Berlin (Reuters) - Der Machtkampf zwischen ProSiebenSat.1 und dem Großaktionär MFE-MediaForEurope steuert auf einen vorläufigen Höhepunkt auf der Hauptversammlung in vier Wochen zu.

Der bayerische Fernsehkonzern kritisierte am Mittwoch die Forderung der Italiener, das Dating- und E-Commerce-Geschäft abzuspalten. "Vorstand und Aufsichtsrat halten die von MFE geforderte Aufspaltung des Unternehmens für nicht sinnvoll", hieß es in einer Reaktion auf einen Gegenantrag der MFE-Holding zum ProSieben-Aktionärstreffen am 30. April. Als Folge der Aufspaltung würde sich der Verschuldungsgrad der Gesellschaft erheblich erhöhen "und damit strategische Akquisitionen ebenso unmöglich machen wie eine übliche Dividendenpolitik". Zudem zeichnete sich ein Streit über Aufsichtsrats-Kandidaten ab.

MFE, die von der Familie Berlusconi dominierte Holding und größter Aktionär von ProSiebenSat.1, will einen Beschluss erwirken, die Segmente Dating & Video und Commerce & Ventures mit einem eigenständigen Management an die Börse zu bringen. Das würde es für MFE attraktiver machen, ProSiebenSat.1 zu übernehmen. Die Italiener sind nur am Fernseh-Kerngeschäft interessiert und haben mehrfach gefordert, Beteiligungen wie das Dating-Portal Parship, den Online-Parfümhändler Flaconi oder das Vergleichsportal Verivox loszuschlagen.

ProSiebenSat.1 erklärte, eine Aufspaltung liege einzig im Interesse von MFE, nicht aber im Interesse der übrigen Aktionäre. Vorstand und Aufsichtsrat seien zur Einschätzung gekommen, den Anteilseignern eine solche Aufspaltung nicht zu empfehlen. "Stattdessen ziehen sie die klare Fokussierung auf den wertmaximierenden Verkauf der relevanten Beteiligungen vor, die - vorbehaltlich des Marktumfeldes - über die nächsten 12 bis 18 Monate erfolgen soll." Die Bayern befürchten, dass man dem MFE Vorschlag zufolge auch Firmen - wie SevenVentures oder marktguru - abspalten müsste, bei denen mit einem Wegfall erheblicher Werbesynergien in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe zu rechnen wäre. Dies wiederum würde Werte vernichten. Damit kommt die Konzernspitze zum Fazit, "dass die genannten Anträge nicht zur Wertsteigerung der Gesellschaft beitragen, sondern im Gegenteil das Risiko einer Wertminderung für die Gesellschaft beziehungsweise ihre Aktionäre beinhalten".

Von MFE war dazu zunächst keine Stellungnahme erhältlich. Die vom Sohn des ehemaligen italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi, Pier Silvio, geführte börsennotierte MFE hält knapp 30 Prozent der Anteile an ProSiebenSat.1. Bei üblicher Präsenz auf der Hauptversammlung hätte sie damit die Mehrheit. Für den beantragten "Beschluss über die Vorbereitung eines Abspaltungs- und Übernahmevertrags" sind aber 75 Prozent der anwesenden oder vertretenen Aktionäre nötig. Also müsste der zweite Großaktionär, die tschechische PPF Group, zustimmen. Der Investor hält mehr als 15 Prozent am deutschen Konzern, lehnte aber einen Kommentar zum MFE-Vorschlag ab.

Derweil schlagen MFE und PPF eigene Kandidaten für den ProSiebenSat.1-Aufsichtsrat vor. MFE kündigte an, der ehemalige Citi-Investmentbanker Leopoldo Attolico soll den frei werdenden Posten einnehmen, für den ProSiebenSat.1 selbst den Medienmanager Pim Schmitz nominiert hat. Zudem solle der Corporate-Governance-Experte und stellvertretende Aufsichtsratschef Rolf Nonnenmacher abgewählt und durch den ehemaligen EY-Wirtschaftsprüfer Simone Scettri ersetzt werden, fordert MFE. Laut ProSiebenSat.1 drohen Interessenkonflikte, da EY als Abschlussprüfer Regelverstöße bei der ProSiebenSat.1-Tochter Jochen Schweizer mydays nicht beanstandet habe. MFE stellt mit der Deutschland-Statthalterin Katharina Behrends bereits eine ProSiebenSat.1-Aufsichtsrätin, auch Thomas Ingelfinger wird den Italienern zugerechnet.

PPF schlägt den früheren RTL-Manager Christoph Mainusch vor. ProSiebenSat.1 appellierte an die Aktionäre, die vom TV-Konzern vorgeschlagenen Kandidaten zu wählen und erklärte zu den Vorschlägen von MFE und PPF: "Veränderungen in der Besetzung des Aufsichtsrats würde zu möglichen Interessenkonflikten und einer Überrepräsentation der großen Minderheitsaktionäre führen."

(Bericht von Klaus Lauer, Mitarbeit: Jan Lopatka und Rachel More, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)