Zürich (awp/sda) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sollte dafür sorgen, dass sie ihre auf 125% des BIP gewachsene Bilanz schrittweise verkleinern kann. Dies fordert der Geldpolitikexperte und frühere Wirtschaftsprofessor Ernst Baltensperger.

Die Nationalbank hätte mehr Manöverraum im Fall einer Krise, sagte der Ökonom in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview mit der "Handelszeitung". Zudem könnte die SNB die potenzielle Unannehmlichkeit vermeiden, dereinst hohe Zinsen zahlen zu müssen, damit die vielen Franken nicht in Umlauf gelangen.

"Notenbanken wie die SNB, die Federal Reserve und Europäische Zentralbank haben sich seit der Finanzkrise vor zehn Jahren auf das grösste Experiment in der Geschichte eingelassen, indem sie die Zinsen tief gehalten und grosse Mengen von Geld ins System gepumpt haben. Dieses Experiment ist noch nicht beendet" warnt Baltensperger. "Wir haben erst die Hälfte erlebt. Jetzt folgt der zweite, unangenehmere Teil des Experiments: der Ausstieg."

Dieser könnte laut dem langjährigen Professor an der Universität Bern schwieriger ausfallen, als viele sich das vorstellen. Konkret warnt er vor einer anziehenden Inflation. In Amerika sei die expansive Geldpolitik zu lange fortgesetzt worden.

"Die USA sind angesichts ihrer hohen Staatsverschuldung abhängig von tiefen Zinsen", sagte Baltensperger weiter. Es sei unklar, ob die Fed die riesige Liquidität, die sie geschaffen habe, rechtzeitig abbauen könne. Überhitzung und Inflation wären dann die Folge.

Baltensperger war von 1984 bis 2007 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bern. Insbesondere in den 1970er- und 1990er-Jahren war er wiederholt Berater der SNB. Nach seiner Emeritierung leitete er von 2007 bis 2009 das Studienzentrum Gerzensee der SNB.