nennenswerte Preissteigerungen seien an den Großhandelsmärkten aktuell nicht zu beobachten.

Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte, der Vorfall sei kein Grund, die aktuelle Gas-Frühwarn- auf die folgende Alarm-Stufe hochzusetzen. Der Ausfall sei kompensierbar. Dies sei theoretisch wohl auch über den Sommer hinweg möglich, so dass die Versorgung sicher sei. "Zumal ich hoffe und denke, dass die Gasmenge über die Ukraine irgendwann wieder auf das Niveau steigen wird, die zuvor über die Ukraine gekommen ist." Die ukrainische Seite habe versichert, sie suche andere Wege für die Durchleitung des Brennstoffes.

In der ostukrainischen Region Luhansk treffen verschiedene Pipelines zusammen, die in die Leitung Transgas münden. Diese wiederum kommt in Österreich und Süddeutschland an. Darüber hinaus gibt es mit Nord Stream 1 und der Jamal-Pipeline weitere große Verbindungen, die aus Russland Richtung Deutschland und Europa führen.

Der österreichische Regulator E-Control meldete, dass am Übernahmepunkt Baumgarten derzeit zwar ein leicht gesunkener Gasfluss verzeichnet werde. Für die Versorgung mit Gas habe dies aber im Moment keinerlei Auswirkungen, sagte eine Sprechern der Nachrichtenagentur Reuters. Der österreichische Energiekonzern OMV teilte mit, er erhalte seine Gaslieferungen gemäß seiner Bestellungen.

GAZPROM: UMLEITUNG TECHNISCH NICHT MÖGLICH

Laut dem ukrainischem Netzbetreiber GTSOU haben pro-russische Separatisten in Luhansk Transit-Gas in von ihnen kontrollierte Gebiete geleitet. Die Region um den Knotenpunkt ist bereits seit Wochen unter Kontrolle der Separatisten. GTSOU zufolge wäre es aber möglich, Transit-Gas auch weiter nördlich durch die Ukraine fließen zu lassen. Gazprom bestritt dies als technisch nicht möglich. Die Buchungen über die Knotenstelle in der Region Luhansk fielen nach Angaben des Netzbetreibers am Mittwoch auf Null. Gazprom erklärte, man liefere am Mittwoch 72 Millionen Kubikmeter Gas, nachdem es am Dienstag 95,8 Millionen Kubikmeter gewesen seien. Man selbst erfülle alle mit den Kunden eingegangenen Verpflichtungen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte: "Russland hat immer seine Verpflichtungen erfüllt und beabsichtigt dies auch weiter zu tun."

Europa und vor allem Deutschland ist weiter abhängig von russischem Gas. Etwa 35 Prozent des deutschen Bedarfs stammen noch von dort. Mit Blick auf den nächsten Winter werden derzeit die Speicher gefüllt. Gerade dafür sind regelmäßige Lieferungen nötig.

Selbst durch den verstärkten Import von Flüssiggas aus anderen Weltregionen wird man nach Einschätzung der Bundesregierung noch bis 2024 auf russische Lieferungen angewiesen sein.