Genf/Basel (awp/sda) - Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den Roche-Wirkstoff Tocilizumab als zweites Medikament überhaupt die Zulassung für die Behandlung gegen Corona erteilt. In Kombination mit Kortikosteroiden reduziert es die Sterblichkeit und das Risiko, an Beatmungsmaschinen angeschlossen zu werden.

Tocilizumab ist damit das zweite Medikament zur Behandlung von Covid-19, welches die WHO zulässt. Bis anhin empfahl die Organisation das Mittel Dexamethason zur Behandlung schwerer Krankheitsverläufe.

Laut einer am Dienstag veröffentlichten Studie aus Dutzenden von klinischen Studien mit fast 11'000 Patienten führt die Verabreichung von Tocilizumab oder vom Sanofi-Mittel Sarilumab zusammen mit Kortikosteroiden zu einer Verringerung der Todesfälle um fast 20 Prozent im Vergleich zu Patienten, die nur mit Kortikosteroiden behandelt werden.

Bei Menschen, die nicht beatmet werden, reduziert diese Therapie das Risiko, beatmet zu werden oder zu sterben, um 21 Prozent. Von den Patienten in den klinischen Studien starb ein Viertel der Patienten, die nur die Standardbehandlung erhielten, innerhalb eines Monats. Dieser Anteil war bei denjenigen, die Tocilizumab oder Sarilumab erhielten, um 10 Prozentpunkte niedriger, wie aus den WHO-Angaben hervorgeht.

Wenn Kortikosteroide hinzugefügt werden, wird zusätzlich 1 Prozent der Patienten gerettet. Diese Kombinationstherapie verringert auch die Notwendigkeit von lebenserhaltenden Massnahmen für schwererkrankte Menschen auf 26 Prozent aus im Vergleich zu 33 Prozent bei Patienten, die nur die Standardbehandlung erhielten.

MSF fordert Preissenkungen

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) appellierte am Dienstagabend an Roche, das Herstellerwissen für das Mittel möglichst rasch Produzenten in ärmeren Ländern zur Verfügung zu stellen oder verbilligte Lizenzen zu vergeben. Tocilizumab existiert bereits seit 2009 und kommt gegen verschiedene Krankheiten zum Einsatz.

Das Mittel ist recht teuer. In den USA kostet eine Dosis von 600 Milligramm über 3300 Franken. Die US-Arzneimittelbehörde liess vor zwei Wochen die Anwendungsausweitung auf Covid-19-Fälle zu.

In der Produktion kommen 400 mg auf 37 Franken zu stehen. MSF fordert Roche auf, das Medikament viel billiger abzugeben. Seit 2017 ist dessen Patentschutz erloschen, aber Schutzbestimmungen hindern ärmere Länder daran, Nachahmerprodukte herzustellen, schreibt MSF.

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